Die Wahrheit: Schnapszahlgeburtstag
Der 111. Geburtstag des besten Fußballvereins der Welt steht an. Tickets für die große TeBe-Party gibt es in der Astra Stube.
Es ist mal wieder typisch: Seit Wochen habe ich vor, mir Tickets für den 111. Geburtstag des besten Fußballvereins der Welt zu kaufen – aber weil man es als TeBe-Fan nicht gewohnt ist, sich für irgendetwas vorher Karten kaufen zu müssen, habe ich es bis zum Vorabend aufgeschoben. Nun stehe ich in der Astra Stube in Berlin-Neukölln, einer von zwei Vorverkaufsstellen für die Party, und bestelle bei der Bedienung ein Bier und zwei Tickets. Die Antwort: „Das letzte ist gerade rausgegangen.“
So voll, dass das Bier gemeint sein könnte, ist es leider nicht, sodass ich kurzzeitig in Panik gerate. Zum Glück ist die TeBe-Fanszene übersichtlich und die Wege sind kurz – zwei SMS später hab ich die Tickets. Ich begieße den Triumph mit einem weiteren Bier und einem Sauren; als ich die Kneipe gegen 20 Uhr wieder verlasse, bin ich bereits einigermaßen angegangen. Jetzt kann mich nur noch ein McRib bei McDonald’s am Hermannplatz retten.
Während ich esse, ruft mein alter Freund J., der um die Ecke wohnt, an, und wir beschließen in die Kindl-Stuben zu gehen, weil man bei Kneipen, die nach Bieren heißen, bekanntlich nichts falsch machen kann. J. arbeitet seit Kurzem beim Fernsehen und unterhält mich mit Geschichten von David Hasselhoff und den Kassierern. Es ist wie immer bei einem guten Gespräch: Ein Wort ergibt das andere, ohne dass man groß nachdenken muss, und am Ende sind drei Stunden rum.
Am nächsten Abend dann die große Geburtstagsgala. Während das Lovelite sich füllt, sorgen Cindy Lauper, Pia Zadora und Samantha Fox für Frauenpower vom Band. Anschließend kommen „Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen“ auf die Bühne, deren Musik so wunderbar ist, wie die Titel versprechen: „Jeder auf Erden ist wunderschön (sogar Du)“, „Ich lass mich gehen in letzter Zeit“ und „Kennst du Werner Enke?“
Eine Frage, die ich aus vollstem Herzen mit „Ja“ beantworten kann. Ich mein: Werner Enke! Im Publikum die vertrauten Gesichter aus dem Mommsenstadion, dazu fraternisierende Fans vom Roten Stern Leipzig, Babelsberg 03 und dem Wiener SC. Sogar St. Pauli gibt sich in Gestalt von Thees Uhlmann die Ehre.
Dummerweise habe ich ganz vergessen, vor der Party Geld abzuheben, sodass ich nach zwei Bieren und einem Mexikaner anfangen muss, unauffällig Flaschen zu sammeln. Fünf Flaschen für ein Bier – das grenzt schon an Arbeit. Das Jubiläums-Fan-Package, bestehend aus Stoffbeutel, Button-Set und, tatsächlich, einem Tennis-Borussia-Sticker-Album, ist da natürlich nicht mehr drin. Das wären 22 Flaschen!
Wie immer bei TeBe wird wenig über Fußball geredet, stattdessen finde ich mich in Gesprächen über die Lindenstraße, den richtigen Zeitpunkt zum Anrollern und Heavy-Metal-Kreuzfahrten wieder. Am Ende fragt mich jemand am Tresen, ob ich nicht TeBe-Pressesprecher werden wolle, und ich verspreche, mir das durch den Kopf gehen zu lassen. Junge, denke ich, wenn das so weitergeht mit dem Verein, darf ich in ein paar Jahren vielleicht sogar spielen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!