Die Vorgeschichte des Kriegs in Sudan: Wie die Warlords mächtig wurden
Aus Partnern wurden Feinde. Sudans Staatschef Burhan und Milizenchef Hametti machten mit dem Staatsterror in Darfur vor zwanzig Jahren Karriere.
Bis 1916 war Darfur, das „Land der Fur“, ein unabhängiges Sultanat gewesen. Dann wurde es in die anglo-ägyptische Sudan-Kolonie eingegliedert und blieb Teil Sudans auch nach dessen Unabhängigkeit 1956.
Beginn des bewaffneten Aufstands war 2003, geführt vor allem von Rebellen der Volksgruppen Fur und Masalit. Sudans damaliger Militärdiktator Omar Hassan al-Bashir setzte gegen die Rebellen nicht nur die regulären Streitkräfte, sondern auch paramilitärische Milizen ein, die sich aus der lokalen arabischen Bevölkerung rekrutierten und eine Kampagne von Landnahme und Massenvertreibung gegen die nichtarabischen Volksgruppen der Aufständischen unternahmen.
Am bekanntesten wurde die Reitermiliz „Janjaweed“, die für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich war. Die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wertet den staatlichen Feldzug in Darfur als Völkermord.
Nach UN-Schätzungen aus dem Jahr 2008 wurden im Darfur-Krieg innerhalb von fünf Jahren 300.000 Menschen getötet und 2,5 Millionen Menschen in die Flucht getrieben – zu Kriegsbeginn lebten in Darfur 6 Millionen Menschen. Bis heute leben zahlreiche Menschen in Darfur in Vertriebenenlagern oder auch in Flüchtlingslagern im benachbarten Tschad.
Aus Partnern wurden Feinde
Die beiden Kontrahenten in Sudan heute, General Abdelfattah al-Burhan als Armeechef und Hamdan Daglo Hametti als Chef der paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces), stiegen beide einst in Darfur auf.
General Burhan kommandierte einst in Zentral-Darfur die Grenzaufklärung und agierte während des Darfur-Krieges als Staatskommissar für die Rebellenhochburg Jebel Marra, ein Bergmassiv im Zentrum der Region.
Hametti baute die Janjaweed-Milizen um seine Heimatstadt Nyala in Süd-Darfur auf. Aus den Janjaweed ging später die von Hametti kommandierte RSF hervor.
Nach dem Sturz von Sudans Diktator Bashir durch das Militär infolge eines Volksaufstandes im April 2019 wurde Burhan Staatschef und Hametti sein Stellvertreter. Die beiden sabotierten den geplanten Übergang zu einer zivilen Demokratie durch einen Putsch im Jahr 2021.
Dieses Jahr entzweiten sie sich entlang der Frage der Eingliederung der RSF in die regulären Streitkräfte. Seit Mitte April führen sie gegeneinander Krieg – in Khartum und zunehmend auch in Darfur, das Hametti als seine Hochburg betrachtet. Seine RSF knüpft dort jetzt an den Janjaweed-Terror von vor zwanzig Jahren an – diesmal aber nicht für die Staatsmacht in Khartum, sondern gegen sie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“