■ Die NPD darf am 1. Mai in Leipzig nicht marschieren: Ein Verbot als Lückenbüßer
Das Verbot ist bestätigt, der Leipziger „Kampftag für Arbeit“ der Rechtsextremen am 1. Mai findet auf richterliche Weisung nicht statt. Verboten wird die Demonstration allerdings mit einer haarsträubenden Begründung, die letztlich nur Wasser auf die Mühlen der Organisatoren von der NPD, den Jungen Nationaldemokraten und des sogenannten „Nationalen Widerstands“ ist.
Die Verbotsbegründung ist juristisch recht mühsam zurechtgebogen, denn die Demonstration als solche wird ja gar nicht untersagt. Das Verbot stützt sich allein darauf, daß deren ordnungsgemäßer Verlauf nicht gewährleistet werden kann, ergo die öffentliche Sicherheit gefährdet ist – weil nicht genug Polizei an diesem Tag aufgeboten werden kann. Das Recht zum Demonstrieren wird der NPD dabei ausdrücklich zugebilligt, nur halt nicht an diesem Tag, die widrigen Umstände und so weiter.
Eine bessere Steilvorlage kann man den Nationaldemokraten und deren dumpfem Anhang nicht liefern. „Antidemokratisch“, werden sie jetzt schreien und wie im vergangenen Jahr über eine „Gesinnungsdiktatur“ klagen und „staatliche Repressionsmaßnahmen“. Sieht man von der kruden Wortwahl ab: So ganz falsch sind die Vorwürfe nicht.
Das Versammlungs- und das Demonstrationsrecht sind schließlich nicht teilbar. Solange eine Partei wie die NPD zu Wahlen zugelassen wird, solange muß ihr auch erlaubt sein, sich zu artikulieren. Das heißt, öffentlich aufzutreten oder zu demonstrieren. Wer, wie jetzt in Leipzig geschehen, die Demonstrationsfreiheit mit dem Hinweis auf ihre mangelnde Durchsetzbarkeit einschränkt, der schränkt damit das Grundrecht selbst in seinem Kerngehalt ein. Das mag schwer auszuhalten sein, denn es bedeutet auch, daß man Parolen wie „Deutsche Arbeit für deutsche Arbeiter“ ertragen muß. Aber zweierlei Maßstäbe beim Demonstrationsrecht kann es nicht geben.
Natürlich gibt es aber Grenzen, an die auch eine NPD stößt. Diese sind im Strafrecht definiert, sie stellen zum Beispiel Volksverhetzung unter Strafe. Wer trotzdem die Auffassung vertritt, der NPD gehörten ihre fremdenfeindlichen und rechtsextremen Auftritte samt und sonders verboten, der muß konsequenterweise fordern, die NPD als Partei zu verbieten – nicht deren Aufzüge. Dafür gibt es den Gang vor das Karlsruher Verfassungsgericht. Doch dieser Schritt wird gegenwärtig nicht erwogen – aus Gründen der politischen Opportunität. Opportunismus war aber noch nie ein Synonym für Freiheit. Wolfgang Gast
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