Die Wahrheit: Krumme Hörnchen auf der Geraden
Nicht nur will die britische Regierung auf ganzer Linie siegen, auch die Bevölkerung will endlich Ordnung schaffen im Land.
N achdem der britische Premierminister David Cameron die Europäische Union am Freitagabend heroisch in die Schranken gewiesen und einen historischen Sieg für sein Land errungen hat, müpft nun auch das einfache Volk gegen ausländische Einflüsse auf. 75 Prozent der Kunden haben von der britischen Supermarktkette Tesco verlangt, dass sie krumme Croissants aus dem Sortiment nimmt. Englische Hörnchen seien gerade. Tesco willigte ein, die Hörnchen werden umgehend begradigt.
Harry Jones, der im Konzern für den Hörncheneinkauf zuständig ist, sagte, es gehe um die Streichfähigkeit: „Die Mehrheit unserer Kunden findet es einfacher, Marmelade mit einer einzigen schwungvollen Bewegung auf ein gerades Croissant zu streichen.“ Bei krummen Hörnchen benötigen die meisten Menschen drei Anläufe, um die Marmelade perfekt aufzutragen, was das Unfallrisiko in Sachen klebrige Finger und versaute Tischdecken beträchtlich erhöhe, fügte er hinzu.
Was macht es da schon aus, dass der französische Begriff „Croissant“ nun mal (Mond-)Sichel bedeutet. Um deren allgemeine Begradigung wird sich Cameron auf dem nächsten EU-Gipfel kümmern müssen, damit die Briten bei der Stange und den Stangenhörnchen bleiben.
Tesco hat rund 3.500 Filialen in Großbritannien und genauso viele im Ausland. Die gesamte Verkaufsfläche ist fünfmal so groß wie Monaco, und überall werden nur noch streichfreundliche Croissants angeboten. Man soll sie aber gar nicht bestreichen, sondern wie die Franzosen essen, indem man sie in einen Klacks Marmelade tunkt, erklärte eine Hörnchen-Expertin der Konkurrenzkette Waitrose, die beide Croissant-Formen anbietet.
Auch bei anderen Tesco-Backwaren gibt es Veränderungen, zum Beispiel beim typisch englischen Brioche. Das stammt aus der Normandie, und die war im 14. und 15. Jahrhundert von englischen Truppen besetzt. Die Tesco-Brioches sollen demnächst mehr Schokoladenstückchen enthalten – vermutlich aber keine französische Ware, sondern das Cadbury-Ersatzprodukt, das Rapsöl statt Kakaobutter enthält. Die britische Regierung musste von der EU eine Sondergenehmigung erbetteln, damit Cadbury überhaupt Schokolade heißen darf.
Aber jetzt sollen andere betteln. Cameron schien von seinem Sieg über die EU am Wochenende noch berauscht und kündigte an, den Commonwealth of Nations zu einer solch einflussreichen Organisation zu machen, dass die anderen EU-Länder darum betteln werden, aufgenommen zu werden. Bislang leben fast 30 Prozent der Weltbevölkerung, rund zwei Milliarden Menschen, in Commonwealth-Ländern.
Davon ist Indien nicht nur das bevölkerungsreichste Land, sondern mit rund 17 Millionen Tonnen im Jahr auch der größte Bananenproduzent der Welt. Cameron hat den indischen Commonwealth-Generalsekretär Sharma für Mitte der Woche zu sich bestellt. Er will ihn anweisen, künftig nur noch gerade Bananen in Indien zu produzieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos