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Die Linke vor den LandtagswahlenAustaktiert

In den ostdeutschen Ländern ist die Linke auf dem absteigenden Ast. Daran ist auch ihre unentschlossene Politik der vergangenen Jahrzehnte schuld.

Sebastian Walter und Kathrin Dannenberg beim Wahlkampf in Luckenwalde Foto: dpa

DELITZSCH/LUCKENWALDE taz | Am Donnerstagmittag hängt ein grauer Himmel über Delitzsch. Von den Wahlplakaten grüßt SPD-Direktkandidat Martin Holke, der so unglücklich schaut, als hätte er gerade die neuesten Umfrageergebnisse seiner Partei erfahren. Die Linke wirbt aus Tradition für den „Weltfrieden“, auch wenn der sächsische Landtag nicht viel Einfluss darauf haben mag.

Um 11.59 Uhr rollt „Schwester Agnes“ auf dem Roßplatz vor. 1975 fuhr sie in einem populären Defa-Spielfilm als Gemeindeschwester über die Dörfer der Oberlausitz. Nun hat Die Linke die Erinnerung an sie für den Wahlkampf reaktiviert. Aus zwei Transportern laden Linke-Mitarbeiter eine weiße Schwalbe aus, den DDR-Motorroller, den Schwester Agnes fuhr. Dann stehen sie etwas verloren neben dem Brunnen auf dem Roßplatz herum. Der Standort ist nicht gut gewählt. Der Platz liegt etwas abseits der Einkaufsstraße, es gibt keine Fußgänger, denen man Handzettel und ein Gespräch aufdrängen kann.

„Wie läuft’s?“ Luise „Ise“ Neuhaus-Wartenberg, Platz 9 der sächsischen Landesliste, irgendwie punkige Frisur, überlegt: „Na ja. Mal so, mal so.“ Die Linke setzt in diesem Wahlkampf auf das Thema Landflucht. Neben Schwester Agnes rollt auch ein „Tante Emma“-Laden über die Dörfer. Aber ob es hilft? In Sachsen steht die Linke laut der letzten Umfrage derzeit bei 16 Prozent, fast drei Prozentpunkte weniger als 2014. In Brandenburg sieht es ähnlich aus. In Thüringen, wo erst Ende Oktober gewählt wird, liegt die Linke mit Ministerpräsident Bodo Ramelow immerhin noch bei 25 Prozent. Aber auch das wären drei Prozentpunkte weniger als 2014. Bei diesen Landtagswahlen könnte zu Ende gehen, was lange ein unaufhörliches Erfolgsduo zu sein schien: die Linke und der Osten.

„Viele Menschen hier sind richtig böse“, sagt Neuhaus-Wartenberg. „Nach der Wende haben sie geglaubt, dass richtig was losgeht. Sie haben sich selbständig gemacht, nicht um eine Altersversorgung gekümmert, sind irgendwann krank geworden.“ Heute wüssten sie oft nicht mehr, wie sie den Strom für den nächsten Monat bezahlen können. Sie glaubten der Linken oder der CDU nichts mehr, nur noch der AfD. Dabei galt die Linke doch als die Kümmererpartei des Ostens.

Linke Koalitionsräson

Einhundert Kilometer weiter nördlich, in Brandenburg. Während Die Linke in Sachsen nie regiert hat, ist sie in Potsdam seit 2009 in einer Koalition mit der SPD. Parteiintern gelten die Brandenburger Linken als bieder. Diverse Minister mussten zurücktreten, viel Innovatives hörte man von ihr nicht. Das wichtigste Projekt der noch amtierenden Landesregierung: eine Kreisreform, die die ohnehin weit geschnittenen Kreise noch einmal vergrößert hätte.

Kathrin Dannenberg, 53, hat die Kreisreform mitgetragen. Heute ist sie eine der beiden Spitzenkandidaten der Brandenburger Linken. Anfang August steht sie am Wahlkampfstand in Luckenwalde – und kann sich noch immer über den Moment empören, als die Kreisreform beerdigt wurde: „Ministerpräsident Woidke hat sie gegenüber Journalisten auf einem Parkplatz abgesagt.“ Ohne die Linke vorab zu informieren.

taz ost

Sechs Wochen im Osten: Vor der Landtagswahl in Sachsen am 1. September 2019 war die taz in Dresden. Seit dem 22. Juli waren wir mit einer eigenen Redaktion vor Ort. Auch in Brandenburg und Thüringen sind bzw. waren wir vor den Landtagswahlen mit unserem #tazost-Schwerpunkt ganz nah dran – auf taz.de, bei Instagram, Facebook und Periscope. Über ihre neuesten Erlebnisse schreiben und sprechen unsere Journalist*innen im Ostblog und im Ostcast. Begleitend zur Berichterstattung gibt es taz Gespräche in Frankfurt (Oder), Dresden, Wurzen und Grimma. Alle Infos zur taz Ost finden Sie auf taz.de/ost.

Vielleicht charakterisiert die brandenburgische Linke nichts so sehr wie der Umgang mit der Kreisreform: Sie war ein Projekt der SPD, das die Linke nach internen Debatten durchwinkte. Als der Widerstand in der Bevölkerung wuchs, war es auch die SPD, die das Projekt beendete. Die Linke stand aus Koalitionsräson dazu.

Und vielleicht ist das mit der Linken und den Ostdeutschen ohnehin ein Missverständnis. Der Soziologe Wolfgang Engler hat 1999 den Essayband „Die Ostdeutschen“ geschrieben. Darüber, wie in der DDR die Geschichte im Zweifelsfall Regierung und linke Intellektuelle gegen die Bevölkerung zusammenbrachte, weil das Land nicht durch eine Revolution entstanden war, sondern durch das Ende der Nazidiktatur. Wie sich in den achtziger Jahren die linke Opposition spaltete, in SED-Reformer und Systemgegner.

„Ursprünglich in Funktionärsfamilien herangewachsen und geistig geprägt, entwickelten die Reformisten von früh an einen politisch-pragmatischen Blick auf die Wirklichkeit“, schreibt Engler. „Wirkliche Systemveränderungen konnten [für sie] nur von oben und innen eingeleitet werden; aus den Organisationen, Institutionen heraus; durch taktische Mitgliedschaften; durch kluge Umfunktionierung der Apparate für eigene Zwecke.“

Aber 1989 siegten Opposition und Bevölkerung gegen den Apparat. Erst die anschließende Politik schweißte SED-Reformer und Bevölkerung zusammen: Über die einen verhängte die SPD ein Aufnahmeverbot, die anderen traf der wirtschaftliche Kahlschlag. Sodass sich die PDS in den neunziger Jahren als Repräsentant des Ostens fühlen konnte. Erstmals repräsentierte die Partei tatsächlich nennenswerte Teile der Bevölkerung.

Erfolglos wie die SED-Reformer

Als die PDS in die Landesregierungen kam, setzte sie den Politikstil der SED-Reformer fort. Vorsichtig, taktisch, große Konzessionen machend, unideologisch. So verscherbelten Berlin und Dresden ihre kommunalen Wohnungen. Und überall hieß die Antwort auf die Landflucht, die dem wirtschaftlichen Niedergang folgte: die öffentliche Infrastruktur zurückbauen.

Die PDS und die Linke waren in den Landesregierungen ähnlich erfolglos wie zuvor die SED-Reformer in der SED. Auch deshalb ist heute im Osten die Frontstellung der frühen DDR zurückgekehrt: Partei und linke Intellektuelle gegen den Rechtsradikalismus in der Bevölkerung.

„Ich hätte mir mehr Mut gewünscht, dem Zeitgeist zu widerstehen“, sagt Sebastian Walter, Ko-Spitzenkandidat der brandenburgischen Linken, wenn er über die Phase der Linken spricht, in der sie den öffentlichen Dienst schrumpfte und öffentliches Eigentum verkauften. „Wir waren zu lange still.“ Walter, 29, steht für einen Neuaufbruch der Linken in Brandenburg: Mit Antifa-Demonstrationen sozialisiert, DGB-Regionalgeschäftsführer. Walter will mehr Staat. Sogar der Rettungsdienst soll wieder in öffentliche Hand.

„Die Treuhanderfahrung wirkt bis heute im Osten nach“, sagt Walter am Rande des Infostands auf dem Luckenwalder Markt. „Es gibt kaum jemand über 50, der nicht eine Insolvenz oder Kündigung erlebt hat.“ Walter ist eloquent und engagiert – das Gegenteil jener grauen Funktionärskultur, die die Linke im Osten oft kennzeichnet.

Für diese Wahl mag er noch zu neu und unbekannt sein, um die Linke entscheidend nach oben zu ziehen. Langfristig könnte er für einen Neuaufbruch der Linken in Brandenburg stehen: eine, die härter das eigene Programm gegenüber den Koalitionspartnern vertritt und sich um die Bevölkerung kümmert.

Der nächste Umbruch

Wenn nicht der nächste industrielle Umbruch in Brandenburg anstünde. Im Süden des Landes, der Lausitz, werden die Braunkohletagebaue bis 2038 abgewickelt. Die Linke hat lange die Pro-Kohle-Politik der SPD mitgetragen, will nun aber noch schneller aussteigen. Dank des Kohlekompromisses wird eine Menge Geld für den Strukturwandel in die Lausitz fließen.

Aber Brandenburg hat keine guten Erfahrungen mit dem Neuaufbau nach einem industriellen Kahlschlag. Die Leuchtturmprojekte der neunziger und nuller Jahre wie die Cargolifter-Fabrik scheiterten, auch den Umstieg auf erneuerbare Energien kann man nicht mehr als Erfolgsrezept verkaufen. Die Solarfabriken in Frankfurt (Oder) haben längst wieder dichtgemacht.

„Wir werden nicht jeden Industriearbeitsplatz durch einen neuen Industriearbeitsplatz ersetzen können“, sagt Walter. „Wir können Infrastruktur schaffen: Bahnanbindungen, Busse, Internet. Brandenburg hat wirtschaftliches Potenzial.“

Die Linke ist grüne Politik plus Verstaatlichungen, heißt die neue Linie

In diesem Wahljahr hat Die Linke noch einmal die Treuhand als großes Thema entdeckt. Vielleicht auch, weil damals die Fronten eindeutig waren: Es waren der Westen und die CDU, die den Osten nach der Wende abbauten. Jetzt übernimmt die Linke den Abbau Ost selbst. Aus Gründen. Aber mit ungewissem Ausgang.

Und ist dies nun Zeitgeist oder der Mut, ihm zu widerstehen? In Berlin verkündet Parteichef Bernd Riexinger in diesem Sommer im Wochentakt neue Ideen, was Die Linke verstaatlichen könnte: Mal sind es Energiekon­zerne, mal Luftverkehrsgesellschaften. Es sieht nach einer neuen Parteilinie aus: Die Linke, das ist grüne Politik plus Verstaatlichungen. Haken: Klimaschutz ist populär, Verstaatlichungen sind es nicht. Mit dem Klimathema gewinnt man die Jugend, verliert aber Ältere im Osten. Opfert die Linke nun den Osten, um endlich im Westen anzukommen?

Auch in Sachsen hat Die Linke neue Ideen für Vergesellschaftungen. Läden im ländlichen Raum könnten künftig von einer öffentlichen Gesellschaft betrieben werden. Oder von Genossenschaften: „In Südtirol gibt es Dorfläden auf 2.500 Meter Höhe“, sagt Luise Neuhaus-Wartenberg. „Wenn sie nicht genug Umsatz erwirtschaften, zahlt der Staat Beihilfen.“ Statt für den Rückbau staatlicher Strukturen wie bei der Brandenburger Kreisreform wirbt Die Linke nun für ihren Ausbau.

Die Delitzscher lassen den Linken-Stand trotzdem am Rand liegen. Einer der Wahlhelfer setzt sich auf die Schwalbe, dreht zwei Runden um den Brunnen. „Jetzt hast du den Stickoxidanteil erhöht“, witzelt ein Genosse. „Ise, hast du auch was zu Umwelt im Programm stehen?“ Hat sie nicht. Der neue linke Umwelt-Zeitgeist – in Delitzsch ist er noch nicht angekommen.

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das ist von Grün und vom Westen geschluckt worden:



    1. de.m.wikipedia.org...i/Demokratie_Jetzt



    "Der Aufruf startet mit dem Satz „Unser Land lebt in innerem Unfrieden.“ und beschreibt dann in mehreren Absätzen die Situation in der DDR. Ausgehend davon wird zur Gründung der Bürgerbewegung „Demokratie Jetzt“ aufgerufen und einige allgemeine Ziele wie eine „solidarische Gesellschaft“, „Freiheit und Menschenwürde für alle“, ein „lebendiger Pluralismus“, Rechtsstaatlichkeit und der Einklang von Ökonomie und Ökologie benannt. "

    2. de.m.wikipedia.org/wiki/Neues_Forum



    " Der Aufruf begann mit dem Satz „In unserem Land ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört“"

    3.



    de.m.wikipedia.org...und_Menschenrechte



    "Hauptziele waren die Wahrung der Menschenrechte und die Friedenssicherung.[1] Die Initiative setzte sich für Abrüstung und „Entmilitarisierung“ ein und wendete sich gegen jede Art von autoritärer Struktur, gegen die Verherrlichung von Gewalt und gegen die Ausgrenzung von Minderheiten und Ausländern."

  • Faszinierend ist fûr mich, wie sehr die Grünen direkt und indirekt gepampert werden!

    Keinerlei Auseinandersetzung mit Bündnis90!!!!



    Ja, Grüne sind die Partei, die wie keine Andere Grassroots Bewegungungen spaltet, embedden und kleinhäckselt!



    Ob Frauenbewegung, Friedensbewegung, Umweltbewegung, S21 Widerstandsbewegung oder DDRische Bewegung: geh zu den Grünen und du bist tot!

    Warum sind soviele, lt Bescheinigungen, gebildete Leute auf dem grünen Augen blind?



    m.pnn.de/potsdam/v...m.wikipedia.org%2F



    www.spiegel.de/spi...nt/d-20128621.html



    de.m.wikipedia.org/wiki/Bündnis_90



    ""Die Bundespartei sollte auf die Formulierung verzichten", so Wolfgang Templin, einstiger Mitbegründer der 1990 im Bündnis 90 aufgegangenen Initiative Frieden und Menschenrechte und der frühere Bundestagsabgeordnete Konrad Weiß. Auch Hans-Jürgen Fischbeck, der 1989 gemeinsam mit anderen die Bürgerbewegung Demokratie Jetzt gegründet hatte, hält den heutigen Namen der Bundespartei für "Etikettenschwindel". Aus der Partei sei "keine gesamtdeutsche Bürgerbewegung geworden"."

  • Die Linken waren keine Kümmerparteien! Schon lange ist dokumentiert, dass die gen Westen Orientierten die Einen und frustriert die Anderen (niemand kann so nachtragend dsein wie Frauen und Linke, wenn der Pöbel nicht macht was er soll!)

    Ergo kümmerten sich schon lange eher rechts gerichtete Kräfte um die Grundversorgung, Viele Linke waren in den Echokammern des Elitären unterwegs. Rechte halfen der Oma zum Arzt, Kinder in Jugendeinrichtungen!

  • @PFANNI



    und? die AfD will auch eine andere Republik, und wird ja wohl auch deshalb gewählt.

    Obwohl alle Parteien in Deutschland, wirtschaftspolitisch eine Einheitspartei sind. In der ehemaligen DDR gab es mehr Streit um Wirtschaft.



    Ist die KPF schlechter als, Guantánamo, Völkerrechtswidrige Kriege, mit Millionen Getöteten und Ermordeten auf Grund von Lügen, Folter, Ausbeutung, Kolonialismus, Völkerrechtswidrige Sanktionen usw. Wie viele Kriege hat denn die KPF seit dem Ende des 2. WK weltweit geführt? Nicht einen!

    Wie viele dagegen die sog. Westlichen Demokratien? Mehr als 40 alleine seit dem Ende des 2.WK

  • Leider geht der Beitrag nicht auf die „Kommunistische Plattform“ (KPF) innerhalb der Linkspartei ein. Aber wer die Linkspartei wählt, sollte wissen, dass er damit auch deren KPF wählt!



    Gemäß ihrer Selbstdarstellung ist die KPF ein „offen tätiger Zusammenschluss von Kommunistinnen und Kommunisten in der Partei DIE LINKE“ und tritt auch „für den Sozialismus als Ziel gesellschaftlicher Veränderungen ein“ und „wendet sich gegen jegliche Art von Antikommunismus, von wem er auch ausgehen mag“. www.die-linke.de/p...stische-plattform/



    Im Klartext: Diese Plattform ist ein Sammelbecken von und für jene, die nicht akzeptieren wollen, dass ihre Ideologie, die auf Marx / Engels / Lenin / Stalin / Mao zurückgeht, den Praxistest NICHT bestanden hat; und zwar nicht nur in der DDR, sondern weltweit. Das Volk hatte 1989 sprichwörtlich die Nase voll.



    „Offen“ im Sinne von „öffentlich“ ist die KPF jedenfalls nicht. Seit dem Ausscheiden von Frau Wagenknecht ist nichts über das Führungspersonal zu erfahren, und auch nichts über konkrete Aktionen. Im Gegensatz zum „Flügel“ einer bekannten Rechtsaußen-Partei, der geradezu an die Öffentlichkeit drängt, zieht die KPF die Strippen lieber im Hintergrund. Offenbar weiß man in der KPF, dass man gegenwärtig nicht mehrheitsfähig ist und wartet lieber auf die passende Gelegenheit, um den „Sozialismus als Ziel gesellschaftlicher Veränderungen“ erneut in Angriff zu nehmen.



    Aber: EIN jahrelanger, misslungener Feldversuch mit Sozialismus / Kommunismus (=DDR) war genug! Bitte nicht nochmal!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Was ist mit dem misslungenen Feldversuch "Kapitalismus"? Wie lange soll dieses Experiment noch laufen, damit was anderes probiert wird? Wie viele Kriege soll es noch geben, wie viele Tote soll das Grenzregime der EU noch fordern, wie viele Ökosysteme sollen noch zerstört werden für den feuchten Traum vom ewigen Wachstum und unbegrenzter Potenz?

      Demokratie ist immer ein Experiment und sie beinhaltet mE auch notwendigerweise das Recht auf's Experiment.

      Im Klartext: Das Experiment, bei dessen Scheitern wir gerade mit ansehen können, ist ein Sammelbecken von und für jene, die nicht akzeptieren wollen, dass ihre Ideologie, die auf Smith / zurückgeht, den Praxistest NICHT bestanden hat; und zwar nicht nur in der BRD, sondern weltweit.

      Es gibt keine Erde 2.0. Ein Experiment, das von unbegrenzter Steigerung ausgeht, aber unter Bedingungen mit begrenzten Ressourcen durchgeführt wird, muss notwendigerweise scheitern. Es fragt sich lediglich, ob die Mehrzahl der Menschen das rechtzeitig einsieht oder nicht.

      Ich bin was das angeht, zwar eher Pessimist (Realist), aber die Hände in den Schoß zu legen hilft ja auch nicht weiter.

      Ich persönlich würde vorschlagen, sich einmal in einer demokratischen Auslegung des Syndikalismus zu versuchen, also die gesellschaftliche Organisation der Arbeit durch Basisgewerkschaften so zu fördern, dass sich dadurch ein Gegenpol zur Macht der Kapitalisten entwickeln kann und gleichzeitig die Möglichkeiten von Kapitalisten, mit ihrem Kapital auf unverhältnismäßige Art und Weise Politik zu machen, einzuschränken.

      Dann wäre ein Wettbewerb der Ideen, eine agonische Gesellschaft, erst wieder denkbar, dann auch wäre eine offene Gesellschaft wieder denkbar, also eine, die Gesellschaft, in der gesellschaftliche Diskurse mit offenem Ausgang möglich sind, in der die Utopie nicht aus dem Diskurs ausgeschlossen ist.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Leute, dieser Wettbewerb hat stattgefunden bzw. findet noch immer statt.

        Hier in Deutschland ist ein Diskurs über alternative Gesellschaftsmodelle täglich zu beobachten, in einem bislang nie gekannten freien Rahmen. Wenn einem das Ergebnis nicht gefällt, dann liegt das - neben der Trägheit und Einfalt der Masse - zu einem gerüttelt Maß an der mangelnden Überzeugungskraft der Alternative.

        Der Kapitalismus ist übrigens keine Ideologie, sondern primär deren Negation.

        • @Trango:

          Es ist immer weder spannend: sakrale Erhöhungen vorgesetzt zu bekommen :



          Das Narrativ Kapitalismus und Wettbewerb gehörten zusammen ist wie Jungfrau Marie: Zeugung ohne Sex¡

          Der Kapitalist und sein Kapitalismus hassen den Wettbewerb! Sie tun alles, wirklich ALLES, dafür, den Konkurrenten auszuschalten!

          Was gern verdrängt wird: vor 89 war auch der USnisch geprägte Kapitalismus ins Straucheln geraten....



          Für die US Kapaitalisten war das Erstabschmieren des Osten ein Glücksfall!



          Der Westkapitalismus war und wurde dann explosierend mehr denn je zu einem "Rubbel-Rubbel-Abspritzkapitalismus".... kurzfristiger Erguss und schnelle Befriedigung: Die Folgen tragen die Andere!



          "Ich war das" wenns Gewinnausschüttungen gibt und "Ich war das nicht" wenn Rechnungen präsentiert werden gehören zum neuen Credo!

          Mein Spruch damals: wenn ich mit jmd Degenkampf mache und der andere erleidet einen Herzinfarkt, würde ich mich nie als Sieger gerieren.....



          Aber Männer sind da echt anders gestrickt!

          Der sogenannte Sieg des USAnischen Kapitalismus wird uns und unseren Kindern noch teuer zu stehen kommen!

          Es gab nie einen Vergleich/Auseinandersetzung Kapitalismus-Sozialismus....



          Der Fehler der Linken: nach 89 eine knallharten Vergleich aufzubauen: Jahre der Dispute hätten folgen MÜSSEN: Demokratie Ost im Vergleich Demokratie West!

          Doch nach 89 machte der Westen den Trump! Er kam sah und siegte! Selbstherrlich und selbstverliebt!

          Schade, es hätte eine Riesenchance sein können! Aus beiden Systemen lernen! (Aber Erkenntnisse sind nicht die Sache bei den Trumps!)

  • Der Anfang vom Ende....

    war die Scharade imm die LLL-Demo 1999. De facto war das der verrat an allen sozialistischen Traditionen, die die Wende zur reinen Parlamentspartei markierte. Seither hat sich PDS, natürlich mit Hilfe der WASG, in eine Zweit-SPD verwandelt.



    "Demokratischer Sozialismus"? Aber doch nicht Lafontaine und Konsorten! Die SPDler in der Linken haben das Intrigenspiel perfektioniert, mit dem die innerparteiliche Demokratie ausgehebelt wurde. #aufstehen ist da nur der bittere Tiefpunkt davon.



    Die Linke hat fertig und sollte mit der DPD fusionieren. Dann wächst zusammen, was zusammen gehört. Opportunisten aller (Bundes)länder, vereinigt euch!

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Die Linke wirbt aus Tradition für den „Weltfrieden“

    Hey, was ist gegen den Weltfrieden zu sagen?

    Ich mache gern lange Spaziergänge am Strand, lese oft ein gutes Buch vor dem Kamin und liebe den Weltfrieden.

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Genau dies:



    "Heute wüssten sie oft nicht mehr, wie sie den Strom für den nächsten Monat bezahlen können. Sie glaubten der Linken oder der CDU nichts mehr, nur noch der AfD. Dabei galt die Linke doch als die Kümmererpartei des Ostens."



    ist das Problem.



    Die braunen Kumpel sind selbstgemacht. Man hat ganze Bevölkerungsschichten verraten und verkauft.



    Beängstigend, dass sie ihre einzige Hoffnung in einer Nazipartei sehen. Wie weit ist es kommen, dass dies möglich ist. Immer noch keine Aussicht auf Handeln, Verändern, von der politischen Seite.



    Stattdessen abgehobene Distanz.

    In Brasilien brennt der Wald, bedroht unsere Zukunft.



    Im Osten brennt die braune Gesinnung, bedroht ebenfalls unsere Zukunft.