: Die Wahl wird berechenbarer
Die Parteien haben ihre Listen für die Bürgerschaftswahl aufgestellt – Änderungen daran sind kaum noch zu erwarten, analysiert der Verein „Mehr Demokratie“, der für ein anderes Wahlrecht kämpft
Seit 2006 haben alle Wahlberechtigten fünf Stimmen, die sie auf Parteilisten und KandidatInnen verteilen dürfen.
Im Februar 2018 beschloss die Bürgerschaft, dass die Sitzverteilung zukünftig vorrangig über Listenstimmen vorgenommen werden soll – die Bedeutung der Personenstimmen wird gesenkt.
Die Initiative „Mehr Demokratie“ kämpft dagegen mit einem Volksbegehren.
VonJan Zier
Die Parteien haben entschieden – und so wird es nach der Wahl wohl auch kommen: Nachdem sie ihre Listen für die Bürgerschaftswahl aufgestellt haben, ist klar, dass nur eine gute Handvoll KandidatInnen reelle Chancen haben, von „unsicheren“ Listenplätzen aus ins Parlament einzuziehen. Und viele derer, die als Funktionsträger oder langjährig Engagierte bekannt sind, haben es trotzdem vorgezogen, sich auf einem sicheren Listenplatz abzusichern.
Bei der letzten Landtagswahl wurden 22 der 83 Mandate an Abgeordnete vergeben, die nicht auf einem der „sicheren“ vorderen Plätze gelistet worden waren. Das war den Parteien zu viel – also änderten sie das Wahlrecht in ihrem Sinne.
Am Wochenende wählte die Linkspartei ihre KandidatInnen – es ist davon auszugehen, dass die Wahl genau diese Liste bestätigen wird. Bekommt Die Linke zwölf Prozent der Stimmen, würde das für acht Abgeordnete reichen. Dann wären neben aktuellen Abgeordneten wohl auch der Gewerkschafter Ingo Tebje und der Wohnungsbaupolitiker Ralf Schumann im nächsten Landtag vertreten. Chancen hat noch die Nordbremerin Maja Tegeler, die sich queerpolitisch engagiert. Peter Erlanson – 2015 durch Personenstimmen ins Parlament eingezogen – trat nicht mehr an. Allen, die hinten auf der Liste stehen, werden kaum Chancen eingeräumt. Und jene, die wohl dank ihrer Personenstimmen wieder in den Landtag einziehen werden, sind auch auf der Liste gut abgesichert. Dazu gehören neben der Spitzenkandidatin Kristina Vogt der Abgeordnete Cindi Tuncel sowie seine Kollegin Sofia Leonidakis, die es schon 2015 mit Personenstimmen schaffte. Die Linkspartei rückte schon damals ihre Liste stärker in den Vordergrund als andere Parteien.
Bei den Grünen wird erwartet, dass die ersten elf bis 13 KandidatInnen auf der Liste ins Parlament einziehen. Daneben hat der nur auf Platz 24 gesetzte Mustafa Öztürk gute Chancen, weit nach vorne und damit ins Parlament gewählt zu werden, ähnlich wie bei der vergangenen Bürgerschaftswahl. Allenfalls der 2016 in den Landtag nachgerückten Kebire Yildiz, derzeit auf dem letzten Listenplatz, wird zugetraut, es auf diesem Wege in die Bürgerschaft zu schaffen. „Auch bei den Grünen geht der Einfluss der WählerInnen zurück“, sagt der Verein „Mehr Demokratie“, der mit einem Volksbegehren genau das wieder verhindern will.
Bei der CDU habe Oguzhan Yazici (Platz 25) vermutlich als einziger Kandidat auf einem unsicheren Listenplatz die Chance, dank Personenstimmen ein Mandat zu erhalten, so „Mehr Demokratie“. Und bei der SPD war die Liste in Bremen-Stadt 2015 zwar jene mit den meisten Veränderungen – nun aber sinke der Anteil derer, diedurch Personenstimmen in die Bürgerschaft kommen, von zehn auf drei oder vier.
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