Die Wahrheit: Markenkern aus Krabauz
Als verschwundener Politiker tingelt der Ex-Grüne und jetzt nach rechts gedriftete Oswald Metzger noch immer durch deutsche Lande.
I rgendwann wird er sich selbst eingeatmet haben, der Oswald Metzger. Und am Ende blieb nichts mehr als ein schwarzes Loch. Da wollte er ja immer hin, und schön wäre es ja auch gewesen, wenn sich alles, alles weiter um ihn herumgedreht hätte.
Das letzte Mal habe ich Oswald Metzger in der Oberschwabenhalle gesehen; da versuchte er, Oberbürgermeister von Ravensburg zu werden. Er stand auf der Bühne und prahlte mit seinen Kontakten in Berlin, einmal, zweimal, dreimal, und jedes Mal wurden die Gesichter der eh schon grimmig dreinschauend geborenen Oberschwaben noch ein Stück grimmiger. Berlin, wenn man das schon hört. Was will man denn mit Berlin, am Fuße der Alpen. Das ist doch da, wo die Asozialen die Steuergelder durchbringen.
Es ging nicht gut aus, wie die Male zuvor schon. 2007 ist Oswald Metzger bei den Grünen ausgetreten, nachdem er Sozialhilfeempfänger als fette Alkoholiker beschimpfte. Ein Jahr später trat er der CDU bei, weil die ihm halt wirtschaftspolitisch näherliege. Und für die wäre er auch gern in den Bundestag gezogen, aber ach, aber ach: Im Landkreis Biberach verliert er die Kampfabstimmung gegen einen Landwirt, im Bodenseekreis gegen Lothar Riebsamen, den Bürgermeister der Metropole Herdwangen-Schönach.
2013 wird er es noch mal versuchen, wieder nichts. Nicht mal Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung durfte er werden. Da stand er nun und hatte viel Zeit, Alkohol und Kohlenhydrate in sich hineinzustopfen; abends dann zum Ausschuss, unentgeltlich. Traurig hängt die Unterlippe im Wind.
Man hat es nicht leicht als sogenannter liberaler Wirtschaftsexperte mit grünen Wurzeln. Die Kollegen von FDP und CDU kommen bequem bei irgendwelchen Lobbyistenverbänden unter, und man selbst muss kucken, wo man bleibt. Da kann man dann höchstens noch ehrenamtliches Mitglied der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft werden.
Wo andere ein Herz haben, haben Wirtschaftsexperten einen Markenkern, und der von Oswald Metzger ist Krawall und Krabauz. Er sei, war oft von ihm zu lesen, einer mit Ecken und Kanten, ein Rebell, ein Unbequemer. Er war für die Einführung von Studiengebühren, für die Streichung staatlicher Zuwendungen und für mehr Eigenverantwortung etc., das ganze Programm. Stimmt schon, das sind unbequeme Positionen: Bloß halt nicht für ihn.
Seit 2016 hat Oswald Metzger einen neuen Job, er verantwortet nun den Rechtsdrift des Debattenmagazins The European. Auf dem Onlineableger schreibt Vera Lengsfeld von der Gefahr Angela Merkel, Jürgen Fritz befürchtet die Umvolkung der Deutschen und Rainer Zitelmann fragt sich, ob Hitler tatsächlich rechts war (Antwort: nein, hat er 1944 nämlich gesagt, dass er es nicht ist, und was Hitler sagt, das stimmt schließlich).
Das große schwarze Loch, das Oswald Metzger geworden ist, kann man in seinem Kopf spüren, wenn man sich da durchklickt. „Moral kann man nicht verordnen“, hat er mal gesagt. Er muss es ja wissen.
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