: Die Schweiz wird zum neuen Transitland für Tausende Flüchtlinge
Schweiz Von etwa 95.000 Bootsflüchtlingen, die in diesem Jahr über das Mittelmeer nach Italien gelangt sind, ziehen die meisten weiter nach Norden
Deutschland habe deshalb seine Kontrollen an der Grenze zur Schweiz verstärkt und „in den letzten Wochen rund 90 Grenzwächter und 40 Bundespolizisten zusätzlich an diesen Grenzabschnitt delegiert“, sagte Finanzminister Ueli Maurer, der auch für das Schweizer Grenzwachtkorps zuständig ist.
Das Bundesinnenministerium in Berlin bestätigte, dass die Zahl der Einreisen von Flüchtlingen aus der Schweiz gestiegen ist. Sie liege aber bislang noch pro Tag „im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich“, erklärte ein Sprecher. „Die Entwicklung steht im Zusammenhang mit der nach wie vor bedeutsamen Mittelmeerroute nach Italien.“
Neben der Schließung der Balkanroute, auf der Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland kamen, hat nach Ansicht der NZZ eine langjährige Schweizer Praxis „unfreiwillig eine Sogwirkung“: Flüchtlinge, die aus Italien in der Schweiz ankommen, werden aus Kapazitätsgründen regelmäßig nach Basel und Kreuzlingen an der deutschen Grenze gebracht. Schweizer Behörden hätten bis Ende Juli 4.833 „unkontrollierte Abreisen“ verzeichnet – „vermutlich in den meisten Fällen nach Deutschland“. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die Bundespolizei ergreife an der Grenze zur Schweiz „wie bereits seit Wiedereinführung der Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze einreiseverhindernde beziehungsweise aufenthaltsbeendende Maßnahmen“. Dabei gebe es zwischen der Schweiz und Deutschland einen regelmäßigen Informationsaustausch.
Nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex sind in Italien seit Jahresbeginn etwa 95.000 Bootsflüchtlinge angekommen. Allein im Juli kamen etwa 25.300 – 12 Prozent mehr als im Juli 2015. Die meisten dieser Migranten stammten aus Nigeria und Eritrea.
In der italienischen Stadt Como an der Grenze zur Schweiz kampieren seit Wochen Hunderte Flüchtlinge, die von der Schweiz abgewiesen wurden. Dazu erklärte das eidgenössische Grenzwachtkorps, man lasse nach wie vor Menschen ins Land, die in der Schweiz um Schutz nachsuchen. Abgewiesen werde, wer kein Asylgesuch stelle oder durch die Schweiz nach Norden reisen wolle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen