Die Wahrheit: Stoppt die Schwemme!
Celebrities not welcome: Es braucht dringend eine Obergrenze für Prominente in den Flüchtlingslagern rund um den Erdglobus.
Es sind Bilder, die man so schnell nicht aus dem Kopf bekommt, Bilder, die nicht mal den abgebrühtesten Zyniker kaltlassen würden. Prominente beugen sich über alte gebrechliche Männer und junge zerbrechliche Frauen. Tatsächlich sieht man sofort hin, wenn Angelina Jolie im syrischen Flüchtlingscamp herumwandert oder George Clooney in Berliner Altbauwohnungen mit Refugees redet. Und die uns sagen sollen, wer mitleiden will, muss schön sein.
Doch leider tummeln sich neben all den fotogenen und repräsentablen VIPs immer mehr Underdogs zwischen den Refugees – die zweite Garde des Zeitgeschehens – und da möchte man schon nicht mehr so gern hingucken. Wenn Norbert Blüm in Idomeni ein Zelt bezieht oder der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil ein Flüchtlingscamp in Fallingbostel besuchte oder sich die Europaministerin Beate Merk an der syrisch-türkischen Grenze blicken ließ, öffnen sich die Schleusen nach unten zu einer Flut der C-Promis. Diese Leute sind keine „edlen Promis“, wie sie von den Medien seit Jahren gezeichnet werden. Die bittere Wahrheit lautet: Auf jeden Ai Weiwei (Griechenland, März 2016) kommen zwei Ralf Jägers (Dortmund, Juni 2015). Wobei der füllige chinesische Kunsthochschüler den nordrhein-westfälischen Innenminister vermutlich sogar viermal aufwiegt.
Fakt ist: Die Flüchtlingslager können nicht die ganze Prominentenwelt aufnehmen! Wer offene Promigrenzen fordert, sollte vielleicht mal für einen Moment die rosarote Brille von der Nase nehmen und erkennen, dass nicht alles, was die Geflohenen heimsucht, wirklich die Definition von „Promi“ erfüllt. Ab wann genau hat man einen Prominentenstatus? Diese Frage muss erlaubt sein! David Beckham in Dschibuti – das ist gerechtfertigt, das stellt niemand infrage, darüber brauchen wir doch nicht zu diskutieren! Aber dann lesen wir Mitte Februar, dass ein „Markus Rinderspacher (MdL)“ eine „Flüchtlingsunterkunft in Gaimersheim“ besucht hat, selbstverständlich mit Smartphone und mehrköpfigem Tross! Ja, ist das notwendig?
Auch das heikle Thema Kriminalität wird nur allzu gern unter den Teppich gekehrt. Da holt man sich in eine Flüchtlingsunterkunft den bekennenden Bigamisten Joachim Gauck. Und hat Boris Pistorius (SPD), der kürzlich eine Flüchtlingskaserne in Schwanewede besuchte, nicht sogar einen Mordprozess in Südafrika am Hals?
Fragwürdige Weltanschauungen
Hinzu kommen die zum Teil äußerst fragwürdigen Weltanschauungen, die viele dieser sogenannten Prominenten den Geflüchteten überstülpen. Rund fünfzig weltberühmte Männer und Frauen gehören zum Beispiel Scientology an. Will man die auf bedauernswerte Flüchtlinge loslassen? Oder warum werden immer wieder katholische Würdenträger in Flüchtlingslagern gesehen? Das sind hochrangige Würdenträger einer Religion, die sich selbst als „weltoffen“ und „friedliebend“ preist, aber hierarchisch geführt wird und sich sogar ein eigenes Land mitten in Europa geschaffen hat, den „Christlichen Staat“ (CS) namens Vatikan. Der Untergang des Flüchtlingslandes ist nicht nur ein abstrakter Albtraum.
Wer stemmt außerdem die finanziellen Bürden, die mit der Promischwemme verbunden sind: Flugtickets, Logis, Verpflegung, Visa? Letztlich der kleine Mann und die kleine Frau, wir blutenden Steuerzahler, denn im Gegensatz zu den fliehenden Kriegsopfern schiebt man Celebrities fette Gagen vorne und hinten rein!
Nichtnutzige Europäer
Überhaupt sollte man in erster Linie an die armen Refugees denken: Die sind oftmals unheilbar traumatisiert, da muss man denen nicht auch noch Gestalten wie Claudia Roth und Volker Bouffier zumuten. Solche Gestalten verstärken nur die Vorurteile über hellhäutige Tunichtgute, diese nichtnutzigen Europäer! Rasch werden auch die ehrenhaften Besucher in eine entsprechende Schublade gesteckt.
Kurzum: Wir brauchen eine Obergrenze. Bevor es zu spät ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku