Die Wahrheit: Meine kleine Pyramide
Für den Fall des Ablebens vorzuplanen, ist nicht falsch. Vor allem muss all das im Leben angesammelte Zeug eine letzte Ruhestätte finden.
T raurige Umstände in meinem persönlichen Umfeld sowie die steigende Furcht vor gewissen, nun ja, Messietendenzen in meinem noch persönlicheren Umfeld haben mich dazu gebracht, meine Beerdigungspläne neu zu evaluieren. Wie bereits an dieser Stelle angemerkt, hatte ich ja eigentlich vor, sämtliche noch brauchbaren Körperinnen- und -außenteile zu spenden und den Rest in einer sich selbst kompostierenden Maismehltüte aus dem Öko-Supermarkt in der Biomüll-Hinterhof-Tonne zu verklappen.
Aber was ist mit dem ganzen Zeug? Das muss ja auch irgendwohin, und da ich 123 Jahre alt werde und bis dahin nicht aufhöre, Dinge aus Papier, Plastik und Stoff nachhaltig zu recyceln (manche nennen es sammeln), braucht es eine Lösung. Die mir neulich bei der Ansicht einer „Galileo“-Folge ins Auge sprang: Hiermit gebe ich bekannt, dass ich als letzte Ruhestätte eine Pyramide wähle.
Es muss ja nicht die größte sein, eine wie für Mykerinos reicht vollkommen. Die Maismehltüte reduziert das Sarkophagvolumen schließlich auf das einer Wesco-Brotbox, aber statt Getreidegaben, Tonkrügen und Uschebtis (Dienerfiguren), möchte ich bitte nur meine ganzen Sachen, die sonst keiner mehr will: Platten, Bücher, CDs, DVDs, Klamotten, Schuhe. (Vielleicht muss ich doch noch auf die größere Pyramide von Chephren umschwenken.)
Gern hätte ich auch ein paar schräg zulaufende Gänge im Gestein, in die nur ein ferngesteuerter Roboter hineinpasst, und an deren Ende eine mysteriöse Tür wartet, die 3.000 Jahre später aufgesprengt wird, um dahinter … meine Sammlung von Atomium-Klickfernsehern zu finden.
Ich habe die Pyramidenidee bereits im Kreise meines privaten Messieclubs publik gemacht und bin auf offene Ohren gestoßen. Dabei sind wir auch schon einer Lösung für das klitzekleine Platzproblemchen auf der Spur, das „Jennis innerstädtischer Pyramidenfriedhof“ (Arbeitstitel) mit sich bringt. Schließlich werden sich ja nicht alle mit Chephren oder Mykerinos zufriedenstellen lassen, und die Grundstückspreise steigen.
Allerdings geht der momentane Trend klar zur platzsparenden Urne, so dass zukünftig auch wieder Friedhofsflächen frei werden könnten, auf die dann beispielsweise schon fast eine unserer Pyramiden passt. Und in dem Zusammenhang möchte ich noch mal auf die vielen schlechten Ideen hinweisen, die mir damals zur Nutzung des ehemaligen Tempelhofer Flughafens zu Gehör kamen (einzige Ausnahme: Weideland für lockige Mozarella-Büffelherden, extrem unterstützenswert). Falls der Inline- und Skateboard-Unsinn endlich mal aufhört, könnte man sich an diesem Ort nämlich auch hervorragend das „Tempelhofa Mumiensofa“ (Berliner Mundart) vorstellen.
A propos: Das letzte Wort über die Entsorgung meiner fleischlichen Reste ist noch nicht gesprochen. Bei dem geringsten Hinweis auf Grabräuberei wähle ich die etwas teurere Variante mit den Harzen, den Binden und dem Einbalsamieren, komme vielleicht zurück und spuke.
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