Ökolumne: Die „Ökorente“
■ Ein neues Rentensystem ist gut mit der Ökosteuer kombinierbar
Mit der ökologischen Steuerreform will die Bundesregierung bis zum Jahr 2003 die Energiesteuern um rund 32,5 Milliarden Mark gegenüber 1998 anheben und im Gegenzug die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung um 1,8 Prozent senken. Ob die energie-, arbeitsmarkt- und rentenpolitisichen Ziele damit jedoch erreicht werden, ist fraglich. Der Altersvorsorge zumindest wäre besser gedient, wenn die Einnahmen der Ökosteuer zur Förderung der privaten Vorsorge verwendet würden.
Im bestehenden Umlageverfahren der Altersversorgung finanzieren die Beitragszahler den Lebensunterhalt der Rentner. Da die Rentenbeiträge verbraucht und nicht gespart werden, können sie auch keine einklagbaren zukünftigen Rentenansprüche begründen. Also kann die gegenwärtige Generation der Beitragszahler nur hoffen, dass die zukünftige an dem Verfahren festhält. Diese Hoffnung kann überhaupt nur erfüllt werden, wenn es genug Nachkommen gibt. Entscheidet sich die heutige Generation jedoch für weniger Kinder, so verlangt die Logik des Systems, dass sie sich auch mit weniger Rente zufriedengibt. Höhere Beiträge kommen nicht in Frage, da die Schmerzgrenze bei der Beitragshöhe schon überschritten ist. Auch Zuschüsse aus dem allgemeinen Steueraufkommen helfen nicht weiter, da die Steuerschraube überdreht ist und auch die Zahl der Steuerzahler abnimmt. Die Renteneinnahmen und damit auch die späteren Renten werden also sinken – solange sie aus dem Umlageverfahren gewährt werden.
Dieses Verfahren hat also den Nachteil, dass sich das Verhältnis zwischen Erwerbseinkommen und Renteneinkommen für den Einzelnen aus der Geburtenrate der Gesamtbevölkerung ergibt. Sinkt sie, kann er seinen Lebensstandard im Alter nur dadurch bewahren, dass er während seiner Erwerbstätigkeit zusätzliche Ersparnisse ansammelt, mit denen er dann im Ruhestand seine gesetzliche Rente aufstockt. Fairerweise sollte der Staat – der schließlich das obligatorische Umlageverfahren eingeführt hat – individuelles Sparen für die Altersvorsorge erleichtern. Dazu würde gehören, für das Alter bestimmte Einkommen erst dann zu besteuern, wenn sie verbraucht werden. So könnten Erparnisse aus dem Bruttoeinkommen gebildet und bei Auflösung im Rentenalter wie normales Einkommen besteuert werden.
Steuerpolitiker allerdings reagieren auf diese so genannte nachgelagerte Besteuerung von Einkommen mit Schrecken. Zwar bleiben die Steuereinnahmen auf lange Sicht unverändert, wenn genau so viel Ersparnisse aufgelöst (und besteuert) wie (steuerfrei) gebildet werden. Aber in der Anfangsphase gehen die Steuern auf die fürs Alter zurückgelegten Ersparnisse verloren, ohne dass ihm Einnahmen über die dann besteuerten Renten gegenüberstehen. Deshalb wird die nachgelagerte Besteuerung oft als nicht machbar zurückgewiesen.
Dabei sind Lösungen durchaus vorstellbar. So könnte der Staat den vorübergehenden Steuerausfall durch Ausgabeneinsparungen kompensieren – aber auch durch zeitlich begrenzte Zusatzeinnahmen. Und hierbei könnte eine auf Energieeinsparungen abzielende Ökosteuer eine hilfreiche Rolle spielen: Ist sie erfolgreich, so wird sie im Laufe der Zeit den Energieverbrauch und damit ihr eigenes Aufkommen verringern. Während sie sich also schlecht für eine Dauerfinanzierung von Rentenleistungen aus dem Umlageverfahren eignet, könnte sie durchaus den Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung der Altersversorgung finanzieren.
Dabei würde es das geplante Ökosteueraufkommen von 32,5 Milliarden Mark ab 2003 erlauben, den durchschnittlichen Steuerzahler jährlich 3.250 Mark von seinem Bruttoeinkommen für die private Altersvorsorge zurücklegen zu lassen. Über 30 Jahre hinweg käme so bei einem Realzins von 3 Prozent eine Altersversorgungsrücklage von etwas mehr als 150.000 Mark zusammen.
Fazit: Wer mit der Ökosteuer gezielt den Energieverbrauch verringern will, sollte vermeiden, die Steuereinnahmen als feste Größe für die Zunkunft zu verplanen. Diese Steuer eignet sich besser für die Anschubfinanzierung der nachgelagerten Besteuerung im Rahmen der privaten Altersvorsorge als zur permanenten Unterstützung der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Arbeitsmarktpolitik taugt die Ökosteuer ohnehin wenig. Beschäftigungspolitische Ziele müssen mit anderen Instrumenten verfolgt werden. Thomas Mayer
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