Die Wahrheit: Wo sind all die Nazis hin?
Anders als die bekannten Klemmnazis von der AfD reden offen Rechtsradikale wie Horst Mahler wenigstens nicht um den rassistischen Brei herum.
M an ist ja inzwischen fast froh um jeden bekennenden Rassisten, der sich hinstellt und offen erklärt, dass die „weiße Rasse“ besser sei als alle anderen, dass die Ethnien sich nicht vermischen und dass in Deutschland nur der „nordische“ Menschentyp leben sollte. So klar formulierte es zum Beispiel der vor einigen Jahren verstorbene Nazi-Anwalt und Botschafter des Klobrillenbarts Jürgen Rieger, als ihn die afrodeutsche Journalistin Mo Asumang für ihren Film „Roots Germania“ befragte.
Ähnlich deutlich äußerte sich der erst links- und dann rechtsradikale Horst Mahler in einem Interview mit Michel Friedman. Zunächst begrüßte er seinen Gesprächspartner mit „Heil Hitler, Herr Friedman“, um dann im Folgenden den Holocaust ausschweifend zu leugnen. Ebenfalls rührend in seiner Unverstelltheit: der tumbe NPD-Funktionär Udo Pastörs, der sich auch von laufenden Kameras nicht davon abhalten ließ, von der „Judenrepublik“ und den alles beherrschenden „Krummnasen“ zu sprechen.
Über soviel arische Ehrlichkeit freut man sich nicht nur, weil sich die Rassenschwadroneure für die Äußerungen in der Regel eine Klage einfangen und dann im besten Falle – wie Mahler – in den Knast gehen. Vor allem freut man sich, weil hier niemand versucht, etwas zu vertuschen. Diese Leute eiern nicht herum. Sie machen keine Spielchen. Im Gegenteil: Sie wollen Klartext reden. Das macht die Reaktion einfacher.
AfD-Funktionäre hingegen sitzen in Talkshows und versuchen einerseits Flüchtlinge, Migranten und Muslime möglichst effektiv herabzuwürdigen, anderseits betonen sie ständig, dass es nicht um Rasse oder Herkunft gehe, sondern um fremde Kultur, Religion und den Integrationswillen. Oder um Sachfragen wie Aufnahmekapazitäten und Unterbringungsmöglichkeiten.
Das ist der Grund, warum es so sinnlos und kontraproduktiv ist, mit diesen Leute zu diskutieren. Egal ob in Fernsehstudios oder auf Podien: Weil sie dort nicht sagen, was sie wirklich denken. Hört man ihnen jedoch zu, wenn sie mehr oder weniger unter sich sind, wenn sie sich bei Veranstaltungen gegenseitig Mut zusprechen oder das Wahlvolk aufpeitschen wollen, erfährt man mehr.
Dann bekennt sich Björn Höcke offen zu Pegida, und Hans-Thomas Tillschneider lobt die „Identitäre Bewegung“, die hippen It-Boys der rechtsradikalen Szene. Richtig interessant wird es, wenn man ihr Publikum zu Wort kommen lässt, die Menschen, die sich von diesem reaktionären Rhetorikschmodder und den eingestreuten völkischen Trigger-Vokabeln angesprochen fühlen. Einerseits plappern sie hemmungslos rassistisch drauflos, wollen in der Regel aber gleichfalls ums Verrecken keine Rassisten sein. Gemäß dem neuen Sachsen-Mantra: Bloß weil ich was gegen Kanaken hab und Merkel aufhängen will, bin ich noch lange kein Nazi!
Aber auch hier gilt das „Prinzip der Parsimonie“: Hat etwas vier Beine und wiehert, ist es wahrscheinlich ein Pferd und kein Zebra.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!