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Die WahrheitSündiges Fleisch

Dachhasen, gebratenen Biberkeule, Katze mit Thymian: Was für Tiere in manchen Speisen auftauchen.

Elefanten-Rezepte dringend gesucht! Bild: dpa

Pferdefleisch in Lasagne und Döner sorgt derzeit für großes Entsetzen und beschäftigt jetzt ganze Schwärme von Lebensmittelchemikern, die DNS-Proben analysieren, als ob ein Mord im Menschenmilieu stattgefunden hätte. Ogottogottogott, Spuren von Pferdefleisch im Fertiggericht? Wie konnte das passieren? Hätte die Probe auch durch ein vorbeireitendes Pony verunreinigt worden sein können?

Wie wäre es denn einmal mit wirklich ernsthaften Untersuchungen, denn es gibt durchaus Tiere in unserer Lasagne, die überhaupt nicht darin auftauchen dürfen! Katzen und Hunde zum Beispiel. Seit 1986 dürfen unsere Lieblingshaustiere nämlich bei uns nicht mehr geschlachtet werden.

Dabei war laut Tagesspiegel der Verzehr von „Dachhasen“ in den sechziger Jahren bei uns durchaus üblich. Auch in England bekam die Katze den verräterischen Namen „Roof-Rabbit“. In Südchina und Nordvietnam wird Katzenfleisch als „wärmend im Winter“ beschrieben. Das findet der pragmatische Schweizer Landbewohner auch, der seine Katze mit Thymian angerichtet schätzt. Der Blick berichtet, dass „etliche Schweizer wieder ihre Katzen essen“. Eine Vertreterin der Katzenschutzorganisation Vier Pfoten räumt ein: „Schweizer Bauern haben schon immer Katzenfleisch gegessen.“

Aber ist das nicht verboten? Nicht in der liberalen Schweiz, dort ist der Verzehr erlaubt, nur der Handel mit Katzenfleisch ist gesetzlich untersagt. Fleischimporte aus der Schweiz sollten künftig besser überprüft werden. Genauso wie Importfleisch aus England. Denn dort ist der Verzehr von Eichhörnchen üblich. Deshalb schlug Lord Inglewood vor einiger Zeit zum Schutz der gefährdeten einheimischen roten Eichhörnchen vor, nur noch die grauen Einwanderereichhörnchen aus den USA zu verspeisen. Ein durchaus radikaler Artenschutzvorschlag!

Bei Importen aus Frankreich hingegen sollten die Fahnder auf verräterische Frosch-DNS achten. Denn den etwa eine Million Importfröschen pro Jahr werden dort nur die Hinterbeine bei lebendigem Leibe ausgerissen, wo der zappelnde Rest bleibt, weiß allein der betrügerische Fertiggerichtehersteller.

Sollten DNS-Ermittler allerdings hierzulande auf Schwanen-Gene stoßen, so hat das seine Richtigkeit. Schwäne dürfen bei uns gegessen werden, wenn sie nicht in der Schonzeit geschossen wurden. Wurden sie jedoch in Berlin geschossen, dürfen sie wiederum nicht gegessen werden, da dort ganzjährig Schonzeit ist. Da hat in Berlin die Schwanen-Lobby ganze Arbeit geleistet!

Was früher noch so alles ungestraft verzehrt wurde, zeigen uns die Rezepte der „gebratenen Biberkeule“ und des „Fischotters in Rotwein gedämpft“ im „Großen Illustrierten Kochbuch“ von Mathilde Ehrhardt aus dem Jahre 1904. Aber am verrücktesten ist der Mensch dann doch immer noch in seiner maßlosen Tierliebe: „Knecht an Schweine verfüttert“, meldete die Nachrichtenagentur AP im Jahr 2007 aus Hessen. Solange keine Knecht-DNS-Verunreinigung in der Lasagne gemeldet wird, sollten wir jedenfalls nicht hysterisch auf ein bisschen Pferdefleisch im Fertiggericht reagieren!

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11 Kommentare

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  • P
    Piet

    Insbesondere der Mensch hat die Weisheit für sich gepachtet..

     

    Sind Menschen von Natur aus Fleischesser?

     

    http://www.youtube.com/watch?v=RB0lLlFxft8

     

     

     

    Hinterfragen kann hilfreich sein! Da es offensichtlich dem Großteil der Menschheit sehr schwer fällt (kritisch) zu denken und sehr leicht zu glauben, entstehen unendlich viele Wahrheiten. Das Resultat? Qualen, Leid, Grausamkeit, Mord, Totschlag, ...

     

    Ein seichter Verstand hält sich gern für etwas besseres.

     

    :)

  • M
    magy

    Einige Kommentare einfach nur hirnloses Geschwätz, nicht zu glauben.

     

    Warum wird denn solches Fleisch auf den Teller gebracht damit einige Gastronomen so richtig Asche machen können und es gibt genug Reiche die einen neuen Kick brauchen und dafür viel bezahlen können um protzen zu können einen Affen oder Elefanten was auch immer gegessen zu haben, denen sind die Tiere doch völlig egal.

     

    Macht so weiter bis keins der wunderschönen Tiere noch leben darf.

  • M
    Momoko

    Gehört Roheit und geschreddertes Mitgefühl mit empfindungsfähigen Lebewesen, die zufällig keine

    Menschen sind, eigentlich zum Selbstverständnis der

    Linken?

  • G
    Gero

    zum Kommentar von barefoot:

    Was sie da als "Realitätscheck" ankündigen, ist nicht die Realität, sondern eine bemerkenswert eingeschränkte Wahrnehmung davon.

    Na ja, wenn bei der Beurteilung der Essenqualität nur der Geschmack entscheidet, kommt halt sowas raus.

    Vorsicht beim Überqueren der Strasse mit Scheuklappen!

    Sicher ein neue Erfahrung, aber keine lebensver-längernde, wahrscheinlich sogar die letzte.

    Übrigens: es gibt eine recht gute Alternative zu konzentrierten Kohlehydraten und Fleisch: Obst und Gemüse!

  • G
    Gero

    was ist hier eigentlich unterbelichteter, der Artikel oder die bisherigen Kommentare dazu?

    Mittelalterdenken liegt im Konsum von Tierleichen.

    Der Mensch kann zwar alles (fr)essen, er lebt dann halt auch mit den Konsequenzen, und die sieht man an unserer Umwelt und "Volksgesundheit". Wer "schwachsinnige soziale Koditionierungen" ablegen will, versuche es doch mal mit dem Verzicht auf tierliche Produkte, Lebensmittel kann man die wohl nicht (mehr) nennen! Gute Argumente liefert die China Study.

    Was die "neuen Erlebnisse" angeht: Das Besuch eines Schlachthauses kann wirklich lebensverlängernd (für den Besucher) wirken, ersatzweise gehen auch diverse Videos von den Lebens- und Todesbedingungen der sogenannten Nutztiere.

    Der neue Trend ist übrigens die vegane Ernährung!

  • B
    BAReFOOt

    Wir sollten ganz allgemein aufhören, uns an schwachsinnige soziale Konditionierungen zu klammern wie religiöse Fundamentalisten an ihre Bücher.

     

    Realitätscheck ist der neue Trend.

     

    Fleisch ist Fleisch. Und so lange es nicht gesundheitsschädlich ist (was ja eher bei industrialisierter Produktion der Fall ist), oder übel schmeckt (deshalb ist Schwanenfleisch so unbeliebt), ist jegliches Rumjammern unangebracht. Das Schwein kann nix dafür dass es nicht so süß und plüschig ist wie eine Katze, oder so ein Mädchenschwarm wie das Pferd.

     

    Wenn wir als Allesfresser (und erwiesenermaßen konzentrierte-Kohlenhydrate-nicht-vertragende) schon andere Tiere töten und essen, dann aber auch ohne pharisäerhafte mentale Extrawürste.

     

    Mir schmeckt Pferd nicht (schmeckt wie Leber), aber ansonsten immer her damit! Neue Erlebnisse verlängern erwiesenermaßen das subjektiv erlebte Leben.

  • P
    Peter

    "Wurden sie jedoch in Berlin geschossen, dürfen sie wiederum nicht gegessen werden, da dort ganzjährig Schonzeit ist."

     

    Die Vermarktung und der Verzehr von Schwänen ist auch in Berlin nicht verboten. Und es stellt sich die Frage, warum ein Schwan geschossen werden sollte, wenn er denn Schonzeit hat? Das würde ein Schonzeitvergehen darstellen, wäre also illegal.

  • V
    Voki

    Was geschieht dann mit den Schwänen, die während der Schonzeit geschossen werden?

    Kommen die bis zur Klärung des Verbrechens ins Leichenschauhaus, oder werden sie nur aus bürokratischen Gründen für unverzehrbar erklärt?

  • TL
    Tim Leuther

    Wie verlogen und Diktatorisch das Verbot ist bestimmte Tiere zu essen. Das ist Mittelalter-Denken.

  • A
    Allesfresser

    Dachs soll sehr gut schmecken!

  • K
    Katzenhalter

    Was denn? Ist der Mensch etwa kein Allesfresser? Genau wie sein Lieblings-Fleischlieferant?