Die Wahrheit: Die Nullen vom Leinster House

Irlands Regierung ist auf eine grandiose Idee gekommen, wie man die grüne Insel in ein teures Chaos stürzen kann: Es werden Postleitzahlen eingeführt.

Irlands Regierungspolitiker beschäftigen sich tagein, tagaus mit zwei Fragen: Wie kann man der Bevölkerung mehr Geld abknöpfen, ohne dass sie renitent wird? Und wie kann man sich und seinen Freunden das Geld zuschustern, ohne dass es allzu stark nach Vetternwirtschaft riecht. Beides funktioniert in letzter Zeit immer seltener. Die geplante Einführung der Wassergebühren zum Beispiel stößt auf Massenproteste, weil es dem geprellten Stimmvieh dämmert, dass die Gebühren geradewegs in die Taschen der Direktoren der neu geschaffenen Wasserbehörde wandern und für die Reparatur der maroden Wasserrohre nichts übrig bleibt.

Nun versucht man es mit etwas, das auf den ersten Blick harmlos erscheint: Irland soll im Frühjahr Postleitzahlen bekommen. Dazu schuf man das Quango „Eircode“, und so heißt auch die neue Postleitzahl. Sie besteht aus einer Kombination von sieben Buchstaben und Zahlen. Jedes Haus und jede Wohnung bekommt eine eigene Nummer. Obdachlosen wird vermutlich ein Pappkarton mit individuellem Code zur Verfügung gestellt. Bestimmte Buchstaben dürfen wegen der Verwechslungsgefahr nicht verwendet werden: M und N etwa, oder B und P wegen der fränkischen Iren. Kombination wie ARSE oder CUNT will man ebenfalls vermeiden.

Eircode erklärte: „Bei der Vergabe der Codes achten wir darauf, dass benachbarte Häuser keine ähnlichen Postleitzahlen haben, um Verwirrung zu vermeiden.“ Wer seine Sinne beisammen hat, fragt sich, ob man dadurch nicht genau das Gegenteil erreicht. Es ist dasselbe, als ob man in einer Wohnsiedlung die Hausnummern bunt durcheinanderwürfelt und darauf achtet, dass benachbarte Häuser keinesfalls aufeinanderfolgende Nummern haben.

Die englische Beratungsfirma, die das Projekt für die Regierung in Dublin ausgeheckt hat, kassierte dafür eine Million Euro. Offenbar war sie aber mit der Beratung der Regierung so sehr beschäftigt, dass sie vergaß, sich von Transportunternehmen und Rettungsdiensten beraten zu lassen. Die halten das System für nutzlos. Der Verband der Krankenwagenfahrer und Feuerwehrleute warnte, dass Eircode Leben kosten könne, wenn die Rettungswagen in der Gegend herumirren. Die Entwickler von GPS haben bereits erklärt, dass man ein solch albernes System leider nicht ins GPS einbinden könne.

Über die Kosten möchte man gern den gnädigen Mantel des Schweigen breiten. Vielleicht 25 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren, mutmaßte das Ministerium für Kommunikation. Der Geschäftsführer von Eircode, Liam Duggan, tippt auf 15 bis 16 Millionen. Auf der Webseite von Eircode heißt es: „Niemand ist verpflichtet, Eircode im Postverkehr zu benutzen.“

Wenn man das törichte System nicht für Briefe und Postkarten benutzen muss, wofür dann? Es ist ideal zum Abkassieren der Immobiliensteuer und der Wassergebühren. Das irische Parlament Leinster House soll sieben Nullen als Postleitzahl bekommen. Erstens arbeiten dort lauter Nullen, und zweitens zahlen sie null Abgaben.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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