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Die WahrheitSelbstverdauung der Langenhans-Inseln

Kolumne
von Eugen Egner

Lampenbeisitzer Dolzmann entwickelt eine eigene Verdauungssprache und muss das Schreckensregime eines Hubschraubers erleben.

A nno 1973 beobachtete Lampenbeisitzer Dolzmann von der Nullstelle aus die Selbstverdauung der Langenhans-Inseln. „Ich bin zu dick“, sagte er zu sich selbst, „und ich verdaue nicht richtig.“ (Singen konnte er auch nicht.) Es gab also eine thematische Verwandtschaft zwischen Dolzmann und den Langenhans-Inseln.

Um sich aber von ihnen zu unterscheiden, lag ihm sehr daran, eine eigene Verdauungssprache zu entwickeln, die, obwohl streng und monoton, nicht mit vorsprachlichen Verdauungsgeräuschen zu verwechseln sein sollte. Als Lampenbeisitzer war Dolzmann selbst von strengem und monotonem Wesen. Manchmal bekam er auch Post von der Sparkasse. Es war gut isolierte Post, doch immer stand darin, es gäbe kein Geld.

Solange die Langenhans-Inseln sich nicht vollständig selbst verdaut hatten, mussten ihre Rasenflächen regelmäßig gemäht werden. Dafür war Lampenbeisitzer Dolzmann zuständig. In diesem Jahr musste er sogar einen neuen Rasenmäher kaufen, weil der alte irrtümlich von der Sparkasse gepfändet worden war. Rasenmähen war eine streng monotone Tätigkeit, Dolzmann schätzte sie nicht, obwohl er als Lampenbeisitzer durchaus von strengem und monotonem Wesen war.

Und wieder bekam er Post, diesmal von der Naturstelle. Man teilte ihm mit, die Langenhans-Inseln seien von den Vereinten Nationen endlich als namenloses Kulturgut anerkannt worden, weshalb sie sofort aufhören sollten, sich selbst zu verdauen. Mehr oder weniger diskret wurde Dolzmann in einer Fußnote an die fällige Anschaffung eines neuen Rasenmähers erinnert. Er wollte etwas Unflätiges durch das Sprechloch rufen, besann sich aber eines Besseren.

„Singen können Sie auch nicht“

Er setzte ein karges Antwortschreiben an die Naturstelle auf, worin stand, die Langenhans-Inseln würden erst mit ihrer Selbstverdauung aufhören, wenn sie sich restlos selbst verdaut hätten. Deshalb dürfte seiner Meinung nach schon in Kürze jedwedes Rasenmähen überflüssig sein. Innerhalb von Stunden erwiderte die Naturstelle darauf, Dolzmanns Argumentation besitze keinerlei Überzeugungskraft. „Sie sind lediglich zu faul zum Rasenmähen“, lautete das abschließende Urteil, „und singen können Sie auch nicht.“

Lampenbeisitzer Dolzmann war also zu dick, zu faul, konnte weder singen noch die rechte Verdauungssprache finden, und die Rasenmäheranschaffung blieb an ihm hängen. Überraschend erbot sich die Sparkasse, die Kosten dafür zu übernehmen. Ein Wink des Himmels! Damit war das Problem gelöst.

Dolzmann griff zu und besorgte im nächsten Baumarkt einen Rasenmäher. Irgendwie versuchte dieser dann allerdings, als Hubschrauber ein Schreckensregime auf den Langenhans-Inseln zu errichten. Die Vereinten Nationen schickten ihre Truppen, um kräftig dreinzuschlagen, und das half ein wenig. In der Nullstelle sitzend, beobachtete Dolzmann die Hilfsaktion. Streng und monoton nahm sie ihren Lauf, der Rasen wurde zertrampelt. Die Selbstverdauung der Inseln schritt indessen unerbittlich voran.

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