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Die Kunst der WocheIm doppelten Auge

Mit Harald Gnade und Andreas Theurer gehen Malerei und Skulptur bei Tammen einen wirksamen Dialog ein. Gemeinsam regen sie das zweifache Hinsehen an.

Blick in die Doppelausstellung Harald Gnade/Andreas Theurer Foto: Holger Biermann; Courtesy Galerie Tammen

Die Malerei von Harald Gnade ruft unweigerlich in Erinnerung, dass es einst die Malerei war, die dazu diente, unsere Umwelt zu repräsentieren. Und da lässt es sich auch leicht verschmerzen, dass sie das Monopol auf Abbildung schließlich abgeben und diese Funktion mit der Fotografie teilen musste. Denn in der Darstellung, die insbesondere die Natur bei Gnade erfährt, scheint das beste beider Welten ineinander zu verschmelzen.

Auf den ersten Blick meint man auf einem Gemälde wie „Implant“ (2023) ­Collagen aus Landschaftsfotografien und ­gemalten Anteilen zu erkennen. Doch da, wo Bildteile aus der Ferne fotografisch ­erscheinen, muss es tatsächlich an der Mischung aus Acryl, Aquarell und Öl-Aluminium bzw. Acryl und Lack liegen, dass die gräsernen Elemente der Bilder von Weitem so von Schärfe und Detail gekennzeichnet sind, dass man meint, dort sei im großen ­Format etwas ausgeschnitten und eingefügt worden. Und dass sie von Nahem wiederum so weich und zart erscheinen, dass man sich hinschmiegen will.

Das doppelte Auge, das hier in der Galerie Tammen aktiviert wird, findet seine Entsprechung in der Konzeption der Schau. Gnades Gemälde, die unter dem Titel „Naturstreit – Erzählungen im Anthropozän“ präsentiert werden, bilden eine Doppelausstellung mit Andreas Theurer, der unter dem Titel „Zeit Falten“ Objekte und Skulpturen zeigt.

Die Doppelschau

Harald Gnade: „Naturstreit – Erzählungen im Antropozän“; Andreas Theurer: „Zeit Falten“. Galerie Tammen, bis 18. Mai, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Hedemannstr. 14

Andreas Theurer auf der paper position berlin 2024: Stand 56, 25.–28. April

Theurers Arbeiten aus gebeiztem Kiefernholz wie „Thron II“ und „Gegangen“ transportieren bewegte Oberflächen und strecken dabei den Raum in die Höhe. Und auch hier lässt sich der Blick überraschen wie schärfen: Theurers Wandobjekte und weitere Skulpturen, die diesmal filigran zwischen Wand und Raum balancieren und in rostbraunen und weißen Tönen auftreten, sind nicht etwa aus Metall, ihre dunkle Patina entsteht stattdessen aus der Bearbeitung von Wellpappe.

Jenem Material also, das einigen schlicht als Verpackung und anschließendes Wegwerfmaterial dient, anderen von uns aber in seiner Materialität unfassbar kostbar ist. Tritt doch bei der richtigen Behandlung mit Grundierungen und Farbe die verborgene Schicht aus Wellen aus dem Inneren hervor und lässt sich als Musterung auf der Oberfläche nieder.

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