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Die Politik drückt sich davor, die Parteienfinanzierung zu stutzenReformer aus dem Seniorenheim

Zugegeben, der äußere Anblick ist nicht zwangsläufig eine politische Kategorie. Aber seit den greisenhaften Politbüros eines Breschnews oder Honeckers ist bekannt, dass es so ganz falsch nicht ist, bei der Beurteilung von politischer Reformfähigkeit den Augenschein zu berücksichtigen. Wer einst neben Breschnew vom Lenin-Mausoleum herab den Massen zuwinkte, war für alle Welt sichtbar nicht mehr in der Lage, neue Impulse zu geben.

Jetzt hat der Bundespräsident eine Kommission von Sachverständigen zur Parteienfinanzierung eingesetzt und deutlich gemacht, dass er sich von ihr weitreichende Reformvorschläge wünscht. Welche Lehren die Republik aus der Affäre Kohl zieht, wird hier wesentlich bestimmt. Angesichts der Bedeutung des Gremiums ist es fatal, wen die im Bundestag vertretenen Parteien in den Beirat entsandten. Die Truppe trauriger Expolitiker hat sich schon bei ihrer öffentlichen Vorstellung durch Rau diskreditiert.

Die Vertreter zweier Parteien waren erst gar nicht erschienen, der erste weil ihm offenbar andere Termine wichtiger waren, der zweite wegen Krankheit. Ein dritter betrat den Saal am Krückstock, vermochte sich aber trotzdem nicht einmal für die Dauer der knapp fünfminütigen Ansprache des Bundespräsidenten auf den Beinen zu halten. Er musste nach neunzig Sekunden auf einem bereitstehenden Rentnerbänkchen Platz nehmen. Die vierte Partei hatte einen seit bald einem Jahrzehnt pensionierten Ex- Funktionär geschickt, der an wächserner Bleiche Madame Tussauds zur Ehre gereicht hätte. Verglichen mit seinem früheren runden Selbst muss er einen dramatischen Verfallsprozess hinter sich haben.

Nun ist körperlicher oder geistiger Abbau nicht vorwerfbar (weswegen auch die Namen der Betroffenen nichts zur Sache tun) – doch den Parteien ist vorzuwerfen, nicht agilere Köpfe entsandt zu haben. Von diesem Seniorenheim ist die Erneuerung der Parteiendemokratie, die vielbeschworene Mobilisierung ihrer Selbstreinigungskräfte nicht zu erwarten. Selbst die zwei bekanntesten Figuren des Beirats sind problematische Besetzungen. Hans-Jochen Vogel, der Multifunktions-Demokrat der SPD, ist ganz ohne Zweifel ein Ehrenmann und in der Zwangsarbeiterfrage einer der verdienstvollsten Akteure überhaupt. Seine Tauglichkeit für eine Reform der Parteienfinanzierung darf aber angezweifelt werden – zu viele Jahrzehnte war er auf unzähligen Posten Teil des Parteiensystems, das es jetzt dramatisch zu stutzen gilt. Dasselbe gilt für Hans-Dietrich Genscher. Der Meister im schadlosen Überdauern von Systemwechseln ist das liberale Pendant zur Kohlschen Permanenz. Insofern passt der Abgesandte der PDS besser in die Runde, als den übrigen Parteien lieb sein kann: Günther Maleuda wirkte schon unter Erich Honecker systemstabilisierend. Als 1987 in der DDR der Kampf gegen Glasnost und Perestroika so richtig in Schwung kam, wurde Maleuda gerade stellvertretender Staatsratsvorsitzender.

Es mag durchaus zutreffen, dass die Spendenaffäre keine Staatskrise ist, wie Johannes Rau und Gerhard Schröder gerne betonen. Vielleicht ist sie nicht einmal eine Krise des Parteienstaats. Mit Sicherheit handelt es sich aber um eine Krise der Parteienfinanzierung. Wenn nunmehr die Parteien das einzige bestehende Instrument zur Korrektur der Misere nicht ernster nehmen, entlarven sie die Beteuerungen ihres Reformwillens als hohl.

Dabei können die Parteien durchaus anders, wenn ihnen die Arbeit eines Beratergremiums am Herzen liegt. In der Rau-Kommission sind CDU und CSU durch einen unauffälligen Staatsminister a. D. sowie Ex-Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle repräsentiert. Für die Reform der eigenen Partei hat Parteichef Schäuble sich wohlweislich Berater von anderem Kaliber ausgewählt: Ex-Bundespräsident Herzog, Ex-Bundesbankpräsident Tietmeyer und der frühere Verfassungsrichter Papier denken überparteilich und sind trotz ihres Alters politisch und geistig auf der Höhe.

Vor der Spendenaffäre hätte die Besetzung der Rau-Kommission vielleicht noch durchgehen können. Doch seit der Diskussion um Kohl und die Folgen ist sie eine Blamage. Es bleibt zu hoffen, dass die Altpolitiker sich möglichst wenig in die Arbeit der Sachverständigen einmischen. Patrik Schwarz

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