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Die Linke und die GriechenlandwahlDie Hoffnung stirbt zuerst

Die Linke verzichtet auf eine Feier anlässlich der Griechenland-Wahl. Sie ist gespalten, auf wen sie setzen soll.

Damals waren sie noch fröhlich am Lachen: Alexis Tsipras, Katja Kipping und Gregor Gysi Foto: reuters

Die Party fällt dieses Mal aus. Wenn die Griechen am Sonntag ein neues Parlament wählen, wird die deutsche Linkspartei nicht ins Karl-Liebknecht-Haus laden. Es gibt – anders als bei der Wahl im Januar, als Alexis Tsipras in Athen an die Macht stürmte – kein Public Viewing und auch keinen Bouzouki-Spieler, der griechische Volkslieder klimpert. Der Linkspartei ist nicht zum Feiern zu Mute.

Die Hoffnung, dass Syriza die Sparpolitik über Nacht beenden kann, ist längst verflogen. Statt für einen Linksruck in Europa zu sorgen, hat sich die griechische Linkspartei gespalten. Das wirkt sich auch auf die Schwesterpartei in Deutschland aus. Sie ist sich uneins darüber, wen sie in Zukunft unterstützen soll – das Syriza-Bündnis von Alexis Tsipras oder die Linksabspaltung Laiki Enotita (LAE), die eine Wende in der Euro-Politik fordert.

Auf welcher Seite Gregor Gysi steht, ist klar: Der Fraktionschef, der regelmäßig mit Tsipras telefoniert, reist heute nach Athen. Die Linksfraktion kündigte am Donnerstag an, dass er dort auf der Abschlusskundgebung des Premierministers sprechen wird.

Dietmar Bartsch, der Gysi in vier Wochen an der Fraktionsspitze ablösen wird, fliegt nicht nach Griechenland. Aber auch er steht weiterhin zu Syriza. „Ich will nicht, dass die alten Eliten in Athen wieder an die Macht kommen. Alexis Tsipras hat somit meine volle Unterstützung“, sagte er der taz. Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger sehen es ganz ähnlich.

Nur teilweise solidarisch

Sahra Wagenknecht dagegen, die die Fraktion künftig zusammen mit Bartsch führen soll, legt sich nicht fest. „Ich wünsche mir natürlich, dass die Kräfte gestärkt werden, die gegen die Unterwerfung unter das Troikadiktat und gegen die weitere Verarmung und Ausplünderung Griechenlands kämpfen“, sagte sie der taz. Nach uneingeschränkter Solidarität mit Syriza klingt das nicht.

Hinter der Diskussion steckt eine zentrale inhaltliche Frage. Über Debattenbeiträge in der parteinahen Tageszeitung Neues Deutschland diskutieren die Linken seit Wochen darüber, wie sie zum Grexit stehen.

Gysi und andere, darunter viele aus dem Reformerflügel, argumentieren wie Tsipras: Die Sparauflagen der Troika seien zwar falsch, ein Ausstieg aus dem Euro würde Griechenland aber erst recht ins Elend stürzen.

Viele Parteilinke um Wagenknecht sagen dagegen ähnlich wie die LAE, Griechenland könne unter Umständen von einem Grexit profitieren, weil es sich dann nicht mehr den Sparauflagen der Troika unterwerfen müsse. Entsprechend sind viele Parteilinke von Syriza abgerückt, seit Tsipras die Auflagen durchs griechische Parlament jagte. Einige von ihnen sprechen auch deutlicher als Wagenknecht aus, dass sie dem Premierminister nicht mehr trauen.

Auf der Bühne und dahinter

Allen voran die Antikapitalistische Linke (AKL), eine der radikalen Strömungen innerhalb der Linkspartei. Sie verkündete, zu griechischen Gruppierungen zu stehen, „die sich gegen das Diktat der EU und der Institutionen wenden und für ein Ende der Kürzungspolitik einsetzen“. Eine Unterstützung für Tsipras am Sonntag sei damit nicht vereinbar.

Der Landesverband Nordrhein-Westfalen positioniert sich ähnlich. Man werde mit allen Kräften zusammenarbeiten, die sich gegen die Sparpolitik wenden, heißt es in einem Papier, das die beiden Landessprecher Ralf Michalowsky und Özlem Demirel unterzeichnet haben. Dies gelte auch „für linke Kräfte in Griechenland“ wie die LAE.

Und die Parteiströmung Marx21 (dort sind mehrere Bundestagsabgeordnete Mitglied) schreibt in einem Papier, die Partei- und Fraktionsspitze widerspreche sich, wenn sie gleichzeitig Syriza unterstütze und gegen die Sparpolitik der EU protestiere. Nach Griechenland wird am Wochenende aber keiner der prominenten Syriza-Kritiker fliegen. Während Gregor Gysi mit Alexis Tsipras auf der Bühne steht, wird nebenan also kein Genosse für die LAE werben. „So weit geht die Fraktionsdisziplin doch noch“, heißt es aus dem linken Parteiflügel.

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3 Kommentare

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  • „Wen sollen die Griechen also wählen? Die alten Korrupten? Oder den linken Fantasten und schlussendlich dann Umfaller Tsipras?“

    Die Frage ist falsch gestellt…besser:“ wen werden die Griechen also wählen?“ …und drückt genau das Dilemma aus, das „wir“ die „gierigen Griechen“ eben nicht kennen.

    Wenn „die Griechen“ aus den letzten Monaten gelernt haben, dann öffnet sich mit dem „Umfaller Tspiras“ im Amt eine Chance zu weiterer Integration „linker Fantastereien“ in die griechische Realpolitik in und mit Europa. Und: Gut, dass es radikalere Strömungen auch gibt, eben wie die LAE, die hoffentlich Zugewinne macht bei der Wahl. Ich bin gespannt, wies ausgeht. Schönen Tag.

  • Der Linkspartei ist nicht zum Feiern zu Mute. Denn sie hat recht. Denn es macht keinen ökonomischen Sinn ohne einen gigantischen Schuldenerlass die Sparauflagen erfüllen zu

    wollen. Das sagt auch Paul Krugmann, ein ausgezeichneter US Ökonom hier und bestätigt damit Yanis Varoufakis: Hier hört und seht selbst http://yanisvaroufakis.eu/2015/09/19/paul-krugman-on-greeces-3rd-mou-an-agreement-designed-to-fail/

    Deutschland wird seine Banken Rettung zu Lasten der Steuerzahler noch

    teuer bezahlen müssen, denn 2017 haben auch wir Wahlen!

    Den Rest erledigen die Völkerwanderungen, weil wir deren Ökonomien durch Waffenverkäufe und Ausbeutung zerstört haben.

    Deshalb gilt: Was allen voran die Antikapitalistische Linke (AKL), eine der radikalen Strömungen innerhalb der Linkspartei. Sie verkündete, zu griechischen Gruppierungen zu stehen, „die sich gegen das Diktat der EU und der Institutionen wenden und für ein Ende der Kürzungspolitik einsetzen“

    Wir brauchen noch sehr viel Glück und weniger führende Schwarze Nullen in der Politik sondern weitsichtige Ökonomen. Wörtlich: Volkswirte, die haushalten können ohne das Haus gleich abzureissen. https://www.dropbox.com/s/xtr54s5lrrj6687/Screenshot%202015-09-19%2023.23.56.png?dl=0

  • Tsipras hat leider versagt. Das, was wichtig gewesen wäre, zum Beispiel die Reichen ausreichend zu besteuern, und so zu einer soliden Finanzierung des griechischen Staats zu kommen, hat er nicht geschafft. Stattdessen hat er den Staat sehenden Auges ins finanzielle Chaos geführt: Verspätete Zahlung von (staatlichen) Gehältern und Renten, Abhebelimits am Geldautomaten und Kapitalverkehrskontrollen haben dem Mittelstand schwer zugesetzt. Die Wirtschaft, die Tsipras eigentlich ankurbeln wollte, befindet sich abermals im Sinkflug.

     

    Und jetzt bitte keine Lügenmärchen erzählen, von wegen, Tsipras hätte keine Wahl gehabt, die Troika hätte z.B. die Reichensteuer verhindert. Doch, Tsipras hatte die Wahl. Er hat ja auch unmittelbar nach Amtsantritt gegen die Auflagen der Troika z.B. die Renten erhöht. Es war also seine Entscheidung (bzw. die seiner Minister) die Reichensteuer nicht ebenfalls gleich einzuführen oder Steuerprivilegien (wie das für Reeder) nicht gleich zu kippen.

     

    Wen sollen die Griechen also wählen? Die alten Korrupten? Oder den linken Fantasten und schlussendlich dann Umfaller Tsipras?