Die Wahrheit: Ich habe nie von Päpsten geträumt …
… von Chefredakteurinnen und Trägern entlegener Fußballtrikots hingegen schon. Aber bei Päpsten, da ist wirklich Schluss.
I ch habe nie von Päpsten geträumt, aber von Chefärzten und Chefredakteurinnen. Von einer ehemaligen Chefredakteurin, die hochschwanger und also mit diesem nach außen gestülpten Bauchnabel in einem gläsernen Fahrstuhl ins Irgendwo feststeckte und permanent (Betonung hier wie von Olli Kahn) hoch und wieder herunterfuhr. Und von einem Kollegen, der mit seiner eigenen Mutter im Bett lag. Sollte wohl bedeuten, dass die Schuldige immer die Mutter ist. Mutti ist schuld, das erklärt so manche Anamnese.
Der Kollege in dem Bett war dafür bekannt, Trikots entlegener Fußballmannschaften zu sammeln. In diesem Krankenbett, das er wie gesagt mit seiner Mutti teilte, die natürlich auch daran schuld war, trug er ein Trikot von Wismut Aue, weil die soeben den ruhmreichen FC Bayern geschlagen hatten, deren Fan der Kollege doch eigentlich war. Das Trikot von Wismut Aue war lila und machte keine Werbung, oder die Werbung war bereits von der Fotoredaktion verpixelt worden, sicher bin ich mir da nicht, in diesem Traum war so manches verschwommen.
Ein schönes lila Trikot war das; die meisten Mannschaften, die lila als Vereinsfarben haben, trauen sich ja gar nicht mehr, auch wirklich echtes Lila zu tragen. Das Lila von Teams wie dem VfL Osnabrück oder TeBe Berlin ist meistens eher so ein dunkel geratenes, wie von Mutti mit zu viel Colorwaschmittel produziertes Blau. Aber des Kollegen Trikot war lila, und in diesem Trikot lag er mit seiner Mutter (die ich de facto noch nie gesehen hatte) auf derselben Station wie die im Aufzug rotierende Chefredakteurin und wohl auch ich. Er aber hatte ein Krankenbett, das er wie gesagt mit seiner Mutter teilte, ich hingegen schlurfte heimatlos durch die Gänge.
Das Trikot des Kollegen wies zwar keine Trikotwerbung auf, aber doch einen Aufdruck, eine Beflockung. Das Trikot war lila, aber der Verein, fiel mir später zu Hause nach dem Aufwachen ein, hatte sich längst umbenannt, und zwar in Erzgebirge Aue. Region plus Teil der Region, ein gängiges Schema bei der Benennung von Fußballklubs. Beispiele wären Hessen Kassel, Sachsen Leipzig, Holstein Kiel und, ja, genau: Bayern München. (Was es nicht gibt: Nordrhein-Westfalen Unna oder Baden Baden-Baden. Aber Westfalia Herne gibt es. Und Borussia Dortmund.)
Da stand aber nicht Erzgebirge Aue. Und Erzgebirge Aue spielte auch überhaupt nicht gegen den FC Bayern. Ganz andere Liga! Was also sollte dieser Traum bedeuten?
Da stand Wismut Aue auf dem Trikot. Ein mit der DDR untergegangener Verein. Oder stand da sogar Missmut auf dem Trikot? Oder gar Wehmut? Und nicht Aue, sondern Aua? Wie witzig durfte so ein Unbewusstes überhaupt sein?
Und hing da nicht ein Bild vom Papst, hinter dem Krankenbett des Kollegen an dieser mintgrünen Krankenzimmerwand, ein Bild nicht vom jetzigen Papst, sondern von einem seiner Vorläufer? Nämlich von Pius XII. (1939–1958)? Nein. Denn: Ich habe noch nie von Päpsten geträumt. Auch diesmal nicht.
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