Die Situation von Jugendherbergen: „Über weitere Zuschüsse sprechen“

Vom Konjunkturprogramm sollen auch die gebeutelten Jugendherbergen profitieren. Doch die Maßnahmen reichen nicht aus, sagt Verbandschef Julian Schmitz.

Kopfkissen in einem Bett

Leere Betten: Viele Jugendherbergen haben mit finanziellen Problemen zu kämpfen Foto: Fishman/imago

taz: Herr Schmitz, auch die Jugendherbergen leiden stark unter der Coronakrise. Wie sieht es aktuell bei Ihnen aus?

Julian Schmitz: Von den insgesamt 450 Häusern sind inzwischen etwa 150 wieder geöffnet. Wir sind also immer noch in einer recht angespannten Situation. Wegen der sicher zu Recht bestehenden, aber dennoch einschränkenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen können wir keine Vollbelegung fahren. Als klassischer Gruppenreiseanbieter sind wir jedoch auf eine höhere Kapazität angewiesen.

Was passiert, wenn sich an der Situation nichts ändert?

Wir sehen das große Risiko, dass bei fehlender Liquidität in absehbarer Zeit einige Jugendherbergen nicht öffnen können. Wir erwirtschaften 30 bis 40 Prozent unseres Jahresumsatzes mit Klassenfahrten. Aufgrund der Schulschließungen und der aktuellen Situation gehen wir davon aus, dass diese Gelder mindestens bis Ende des Jahres fehlen. Das zu kompensieren ist eine sehr, sehr große Herausforderung.

Im Zuge des Konjunkturprogramms will der Bund Kredite im im Rahmen von 1 Milliarde Euro vergeben, damit die Länder gemeinnützige Institutionen wie die Ihre unterstützen können. Reicht das?

Wir sehen das Engagement und dass man uns im Blick hat. Es gibt aber weitere Punkte, die für uns relevant sind. Im aktuellen Entwurf werden die Darlehen, die es für unsere Häuser geben kann, zu 80 Prozent über den Bund und zu 20 Prozent über die Länder abgesichert. Jetzt gilt es zu verhindern, dass dadurch ein Flickenteppich entsteht. Als gemeinnützige Organisation sind wir zudem nur sehr begrenzt in der Lage, Rücklagen zu bilden. Ferienfreizeiten sind bewusst niedrigpreisiger, damit jeder und jede sich das leisten kann. Wir haben weniger Möglichkeiten, Geld einzunehmen.

Julian Schmitz, 35, ist Chef des Bundes­verbands Deutscher Jugend­herbergen.

Sie haben ein Petition zur Rettung der Jugendherbergen gestartet und darauf hingewiesen, dass direkte finanzielle Unterstützungsleistungen für die Mehrzahl der Jugendherbergen in Deutschland nicht greifen. Wieso nicht?

Die Petition haben 135.000 Personen unterschrieben. Vor 14 Tagen haben wir sie an den Petitionsausschuss des Bundestages übergeben. Das ist ein Appell an die Politik. Die Aussage bezieht sich auf KfW-Darlehen für gemeinnützige Unternehmen. Im Konjunkturprogramm wurde hier nachgebessert, es geht hier explizit auch um gemeinnützige Unternehmen. Zum Zeitpunkt des Petitionsstarts vor circa acht Wochen war das noch völlig offen. Vor diesem Beschluss sind gemeinnützige Organisationen bei KfW-Darlehen völlig durchs Raster gefallen.

Wie lassen sich Schließungen verhindern?

Wir müssen über weitere Zuschüsse sprechen. Diese lediglich für Juni, Juli und August anzusetzen, wird nicht ausreichen. Was uns auch noch hilft, ist ein maßvoller Umgang mit dem Absagen von Klassenfahrten.

Ist eine Wiederöffnung weiterer Jugendherbergen in Sicht? Wäre diese aus Ihrer Sicht überhaupt vertretbar?

Wir haben einige Jugendherbergen bereits wieder am Netz. Wir haben gemeinsam mit einer Fachärztin für Hygienemanagement ein umfangreiches Hygienekonzept entwickelt, unter Anpassungen gemäß der Voraussetzungen der jeweiligen Bundesländern. Wir leisten ein Höchstmaß an Sicherheit für unsere Gäste und Mitarbeitenden und halten Öffnungen für vertretbar.

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