Die Wahrheit: Die Pandas kommen
Endlich eine ganz große Bärenmeldung: An diesem Wochenende bekommt der Berliner Zoo aus China die faulsten Viecher der Welt.
Es liegt erwartungsvolle Ruhe über dem Berliner Zoo, als wir mit Direktor Andreas Knieriem das Gelände inspizieren, kurz bevor die neuen Berliner Pandas einziehen sollen. Noch ist der 5.500 Quadratmeter große Panda Garden sorgfältig abgeschirmt, in dem die beiden Schnuckelbärchen Ping Pong und Honk Kong Pfui demnächst den lieben langen Tag alles machen können, was ihr Herz begehrt: also gar nichts.
Denn die tierischen Phlegmatiker sind berühmt dafür, faul herumzuliegen und sich in ihren wenigen lichten Momenten ausschließlich dem Fressen zu widmen. Ein Lebensstil, den die Berliner mit all den Front- und Hauptstadtsubventionierungen selbst mit der Flaschenmilch aufgesogen haben, weshalb es kaum verwundert, dass die Stadt von den chinesischen Pandawächtern als würdig erachtet wurde, zukünftig für ihre Tranbärchen zu sorgen.
Niedliche Fellsäckchen
Das ist keineswegs selbstverständlich, denn die ganze Welt ist dem Charme des pelzgewordenen Kindchenschemas erlegen. Eine ganze Industrie hängt an den niedlichen Fellsäckchen, wahrscheinlich sind Pandas eigens von den Chinesen erfunden worden, um die amerikanische Wirtschaft zu schwächen. Jedes einzelne Bärchen wird von Reproduktionsmedizinern von Hand zusammengeschraubt. Und da man sich in China mit Raubkopien auskennt, haben die Bioingenieure gleich einen unknackbaren Kopierschutz eingebaut. Die Panda-Bärin ist nur an drei Tagen im Jahr willig, einen Partner überhaupt anzublinzeln, eine erfolgreiche Eigenvermehrung ist also praktisch ausgeschlossen. Entsprechend rar ist der Nachwuchs, und Anfragen von Zoos aus aller Welt bleiben erfolglos. Aber Berlin wurde auserwählt!
Und hätte es am Ende doch noch fast vermasselt, als es bei der Bauausfertigung schlampte. Zwar hat das Luxusschlafzimmer zehn Millionen Euro gekostet, aber plötzlich gab es Probleme mit den Brandschutzbestimmungen … nein, diesmal war es die Deckenhöhe. Sie entsprach nicht den Vorschriften des chinesischen Forstministeriums, und das gilt als noch unnachgiebiger als das Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald. Aber vor allem: Der Pandapark war direkt neben das Raubtierhaus gebaut worden. Die Pandapsychologen fürchteten, das Gebrüll der ungehobelten Tiere könne die empfindsamen Viecher erschrecken.
Man muss wissen, dass Pandas extrem sensible Tiere sind. So sensibel, dass für die Frachtmaschine, die die beiden an diesem Samstag nach Berlin bringt, der Flugplan geändert wurde, damit die Bären nicht zu lange in der Transportbox schlafen müssen. Übrigens geht die Maschine auch eigens in flacherem Winkel als üblich in den Steig- und Landeflug, damit keines der Bärchen verrutscht und dann schief träumt.
Nun droht also mürrisches Gebrüll von Raubtieren, die gegenüber in ihren verrosteten Käfigen wohnen. Es ist halt wie in der Stadt drumherum: Während für reiche Neubürger Luxuspaläste errichtet werden, in denen sie den ganzen Tag vor sich hin dösen, müssen alteingesessene Panter und Löwen, quasi die alten weißen Männer der Zootierwelt, in baufälligen Anlagen ausharren. Und reagieren mit lautem Protestgebrüll gegen diese Ausländer, die da kommen und ihnen alles wegnehmen.
Die Berliner Zoobesucher eilen zum Gehege und zischen den Raubkatzen zu: „Pssst! Ruhe! Ihr dürft die Bärchen nicht stören, die nächste Woche kommen! Die sind viel niedlicher und wertvoller als ihr! Also haltet den Rand! Euch will hier keiner mehr hören!“
Tagespolitische Niederungen
Am morgigen Samstag ist es endlich so weit: Die Berliner Pandas kommen an. Eigens für sie ist schon mal der BER eröffnet worden; einige Berliner mutmaßen, der Flughafen sei in Wirklichkeit nur zu diesem Zweck errichtet worden und werde, da er seine Aufgabe bald endlich erfüllt haben wird, eingestampft und durch einen richtigen Flughafen ersetzt. Aber das sind tagespolitische Niederungen, mit denen der Regierende Bürgermeister Michael Müller zum Glück nichts zu tun hat.
Er darf dafür die chinesischen Staatsgäste gleich dort in Schönefeld in Empfang nehmen, beglückt darüber, mit den Pandas endlich Gegenstücke gefunden zu haben, die genauso langweilig sind wie er selbst. Die Berliner jedenfalls werden sie lieben, so wie sie all ihre kuscheligen Vorgänger zuvor auch geliebt haben, ob sie Bao Bao oder Yan Yan hießen, Klaus Wowereit oder Eberhard Diepgen, Harald Juhnke oder Adolf Hitler. Die Berliner haben einfach ein großes Herz für putzige Loser-Typen.
Der Berliner Tagesspiegel schreibt anlässlich der Ankunft der Bären: „Was genau Meng Meng und Jiao Qing als Leihgabe für 15 Jahre qualifizierte, wird erst nach Ankunft der Pandas bekanntgegeben.“ Andreas Knieriem lächelt wie eine chinesische Winkekatze, dann verrät er uns den Grund: Es waren einfach die mit Abstand übellaunigsten und schlecht riechendsten Pandas, die jemals herangezogen worden sind. Da war den Chinesen gleich klar: Die gehen nach Berlin!
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