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Die WahrheitDie Heide wackelt

Kolumne
von Frank Schäfer

Auf einem Metal-Konzert erlebt man mitunter positive Überraschungen. Ja, es gibt sie noch, die ansehnlichen und hörbaren neuen Gruppen.

M ein Kollege Till führt ein Doppelleben. Abends zieht er sich sein Metal-Satirikerkostüm über und sorgt unter seinem Superhelden-Kampfnamen „Burgwächter“ für Recht und Ordnung in den Heavy-Kaschemmen der Republik, denn er weiß, aus großer Macht erwächst auch große Verantwortung. Tagsüber mimt er in seiner Alias-Existenz als Marc den seriösen, harmlos anmutenden Artist-&-Repertoire-Manager, vulgo: Hausmeister, des Braunschweiger Majorlabels Firefield Records. Und in dieser Eigenschaft lud er mich ein zu einem Konzert seines „neuesten Signings“ President Evil.

Er lehnte sich weit aus dem Fenster. „Alter, wir kommen gerade aus Oldenburg. Ich gebe dir mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort, da haben die Jungs den Laden richtig schön zerlegt. Komm also besser vorbei!“ Marc traue ich nicht über den Weg. Aber da ich es mir mit Till lieber nicht verderben wollte, kam ich also besser vorbei.

„Hoppla, jetzt kommen die Ratten doch noch aus ihren Löchern“, schnaubte er mir entgegen. Der Hansa Kultur-Club war ganz ansehnlich gefüllt, die Thrasher von Revolt gaben sich sichtlich Mühe, machten aber den Fehler, ihren Heimatort Wolfsburg zu verraten. In Braunschweig gibt so was gleich Abzüge in der A-Note.

Dann President Evil. Souverän und sympathisch die Bühnen-Action. Der Sound dicht wie eine Betonwand. Das Solospiel wurde auf ein Mindestmaß reduziert. Man wollte nicht aus dem Blick verlieren, worum es geht, und nicht ein Instrument abziehen von der eigentlichen Arbeit – am Groove. Und der saß. Voll auf der Viertel vor zwei. Immer leicht vorgezogen, wie es sich gehört, wenn die Karre richtig rund läuft. „Volbeat“, sagte mein Nebenmann nach zwei, drei Songs. „Genau!“ – „Sach ich doch!“ – „Ja.“ – „Siehste.“

Ich kannte den freundlichen Zausel neben mir nicht, aber er hatte Recht. Die Gitarren klangen nicht ganz so rund in den Mitten, es kratzte und rappelte noch ein bisschen mehr im Karton. Aber es ist ein ziemlich attraktives ästhetisches Konzept, das Volbeat vorgelegt haben: zeitgenössischen Metal mit dem ältesten Rock ’n’ Roll kurzzuschließen. Gegen noch eine Band, die sich an diesem Crossover abarbeitet, kann keiner etwas haben. „Warum auch nicht!?“, gab ich meinem Nebenmann nach zwei, drei weiteren Songs zu verstehen. „Stimmt auffallend.“ – „Was ich sage.“ – „Klärchen.“ – „Na also.“

Es war gut, dass wir beide mal darüber geredet hatten. Danach hörten wir noch eine gute Stunde lang einer eingespielten, fulminant am selben Strang ziehenden Band zu, der es fast noch mehr Spaß zu machen schien als den Anwesenden, weil sie zurzeit offenbar gar nicht mehr will, als einfach so weiterzuspielen.

Ich wollte den A&R-Manager der Band noch beglückwünschen zum Neuzugang, aber es ging nicht mehr. Er hing besoffen, vor Glück vermutlich, auf einem Barhocker und deklamierte wirres Zeug: „My heart belongs to you but my cock is community property … Let the blood run red … The war drags ever on … Morgen mache ich mir ein Gulasch, dass die Heide wackelt!“

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