Die Wahrheit: Lautlose Killer
Die große Wurstkrise: Menschliche Ernährung ist grundsätzlich problematisch, wie ein paar Beispiele für hochgefährliche Kost zeigen.
Der zärtliche Happs in die geräucherte Scheibe Salami, das lustvolle Knabbern gepökelter Rinderzunge, das unbekümmerte Umherstreifen an der wohlgefüllten Fleischtheke – all das ist dahin. Zerstört von den Experten der Weltgesundheitsorganisation, den miesepetrigen Spaßverderbern der WHO, die tagtäglich auf faserigen Porreestangen herumkauen. Einst vereinte die Wurst Menschen rund um den Globus. Heute stufen Gesundheitsapostel sie als krebserregend ein, und Wurstfans weltweit weinen fettige Tränen.
Doch das Dilemma ist weit größer: Immer neuere Studien offenbaren, wie problematisch unsere Ernährung grundsätzlich ist. Selbst völlig harmlos erscheinende Lebensmittel entpuppen sich als lautlose Killer. Was gestern noch als Health Food gefeiert wurde, steht heute schon unter dem Verdacht Death Food zu sein. Hier einige Beispiele:
Milch macht melodramatisch. Führende Topexperten haben in großangelegten Selbstversuchen (fünf Liter Milch am Tag) herausgefunden: Milch fördert die Larmoyanz. Der sogenannte Milchjammer beginnt in der Regel am frühen Nachmittag und zieht sich bis in die späten Abendstunden. Die äußere Symptomatik umfasst Milchbart und Milchgesicht. Thematisch kreisen die Jammereien sowohl um das Berufsleben: „mein Chef hat Fußgeruch“, „meine Kunden sind geistesgestört“, „mein Gehalt ist schon zu Monatsanfang versoffen“, als auch um den privaten Bereich: „mein Mann meidet mich“, „meine Familie hält mich für unterbelichtet“, „meine Freunde beklagen meinen Körpergeruch“.
Fisch fördert Fantastereien. Die Fischereilobby versucht seit Monaten neue Studienergebnisse zu unterdrücken, denn bei einer Veröffentlichung wäre es vorbei mit der Überfischung der Weltmeere. Fisch verdingt sich als Ratte der Meere und sammelt so im Laufe seines Fischlebens allerhand Unrat in seinem Magen. Das hat für seinen Fressfeind Mensch vermutlich dramatische Konsequenzen: Bei Verzehr stimulieren rückwärtsgedrehte Omega3-Fettsäuren die Hirnanhangsdrüse und begünstigen Tagträume und Allmachtsfantasien. Bei übermäßigem Verzehr droht eine korrodierte Hypophyse. Diktatoren wie Gaddafi und Mubarak waren bekennende Fischfreunde. Auch Hitler stieß einen geräucherten Aal nicht von seiner Bettkante.
Kartoffeln machen dumm. Der Volksmund weiß, die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln. Tatsächlich muss es heißen: Die dümmsten Bauern essen die dicksten Kartoffeln. Die neueste Feldforschung liefert dafür überraschende Argumente. Schon der Homo Alberichensis schätzte Anbau und Zubereitung der Erdäpfel und ernährte sich hauptsächlich von dem stärkehaltigen Nachtschattengewächs. Erwiesenermaßen war dieser menschliche Ur-Ahn aber auch dumm wie eine Reiswaffel. Er lief einen großen Teil des Tages mit einer schlecht geschnitzten Keule umher und zerdepperte alles, was kleiner als ein Mammut war.
Die Forscher haben nun anhand von Skelettfunden analysiert, dass bei regelmäßigem Verzehr die große Menge Stärke im menschlichen Körper zu einer kollektiven Synapsenverklebung führt. Die Ratio setzt dabei auf unbestimmte Zeit aus. Kritiker dieser These verweisen auf die Millionen Jahre der Evolution und die seitdem erzielten zivilisatorischen Errungenschaften des Menschen. Die schlichte Tatsache, dass Homo Sapiens sich immer noch gegenseitig den Schädel einschlägt, lässt diese Einwürfe jedoch unbegründet erscheinen.
Spinatesser wirken farblos und charakterschwach
Spinat macht spröde. Forscher haben nicht nur die Popeye-These vom Spinat, der stark macht, widerlegt. Durch modernste Doppelblindversuche konnten Lebensmittelpsychologen jetzt die Wirkung von Spinat auf die Ausstrahlung untersuchen. Der erschütternde Befund: Wer regelmäßig Spinat verzehrt, wirkt auf seine Mitmenschen farblos und charakterschwach. Die Forscher sprechen von einem „Charisma wie ein verkochtes Spinatblatt“ und einer „labbrigen Unsexiness“, die Spinatesser zu den „ödesten Gestalten auf diesem Planeten“ machen.
Vanillin begünstigt Verschwörungstheorien. Der beliebte Aromastoff ist keineswegs so harmlos, wie seine süße Note vorgibt. Da Vanillin in der Lebensmittelindustrie mittlerweile inflationär verwendet wird, erleiden viele Menschen unbewusst einen Vanillinrausch. Untersuchungen zeigen, dass Betroffene dadurch ein Hang zu Verschwörungstheorien entwickeln. Auf Vanillin zurückzuführen sind mindestens diese beiden Theorien: Bei dem Terrorangriff auf das World Trade Center haben genmanipulierte Affen mit Partyhütchen die beiden Flugzeuge gesteuert; und John F. Kennedy ist nicht erschossen, sondern bei der ersten Mondlandung ausgesetzt worden.
Was kann der Mensch also noch unbesorgt zu sich nehmen? Zurzeit laufen intensive Untersuchungen, wie die effektive Grasverwertung von Weidekühen auf den menschlichen Körper übertragen werden kann. Kühe leiden weder unter Verschwörungstheorien noch an Fantastereien und sind deshalb ernährungstechnisch vorbildlich. Bis die Resultate vorliegen, empfehlen Experten eine Schonkost aus abgekochtem Wasser und einer Salzkristall-Lampe zum Lecken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett