Die Piraten ziehen in den Saar-Landtag ein: Von null auf acht in 80 Tagen

Trotz des kurzen Wahlkampfs schaffen es die Piraten im ländlich geprägten Saarland locker über die 5-Prozent-Hürde und feiern sich als stärkste liberale Partei.

Gewonnen, gewonnen! Saar-Piraten feiern auf einer Wahlparty. Bild: dapd

SAARBRÜCKEN taz | Sie haben es geschafft: Die Piraten sind laut ersten Hochrechnungen mit fast 8 Prozent in den saarländischen Landtag eingezogen. „20.000 Piraten in ganz Deutschland sind jetzt stolz auf euch“, jubelte Johannes Thon von den rheinland-pfälzischen Piraten, der am Sonntag nach Saarbrücken gekommen war.

Als um Punkt 18 Uhr die erste Hochrechnung im Fernsehen lief, brach schon beim Bekanntwerden des schlechten Abschneidens der FDP erster Jubel aus. Beim Ergebnis der Piraten gab es dann kein Halten mehr. „Wir sind die stärkste liberale Partei“, rief Thon in die Menge. Die jubelte frenetisch.

Bereits nachmittags hatten sich in der Bar Canossa auf dem Saarbrücker Uni-Campus rund 120 Piraten zur Wahlparty getroffen. Von Anspannung war bis kurz vor Bekanntwerden der Ergebnisse wenig zu spüren. Kurz vor 18 Uhr stieg die Spannung doch sichtbar an. Alle versammelten sich vor der großen Leinwand. Die bunt gemischte Truppe, jung wie alt, unter ihnen mehr Männer, aber auch etliche Frauen, lag sich in den Armen und schwenkte orangefarbene Piratenfähnchen.

Dasselbe Bild der Zufriedenheit gab es auch im Saarbrücker Messezentrum zu sehen, wo sich die vier SpitzenkandidatInnen, die nun voraussichtlich in den Landtag einziehen: Jasmin Maurer, Nummer eins der Landesliste, sowie die drei Frontmänner der Kreislisten Michael Hilberer, Andreas Augustin und Michael Neyses. „Wir fühlen uns super“, sagte Neyses.

Keine Eintagsfliege

Mit diesem Ergebnis haben die Piraten die Bewährungsprobe zumindest vorerst bestanden: Sie sind keine politische Eintagsfliege. Denn nach dem Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus im September war mit großer Spannung auf das Saarland geblickt worden.

In Umfragen lag die Partei zwar bei gut 5 Prozent, trotzdem war dieser Erfolg in Deutschlands kleinstem Flächenbundesland nicht unbedingt absehbar. Als am 6. Januar die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP auseinanderbrach, waren die erst 2009 gegründeten Saar-Piraten nicht auf Neuwahlen vorbereitet, die schon 80 Tage später anstanden. In Windeseile mussten eine Landesliste und drei Kreislisten aufgestellt werden, natürlich – wie es sich für die Piraten gehört – basisdemokratisch.

Erst vor gut zwei Wochen gab sich die Partei, die knapp 400 Mitglieder hat, dann noch ein Wahlprogramm. Da das eher ländlich geprägte Saarland kein typisches Piraten-Revier ist, setzte die Partei weniger auf Netzthemen als etwa in Berlin. Die Saar-Piraten bekennen sich zur Schuldenbremse und zum Länderfinanzausgleich. Außerdem sind sie für einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und gegen Studiengebühren.

Transparenz und Bürgerbeteiligung

Doch vor allem geht es um die Themen Transparenz und Bürgerbeteiligung. Besonders über das Internet soll es mehr Möglichkeiten geben, sich an politischen Prozessen zu beteiligen. „Dass die Leute bei uns ihre Idee einbringen können, macht uns so attraktiv“, sagte Parteisprecher Thomas Brück. Sein erklärtes Ziel ist es, „die Menschen wieder für Politik zu begeistern“.

Die bisher im politischen Betrieb unerfahrenen Piraten müssen nun beweisen, dass sie ihre Ziele im Landtag voranbringen können. Die große Motivation, die am Wahlabend spürbar war, spricht schon mal dafür. „Wir werden nun eine Fraktion bilden und dann vor allem das Thema Transparenz in den Landtag bringen“, sagte Neyses.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.