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„Die Situation beruhigen“

■ Anders als sein Parteifreund Rolf Herderhorst sieht Innensenator Kuno Böse derzeit keine Anhaltspunkte für Verbot des Vereins Milli Görüs

Nachdem Teile der Bremer CDU ein Verbot der islamischen Milli Görüs-Organisation forderten, ist ein Streit über den auch im Stadtstaat vom Verfassungsschutz beobachteten Verein entbrannt. Die Grünen sagen, Milli Görüs sei eine der tolerantesten islamischen Gemeinden Bremens, Rolf Herderhorst (CDU) geht davon aus, dass bei einer Verschärfung des Krieges gegen die Taliban Gefahr von Milli Görüs drohen könnte. Die taz fragte Innensenator Kuno Böse (CDU).

taz: Niedersachsen und Bayern, ein SPD- und ein CSU-geführtes Bundesland, denken über ein Verbot von Milli Görüs nach. Was plant Bremen?

Kuno Böse:Nur der Bundesinnenminister kann eine bundesweit tätige Organisation verbieten.

Das scheint Herrn Gabriel und Herrn Stoiber nicht zu stören.

Formal ist das aber so. Wenn bundesweit ein Verein verboten werden soll, dann fragt der Bundesminister jedoch die jeweiligen Länder nach Stellungnahmen ab.

Was würden Sie Herrn Schily denn bezüglich der 900 Bremer Milli Görüs-Mitglieder sagen?

Die Vorgehensweise bei dem Verbot eines Vereins ist gesetzlich klar geregelt. Erstens hat sich der Verein in Bremen nicht strafbar gemacht. Allerdings wird bei Milli Görüs diskutiert, ob sie Gewaltenteilung, Gleichstellung von Mann und Frau und die Trennung von Staat und Religion anerkennt. Das erwähnen fast alle Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern. Jedoch sind diese Aussagen älteren Datums.

Hat sich seit dem 11. September die Ausrichtung der Organisation verändert? Der Bremer Verfassungsschutz registrierte „klammheimliche Freude“ in der Gröpelinger Fatih-Moschee nach den Anschlägen auf die USA.

Ich zweifle, ob sich dadurch ein Verbot wegen Verstosses gegen die verfassungsmäßige Ordnung begründen ließe. Außerdem möchte ich betonen, dass ich diesen internen Bericht weder in die Öffentlichkeit gebracht noch mich davon distanziert habe.

Und was ist mit dem letzten Kriterium, das ein Verbot rechtfertigte: „gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet“?

Auch hier gibt es Belege in den Verfassungsschutzberichten über eine antijüdische und antiisraelische Haltung des Vereins.

Auch in Bremen?

Nein.

Was würden Sie Schily also antworten, wenn er nach Anhaltspunkten für ein Verbot in Bremen fragen würde?

Dass wir gegenwärtig keine neuen Erkenntnisse haben, die qualitativ anders wären als in der Vergangenheit und damit ein Verbot rechtfertigen würden.

Heißt das, dass die Beobachtung durch den Bremer Verfassungschutz eingestellt wird?

Nein. Der Verein muss weiter beobachtet werden, weil es in der Vergangenheit verfassungsfeindliche Tendenzen gab. Dazu ist der Verfassungsschutz per Gesetz sogar verpflichtet.

Stellen Sie sich gegen den innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Rolf Herderhorst, der ein Verbot von Milli Görüs forderte?

Nein. Auf der einen Seite kann und will ich einen Verein, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird, nicht reinwaschen, auf der anderen kann ich auch nicht so tun, als ob alle Kriterien für ein Verbot vorlägen. Aber mir liegt am Herzen, aufzuklären und die Situation zu beruhigen.

Ist Bürgermeister Scherf „naiv“, wenn er sich mit Milli Görüs-Leuten trifft? Das meint jedenfalls CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff.

Als Mitglied des Senats gebe ich dazu keinen Kommentar ab.

Sind Sie auf das Angebot der Milli Görüs-Leute zu einem klärenden Gespräch eingegangen?

Ein solches Treffen kann leider nicht zustande kommen. Der für Innere Sicherheit zuständige Senator sollte nicht mit Personen reden, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Es wäre ja auch merkwürdig, wenn ich mich mit einem NPD-Mann treffen würde – diese Organisation wird auch überwacht.

Fragen: Kai Schöneberg

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