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Die KritikTeuer inszeniert

Foto: Foto.ap

WAS SAGT UNS DAS? In San Francisco lehnen die Bürger strengere Regeln für private Wohnungsvermittlungsportale wie Airbnb ab.

Das mal vorweg: Streng genommen hätte der „Vorschlag F“, über den am Dienstag im Zuge der Kommunalwahl in San Francisco abgestimmt wurde, alle privaten Wohnungsvermittlungsbörsen betroffen. Was aber tatsächlich zur Wahl stand, war die Causa Airbnb.

Seit 2008 krempelt der kalifornische Konzern die Tourismusbranche um. Zwei Millionen Unterkünfte haben Hosts laut Airbnb über das Portal weltweit inseriert. Nur in Syrien, im Iran und in Nordkorea kann man (noch) nicht in einer privaten Wohnung übernachten. Der Marktwert des Unternehmens wird auf 25 Milliarden Dollar geschätzt. Nicht nur Airbnb verdient einen Haufen Geld – auch die Menschen, die mit der angebotenen Infrastruktur ihr Zuhause inserieren, kassieren ordentlich.

Für viele ist Airbnb längst zu einer Einnahmequelle geworden, die ihnen das Leben ohne viel Zutun enorm erleichtert. Und bei dieser Frage beginnt das Problem. Wie lange ist die Vermieterei ein Privatvergnügen, mit dem man sich die Haushaltskasse aufbessert, und ab wann wird sie zu einem kommerziellen Geschäft?

Der „Vorschlag F“ hätte diese Unterscheidung leichter gemacht. Statt bisher 90 Tagen im Jahr hätten Airbnb-Hosts ihre Bleibe nur noch für 75 Tage im Jahr vermieten dürfen. Immerhin zweieinhalb Monate und damit genug Zeit, um neben dem Urlaub noch ein paar Nächte auf der Couch eines Kumpels zu übernachten, wenn das Geld nicht mehr reicht. Plus: Für alle, die selbst in der Wohnung wohnen und nur ein Zimmer vermieten, war keine Begrenzung vorgesehen.

Nachteile hätte diese Regelung vor allem für Hosts gehabt, die das ganze Jahr über eine Ferienwohnung inserieren – mit allem, was daraus folgt: Wohnraum, der verloren geht, steigende Mieten, neue Investoren, Räumungsklagen, die üble Spirale eben, die neben San Francisco auch europäische Großstädte plagt.

Mit 55 zu 45 Prozent der Stimmen wurde der Entwurf abgelehnt. Der Bürgerwille hat gesiegt. Oder Airbnb und die Vermieter, die von dem Modell profitieren. Das kann man sehen, wie man will.

Fest steht: Airbnb hatte vor der Abstimmung 8,3 Millionen Dollar in eine Kampagne investiert, um genau diesen Wahlausgang zu erreichen. Ganz schön viel Geld für ein Unternehmen, das sich stets als „die Guten“ inszeniert, als diejenigen, die es Mittelschichtlern in Städten wie San Francisco oder New York erst durch die Vermietung möglich machen, in ihrer Wohnung zu bleiben, statt ob der teuren Mieten weichen zu müssen. „Für tausende Familien ist Sharing die einzige Möglichkeit, um in der Wohnung zu bleiben, die sie lieben“, sülzte Airbnb kürzlich in einem Brief an seine New Yorker Hosts, denen die Stadt eine empfindlich hohe Strafe von 50.000 Dollar androht, sollten sie ihr Geschäft weiter betreiben.

Eigentlich könnte der Konzern sehr leicht beweisen, dass ihm tatsächlich an einem fairen Mietmarkt gelegen ist. Er könnte offenlegen, wie viele Wohnungen in einer Stadt das ganze Jahr über durchgehend angeboten werden – und hätte damit die viel kritisierten Fe­rienwohnungen enttarnt, die den Mietmark bedrohen. Das aber kommt für Airbnb nicht ­infrage – dafür verdient das Unternehmen viel zu gut daran. MAHA

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