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Die USA unter Donald TrumpMassenabschiebungen würden US-Wirtschaft schwer schaden

Der designierte US-Präsident plant, Aus­län­de­r*in­nen ohne Papiere massenhaft abzuschieben. Vielen Branchen würden damit Arbeitskräfte fehlen.

Will massenhaft Aus­län­de­r*in­nen ohne Papiere abschieben: der designierte US-Präsident Donald Trump Foto: Allison Robbert

Washington afp | Mi­gran­t*in­nen abschieben, Arbeitsplätze für US-Bürger*innen freimachen. Diese Formel propagierte Donald Trump im Wahlkampf. Setzt er seine Pläne für Massenabschiebungen von Aus­län­de­r*in­nen ohne Papiere als Präsident tatsächlich um, drohe den Vereinigten Staaten schwerer wirtschaftlicher Schaden, warnen Expert*innen. Denn viele Branchen sind auf die ausländischen Arbeitskräfte dringend angewiesen.

„Wird diese Politik Wirklichkeit, wird das einen verheerenden Effekt auf die Wirtschaft haben“, sagt die Expertin Elora Mukherjee von der Columbia University. Etwa elf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung leben laut Schätzungen der Behörden in den USA.

Die meisten von ihnen stammen aus Mexiko. Etwa 8,3 Millionen dieser Migrantinnen und Migranten waren 2022 nach Angaben des Instituts Pew Research Center erwerbstätig. Das entspricht knapp fünf Prozent aller Arbeitskräfte.

„Heute werden unsere Städte von illegalen Einwanderern überschwemmt“, sagte Trump auf seiner Wahlkampftour Anfang des Jahres. „Amerikaner werden aus dem Erwerbsleben verdrängt und ihre Arbeitsplätze übernommen.“ Die Realität ist jedoch komplexer: Viele der Branchen, in denen die meisten Einwanderer arbeiten, haben seit langem Schwierigkeiten, US-Arbeitskräfte zu finden.

Baugewerbe und Landwirtschaft besonders betroffen

„Das Baugewerbe und die Landwirtschaft würden mindestens jeden achten Arbeitnehmer verlieren, während im Gastgewerbe etwa jeder 14. Arbeitnehmer aufgrund seines Status ohne Papiere abgeschoben werden würde“, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht zu Trumps Migrationspolitik der gemeinnützigen Organisation American Immigration Council (AIC).

In bestimmten Berufsgruppen wären demnach jedoch noch viel mehr Menschen von den Abschiebungen betroffen: mehr als 30 Prozent der Dachdecker, Stuckateure und Maler und ein Viertel der Reinigungskräfte.

In einer gemeinsamen Studie kommen die Denkfabriken American Enterprise Institute, Brookings Institution und Niskanen Center zu dem Schluss, dass Trumps Migrationspläne das Wirtschaftswachstum in den USA 2025 um bis zu 0,4 Prozentpunkte dämpfen könnten. Zum einen, weil weniger ausländische Arbeitskräfte Waren und Dienstleistungen produzieren würden, und zum anderen durch die fehlenden Konsumausgaben der Abgeschobenen.

Ein solches Szenario würde eintreten, wenn „die legale Einwanderung etwas geringer ist als in der Zeit vor der Pandemie, während die Abschiebemaßnahmen ein in den vergangenen Jahrzehnten ungekanntes Niveau erreichen“, schreiben die Autoren der Studie.

Nach ihren Prognosen könnten bis zum Ende von Trumps zweiter Amtszeit 3,2 Millionen Menschen des Landes verwiesen werden, wobei die Nettomigration – Einreisende minus Ausreisende – von plus 3,3 Millionen in diesem Jahr auf minus 740.000 im nächsten zurückgehen würde. Die Studie geht dabei davon aus, dass auch die Zahl der Migrant*innen, die von sich aus das Land verlassen, stark ansteigen würde.

Das Thinktank Peterson Institute for International Economics berechnete die wirtschaftlichen Folgen für den extremen Fall, dass alle 8,3 Millionen Arbeitskräfte ohne Aufenthaltsgenehmigung ausgewiesen würden. Bei einem solchen Szenario würde die Wirtschaft in Trumps Amtszeit gar nicht mehr wachsen. Gleichzeitig würde die Inflation bis 2026 um 3,5 Prozentpunkte höher liegen als erwartet, weil die Unternehmen höhere Löhne zahlen müssten, um die ausländischen durch US-Arbeitskräfte ersetzen zu können.

Aber selbst in einem weniger drastischen Szenario würden Massenausweisungen die Preise nach oben treiben, fürchten die Analysten. Trumps radikale Pläne für die Migrationspolitik „könnten zu großen Preissteigerungen in bestimmten Wirtschaftssektoren führen“, sagt Michael Strain vom American Enterprise Institute.

Die meisten Experten gehen davon aus, dass rechtliche, logistische und finanzielle Hürden Trumps Vorhaben abschwächen werden – ebenso wie in seiner ersten Amtszeit. Der Ökonom Ryan Sweet von der Wirtschaftsberatung Oxford Economics schreibt an seine Kunden: „Wir bezweifeln, dass die Art von Abschiebungen, die im Wahlkampf vorgeschlagen wurden, tatsächlich stattfinden werden.“

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3 Kommentare

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  • "Der designierte US-Präsident plant, Aus­län­de­r*in­nen ohne Papiere massenhaft abzuschieben. Vielen Branchen würden damit Arbeitskräfte fehlen."



    Andersrum betrachtet: er schafft Arbeitsplätze, ganz wie er seinen Wählern versprochen hat.

  • Wieso versucht die TAZ immer noch Sinn oder Planung in den Äusserungen von Trump zu entdecken.



    Versteht doch, da ist nichts. Nur Lärm und Stimmung.



    Nirgendwo sonst muss man einfach abwarten was konkret übrig bleibt. Und dann muss das Land mit den Konsequenzen der Wahl halt leben.

  • Was mich immer an solchen Überschriften ein bisschen bedenklich stimmt, ist die mehrheitliche Verwendung des Konjunktivs. Seit dem Correctiv-Remigrations-Desaster, wo der Gebrauch des Konjunktivs ebenfalls einen Höhenflug erlebte, bin ich irgendwie sehr vorsichtig geworden. Leider. Als ehem. DDR-Bürger habe ich ein bisschen ein Dejà-Vu. Schade.