Die Wahrheit: Die Unerwünschte-Geschenke-Kiste
Es gibt drei Sorten an überflüssigen Geschenken: Kindergeschenke, Erwachsenengeschenke, klassisch, und Erwachsenengeschenke, flippig.
B ei unserem diesjährigen Hefekloßwettessen gewann der zweitjüngste Kombattant, ein Neunjähriger, mit der beeindruckenden Menge von zwölf Klößen. Wobei Kinderklöße zwar doppelt zählten, aber auch sechs der frühchenkopfgroßen Klopse bereits einiges an Magenkontrolle erfordern.
Platz zwei und drei belegten Erwachsene mit vier und drei Klößen, als Preise suchten sich die Gewinner ein Hot-Wheels-Auto (erster Platz) und zwei Werbe-Duftkerzen aus der über die Feiertage arg dezimierten Geschenkekiste aus.
Die Geschenkekiste muss somit unbedingt nachgefüllt werden, in diesem Jahr bin ich nämlich sogar das hässliche Bild losgeworden, das von einer entfernten malenden Verwandten stammt, die, Verzeihung, glücklicherweise zwischenzeitlich verstorben ist – das Verschenken dieses Bildes war also in Ordnung, da nicht mehr die Gefahr besteht, das ungeliebte Geschenk aus Versehen dem/der Schenkenden zurückzugeben, was mir in der Vergangenheit zweimal passiert ist.
Man kann solche Fauxpas umgehen, indem man Buch über unerwünschte Geschenke führt, aber das ist mir zu umständlich.
Billige Tankstellenstofftiere mit „Viel Glück!“-Ansteckern
Stattdessen denke ich darüber nach, endlich meine Start-up-Geschäftsidee mit dem spießigen Sonntags-Geschenke-Lädchen umzusetzen. Ich bräuchte dafür nur einen kleinen Raum an einem zentralen Umsteige-U-Bahnhof, etwa den Lagerraum eines vietnamesischen Blumenladens. Dort würde sich mein Sortiment aus drei verschiedenen Geschenkegruppen zusammensetzen: 1. Kindergeschenke, 2. Erwachsenengeschenke, klassisch, und 3. Erwachsenengeschenke, flippig.
In Kategorie eins würde ich ein paar Schachteln Lego Duplo (für Häschen ab vier), Pixiebücher und billige Tankstellenstofftiere mit „Viel Glück!“-Ansteckern legen. Kategorie zwei bestünde aus Hardcover-Bestsellerlistenbüchern von Utta Danella und kleinen Technik-Gadgets wie Smartphone-Handschuhen oder ekelhaften Bilderrahmen. In der dritten Kategorie geht ja quasi alles, ich könnte ein paar unbekanntere Künstler gewinnen, ich denke da vor allem an kleine Skulpturen, weil das Verpacken dabei die größere Herausforderung darstellt.
Denn auf diesen Service freue ich mich am meisten: Geschenkpapier wäre natürlich inbegriffen, man würde zwischen „neutral“ und „saisonal“ (Tannenbäume, Osterhasen, goldener Happy-Birthday-Schriftzug) wählen. Ich übe schon die ganze Zeit die Geschenkband-Dauerwelle, die man am besten mithilfe eines Geschenkband-Trimmers hinbekommt, mit dem man Geschenkband professionell kräuseln und spleißen kann, eine geradezu meditative Tätigkeit.
Und während andere Menschen sonntags verkatert frühstücken, sich die neue Sherlock-Folge runterladen oder ins Museum gehen, werde ich in mein Spießige-Geschenke-Lädchen fahren, das „Sorry, we’re closed“ Schild umdrehen, die neue Lieferung hässlicher Furby-Plagiate auspacken und darauf warten, dass verzweifelte Kunden neue Inhalte für ihre Unerwünschte-Geschenke-Kisten erstehen. Das Lädchen wird brummen.
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