Die Wahrheit: Verfahren im Olympiapark
Schwabinger Krawall: Wegen der Dröhnspektakel irgendwelcher Reklameheinis kann Herr Hammler seinen Garten nicht mehr anradeln …
D ass es das Oberwiesenfeld seiner Kindheit, durch das er mit dem Fahrrad in den Garten seiner Großtante karrioliert ist, nicht mehr gibt, hat Herr Hammler verwunden. Schließlich ist er ein moderner Mensch und findet das Olympiazentrum, wenn er zwei, drei Maß Bier getrunken und Erfreuliches erlebt hat, sogar richtig schön. Auch dass diese Anlage immer häufiger von Reklameheinis dazu missbraucht wird, mit ihren Dröhnspektakeln arglosen Kindern und verblödeten Erwachsenen Geld aus der Tasche zu leiern, regt ihn nicht sonderlich auf. Eines aber schlägt ihm aufs Gemüt: wenn man ihn daran hindert, in den ererbten Garten zu radeln, was in letzter Zeit einige Male vorgekommen ist.
Zunächst war an einem sonnigen Tag das gesamte Gelände gesperrt worden, weil, wie ein Polizist erklärte, im Stadion eine Rockveranstaltung durchgeführt werde. Herr Hammler streitet nicht gern mit Polizisten und nahm den Umweg über den Mittleren Ring auf sich. Bald darauf ließ ein amerikanischer Süßgetränkehersteller im strömenden Regen vereinzelte Kinder beschallen und ihm die Durchfahrt verbieten. Es folgte ein „Sommerfest“, das aus einer ähnlichen Beschallung bestand.
Diesmal erteilten ihm den Verweis fünf kanariengelb gekleidete Wachschergen, die erklärten, er solle sich zur Klärung offener Fragen ans Kreisverwaltungsreferat wenden. Von dort hat Herr Hammler mitgeteilt bekommen, der Olympiapark werde „hin und wieder“ für private Zwecke vermietet, was auch ihm zugute komme, weil die Einnahmen dazu dienten, unter anderem den Betrieb der städtischen Altenheime zu sichern. Da ist Herrn Hammler der Kragen geplatzt.
Als er bald danach wieder einem solchen Kanarienvogel gegenübersteht und erfährt, er dürfe den Park nicht mit dem Rad durchqueren, weil es dort zu einem „Mäsch“ komme, hat er (weil er aufgrund der drei verzehrten Maß Bier in der Überzahl war) dem Vogel einen Vogel gezeigt und ist weitergefahren.
Dass es im Olympiapark eine Sanddüne, derartige Steigungen und halsbrecherische Kurven gibt, ist Herrn Hammler zuvor nie aufgefallen. Indes bewältigt er sie, angespornt vom wilden Geschrei der Leute außenrum, bei denen es sich offenbar um 500 Kollegen des Kanarienvogels handelte. Im Stehen strampelnd gelingt es ihm, den Verfolgern auf ihren Rädern zu entkommen. Bis er endlich doch aufgehalten wird, weil der Weg an einer Stelle endet, an der er nie zuvor geendet hat.
Umbrandet vom Jubel einer Menschenmasse steigt er ab, schüttelt wildfremde Hände, will von weiteren Belehrungen nichts wissen und findet endlich den gewohnten Weg, auf dem er mit schweren Reifen, aber unbeanstandet nach Hause gelangt.
Am nächsten Tag erwacht Herr Hammler mit heftigem Muskelkater und einem Karussell im Kopf, und als seine Frau fragt, wo der Silberpokal mit der Aufschrift „Munich Mash“ auf dem Küchentisch her sei, sagt er, das sei ihm vollkommen wurst und sie solle seinetwegen eine Salatschüssel draus machen.
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