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Die WahrheitPfeilkröte Feminismus

„Studentx“ und „Studier*“: Über die Elimination jeder denkbaren Form der Ausgrenzung durch sprachmolekulare Teilchenbeschleunigung.

Ein Giftfrosch bzw. ein Giftfrox. Bild: imago / blickwinkel

In die ideologische Lücke, die der Marxismus lässt, drängt heute der Spätfeminismus. Gut so. Wofür genau da gekämpft wird, hat neulich die Genderforscherin Judith „Jack“ Halberstam in der Zeit erklärt.

Gefragt, wie die Zukunft aussehen würde, ließe man die queere Lady Gaga einfach mal machen, sagte Halberstam: „Es wäre eine Welt mit neuen Geschichten aus Hollywood, weniger Tom-Hanks-Filmen, weniger Mormonen, flacheren Absätzen, dafür mehr Beyoncé, Kanye West, Drag Kings auf offener Straße. Es wäre hoffentlich auch eine Welt, in der Zizek sich weniger oft zu Wort meldet!“

Weniger haarige und schwitzende Marxisten, mehr Soulpop, Transvestiten und andere Sachen, die Halberstam gefallen? Ja, das ist mal eine zeitgemäße Utopie! Die Geknechteten dieser Erde, sie werden mit flachen Absätzen auf offener Straße tanzen.

Mit dabei ist dann sicher auch Antje „Lann“ Hornscheidt. Als „Professx“ (sic!) für Gender Studies an der Humboldt-Universität in Berlin eliminiert sie jede denkbare Form von Ausgrenzung durch sprachmolekulare Teilchenbeschleunigung. Deshalb nennt sie sich „Professx“, ausgesprochen wie in „Professix und Obelix“. Die x-Endung findet Hornscheidt knorke, da „in diesen ganzen Unterstrich-Formen immer auch Zweigenderung aufgerufen“ wird, mithin also die populäre Illusion, „dass es Frauen und Männer gibt“.

500 Seiten über Beziehungen

Man könne aber, so Hornscheidt, statt „Studentx“ auch „Studier*“ (Studiersternchen) oder „Sozialarbeit@“ (Sozialarbeita) sagen und den Unterstrich, aus obskuren Ge_rechtigkeitsgründen, durchs Wort wandern lassen.

Den Einwand, derlei elitärer Neusprech sei kaum praktikabel, hält die reizbare „Professx“ für „bemerkenswert, um’s mal nett zu sagen“. Denn: „Es gibt auch sonst nicht das Bedürfnis, Sachen möglichst kurz auszudrücken. Dann bräuchten wir auch keine Romane mehr! Dann könnten wir einfach sagen: Liebe, Beziehung … diese ganzen Romane, die über 500 Seiten über Beziehungen gehen, sind dann auch vollkommen unnötig.“

Vollkommen unnötig sind aber nicht einmal Menschen, die ihre eigene Sexualität studieren und unterrichten. Oder Menschen, deren Forschungsarbeit unter anderem in schwülen Oden auf ihre selbstgebastelten Vornamen besteht („Lann / Kommt aus mir kommt von mir“). Oder Menschen, die experimentelle Poesie nicht von politischem Handeln unterscheiden können. Eine offene, aufgeklärte und gerechte Welt braucht solche Menschen.

Oft sind es gerade die drolligsten Wesen, die sich ihre Feinde mit körpereigenen Abwehrmechanismen vom Leibe halten. Die guatemaltekische Pfeilgiftkröte scheidet ein toxisches Warzensekret aus, das jedem, der davon nascht, bunte und bizarre Visionen jenseits von Zeit und Raum bereitet, bevor es ihn endlich in ein sabberndes und zitterndes, auf jeden Fall bemitleidenswertes Wrack verwandelt.

Ähnlich funktioniert auch der Spätfeminismus. Wer ihn streicheln, verschlucken oder einfach mal dran lecken will, verwandelt sich zwangsläufig in Martenstein oder Matussek.

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16 Kommentare

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  • KK
    Karl K

    En passant

     

    also der richtige shit-storm ist das ja nun auch nicht;

    und - tazlern ist wohl untersagt, zu sidekick-prosten!?

    (also ich hätte da Vorschläge);

    und die taz als Lachsack - fein.

     

    Danke auch für " knorke",

    da ist es nicht weit zu " schnafte" und

    flachabsätzige "Haferlschuhe" und "Bofke";

     

    und - naturellemente

    " bitterlich" - ja an all dem fehlt es

    auch "… der deutschen Sprache bitterlich an …geschlechtsneutralen Ausdrucksformen…

    wenn wir mal in der Lage sind, uns gegenseitig nicht zuallererst in grammatische Geschlechtsschubladen zu stecken,…" un ahls wigger;

     

    jau - das walte Arno.

    Nochmals danke.

  • MV
    Mayna Variant

    Geschlechtsgerechtere Sprache

     

    wenn es analog zum "weiblichen" -in auch eine "männliche" variante gäbe, zB -on oder -an

     

    könnte man besser differentieren und geschlechtsgerechter sprechen

     

    Student (eine Person die Studiert, keine Aussage zu biologischem oder sozialem Geschlecht)

     

    Studentin (eine Person die Studiert, von weiblichem biologischem und/oder weiblichem sozialem Geschlecht)

     

    Studenton (eine Person die Studiert, von männlich biologischem und/oder weiblichem männlich Geschlecht)

  • G
    Gast

    Endlich mal eine Kolumne über Feminismus über die ich auch lachen konnte.

    Ich selbst bin der Überzeugung, dass es sprachliche Änderungen geben muss, weil Sprache eben ein Ausdruck von Gedanken ist. Bisweilen habe ich aber das Gefühl, dass sogenannte Expert_innen sich an solchen Kleinigkeiten hochziehen und dabei 10 Schritte überspringen.

    Dieses Problem wurde meines Erachtens in dem Artikel ziemlich gut dargestellt.

  • Werter Herr Frank,

     

    mit Ihrem Artikel haben Sie heute morgen bei meinen Sitznachbarn in der U-Bahn eine große Heiterkeitswelle ausgelöst. Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass jemand hinter vorgehaltener taz anfängt lauthals zu lachen. Besonderen Dank an für letzen beiden Absätze.

  • M
    Michael

    @Artikel: Großartig

    @NASO POETA: Auch toll, ich hätte es nicht besser ausdrücken können.

  • M
    mcrnm

    Man kann sich über die persönlichen Vorlieben und Forschungstätigkeiten von Genderforschern (hat das wirklich was mit Spätfeminismus zu tun?) amüsieren so viel man will. Daran, dass es der deutschen Sprache bitterlich an geschlechtsneutralen Ausdrucksformen mangelt, ändert das nichts. Ich meine, wenn wir mal in der Lage sind, uns gegenseitig nicht zuallererst in grammatische Geschlechtsschubladen zu stecken, sind wir kulturell ein ganzes Stück weiter.

    • G
      Gastina
      @mcrnm:

      da das grammatische Geschlecht in der deutschen Sprache* sowohl vom biologischem als auch vom gesellschaftlichem Geschlecht unabhängig ist (genauso wie das biologischem vollkommen unabhängig vom gesellschaftlichem Geschlecht ist)

      erscheint mir die "sprachgenderei" als zwar gutgemeint, aber fragwürdig und wohl auch sinnlos

      (eine Sexist(in) bleibt Sexist(in), auch wenn er/sie/es Studierende sagt, statt Studenten, ähnlich wie ein(e) Rassist(in), auch dann Rassist(in) bleibt, wenn er/sie/es von Afrodeutschen und von Afroamerikanern spricht, statt ein N-Wort zu benutzen

       

      *z.B. ist der Hund eben nicht der männliche Hund, sondern ein Tier der Gattung Hund, ohne nähere Bestimmung des biologischem (oder gar sozialem) Geschlechts

      die Katze eben nicht die weibliche Katze, sondern ein Tier der Gattung Katze, ohne nähere Bestimmung des biologischem (oder gar sozialem) Geschlechts

    • GA
      Gast Ank
      @mcrnm:

      Das Indonesische hat z.B. keine Artikel und so gut wie keine Formen eines grammatischen Geschlechtes. Nicht mal "er" und "sie" werden unterschieden.

       

      Dennoch handelt es sich bei Indonesien keineswegs um eine geschlechtergerechte Gesellschaft. Ähnliche Beispiele gibt es zuhauf. Was also wäre dann der Sinn geschlechtsneutraler Sprache in Deutschland? Offenkundig bewirkt nicht die geschlechterneutrale Sprache etwas im Denken, sondern höchstens die Diskussion darüber.

  • KK
    Karl K

    Chapeau

     

    ps mutabor => Martenstein&Matussek

    - paßt schon.

  • Mal abgesehen von der äußerst befremdlichen Nennung von Martenstein und Mattussek in einem Atemzug (in der Dimension vergleichbar etwa mit "Hildebrandt und Pocher") trifft Ihr Beitrag, Arno Frank, den Nagel auf den Kopf. Verdienstvoll vor allem die Information zu den mir bislang zu Recht nicht bekannten Judith "Jack" Halberstam (na gut, die Berufsbezeichnung "Genderforscherin" ist wohl nicht geschützt) und der Professx Antje "Lann" Hornscheidt, in deren Fall ich mich schon sehr wundere, auf welch merkwürdigem Niveau man in diesem unserem Lande Professor werden und aus Steuermitteln, also meinem Portemonnaie, fürstlich alimentiert werden kann. Nun gut - auch professorale Flatulenz ist einfach nur Flatulenz.

  • E
    emil

    ist ja lustig, dass sie sich hierüber amüsieren können. nun stellen sie sich mal vor, völlig abstrakt natürlich, es gäbe menschen die nicht weiß männlich hetero und gebildet wie sie sind.

    ihre obskuren gerechtigkeitseskapaden können sie sich getrost an die scheuklappige stirn pappen.

    offenbar haben sie nicht verstanden worum es geht, was aber zwingende voraussetzung wäre um humoristisch zu schreiben. so verfallen sie lediglich der populären idee es gibt mann und frau und wer das nicht ihnen gleich wie ein unabdingbares naturgesetz herunterbetet ist gaga.

    und nicht vergessen, die erde war früher auch mal eine scheibe. zumindest ging die tumbe mehrheit einfach mal davon aus ;)

    • O
      Olli
      @emil:

      " so verfallen sie lediglich der populären idee es gibt mann und frau"

       

      LOL. Was für ein Irrglaube.

       

      Was es aber sicher gibt, ist Groß- und Kleinschreibung.

  • Sehr großartig! Dann kann ich doch nur hoffen, dass bald ein Update für Binnen-I-be-gone (http://binnenibegone.awardspace.com/) rauskommt, um diesen ganzen Spinnereien Herr zu werden!

  • :-D Großartig!

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Guido Hartmann:

      Die Professatrix und das kesse Studiersternchen...

  • EG
    Ein Gastx

    LOL