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Die Kriege des Stefan MappusEin Krieger in der Demokratie

Stefan Mappus ist in der CDU durch die Instanzen marschiert. Bis er schließlich Ministerpräsident wurde und fiel – aufgrund eines Irrtums.

Das Politikverständnis von Stefan Mappus: Sich der Partei bemächtigen, dann kommen die Ämter in Legislative und Exekutive quasi automatisch. Bild: dpa

BERLIN taz | Für Stefan Mappus geht es nicht mehr nur um den Ruf: Ermittlungsverfahren, Polizisten im Haus, die Frage, ob ihn je wieder jemand anstellt. Das alles dürfte jedenfalls verhindern, dass er eins am Ende doch noch versteht: dass Politik in der Demokratie kein Krieg ist.

Denn genau das ist sein Grundirrtum, den seine Sprache verrät. Über die SPD-Politikerin Ute Vogt sagte er 2002, er wolle das Problem „final lösen“. Und als er 2011 seinen Postpolitposten beim Pharmaunternehmen Merck verließ, begründete er das damit, er brauche im EnBW-Skandal „angemessene Reaktions- und Wehrfähigkeit“.

Mappus wird 1966 in Pforzheim geboren. Mit 17 geht er in die Schülerunion. Es sind die Achtziger, die Friedensbewegung will Mühlacker, wo Mappus aufs Gymnasium geht, zur atomwaffenfreien Zone erklären. Er organisiert den Abwehrkampf.

Er wird Orts- und Kreisvorsitzender. Seine Mehrheiten holt er sich in der Partei, die Mandate in den Parlamenten folgen, im Gemeinderat, Kreisrat, Landtag. Das prägt sein Politikverständnis: Sich der Partei bemächtigen, dann kommen die Ämter in Legislative und Exekutive quasi automatisch. Im Landesvorstand der Jungen Union lernt er einen kennen, der das Spiel in der Partei beherrscht. Dirk Notheis.

Sie werden Kumpel, Notheis sagt, wie es läuft. So wird es Jahre später sein, als der eine als Bankmanager diktiert, was der andere als Ministerpräsident tun soll, muss. CDU erobern, Land einsammeln: So fällt 2005 auch die Vorentscheidung, dass er Regierungschef wird. Nach Günther Oettingers Aufstieg in die Staatskanzlei wird Mappus Fraktionsvorsitzender – und Kronprinz.

Das war zwar eingeübt in Baden-Württembergs Regierungs-CDU, aber der lange währende Erfolg dieser Partei bestand auch darin, möglichst viele Schichten und Milieus anzusprechen, um sie zu werben, sich zu erweitern. Mappus verstand das nicht. Er schwätzte nicht. Er führte ja Kriege. Und fiel.

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12 Kommentare

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  • K
    Keilbachh

    Die Ermittlungen zeigen bisher nur die Spitze des Eisberges. Die Verflechtungen mit Lobbyisten, Industrieverbänden, einzelnen Unternehmer und anderen Personen ist sehr viel komplexer. Der Coup mit dem Milliarden-Deal - geplant als machterhaltendes Aushängeschild - des "guten Landesvaters" steht auch im Zusammenhang mit den Vorgängen zum Immobilien - Bahn - Projekt S 21 bei dem seit Jahren schon von der CDU und FDP gemauschelt wird. Hand in Hand mit der Stadt Stuttgart wurde hier die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß des Schienenverkehr-Rückbaus getäuscht. Die örtliche Presse spielte das Spiel der Mächtigen seit Jahren mit. Erst jetzt müssen in den Medien "neutral" ? über die Vorgänge zum EnBW-Deal berichtet werden.

    Die Führung der Landes- CDU will nun den Deal als Einzelversagen deklarieren - und die Medien spielen wieder mit.

  • A
    aleister

    @ branko:

     

    danke, genau so ist es in deutschland. leider. der gipfel an verlogenheit ist dann auch noch das "c" im parteinamen. vielleicht tut sich was im rahmen des generationenwechsels. die alten, die schon immer und ihr leben lang automatisiert und scheuklappenmäßig immer nur "christlich" oder "gegen die roten" (weil die roten sind ja bekanntlich die schlimmsten, das geht ja bis in die kaiserzeit zurück) gewählt haben, sterben allmählich aus und jüngere generationen, die den größten teil ihres lebens (vor allem die kindheit und jugend) in demokratischen verhältnissen verbracht haben und nicht alles abnicken und auch selbstständig und, im besten fall, differenzierter denken können, werden veränderungen bringen. anfänge sind ja schon auszumachen...die hoffnung stirbt zuletzt.

  • G
    Groschen

    gibt es eigentlich eine Statistik, aus der hervorgeht, in welcher Partei die meisten Halunken und Betrüger aufgeflogen sind?

    Mir scheint die CDU ist zur Zeit führend.

    G.

  • G
    Groschen

    mich interessiert zur Zeit nur die strafrechtliche Seite. Werden solche Vergehen, die sich ähnlich aber viel kleiner auch im normalen Leben abspielen, auch genauso behandelt oder bekommen Politiker grundsätzlich Immunität vor juristischen Strafen zugesprochen?

    Wenn ja, sehe ich die Demokratie äußerst stark beschädigt.Da nicht jeder clevere Halunke sein "Talent" für das Gemeinwohl einzusetzen gedenkt,

    müsste ich von jedem Wahlkandidaten erst einmal ein polizeiliches Führungszeugnis und ein psychologisches Gutachten auf seine Glaubwpürdigkeit hin verlangen.

    Dies würde sicher die Zahl der Kandidaten stark einschränken.

    G.

  • H
    Halunke

    Die CDU ist eine Ansammlung von Wirtschaftskrimminellen,und die sie wählen Mittäter...:)

  • K
    Kommentator

    @Branko:

    sehe ich haargenau so.

    sind schon ernüchternde einsichten, zu sehen wie verblödet das Wahlvolk immer noch ist.

     

    Imo sind Rot-Grün aber auch nicht wesentlich besser...eher einen Zentimeter weniger schlecht als Schwarz-Gelb. Dreist genug aber ihre Wähler jahrelang nach Strich und Faden zu verarschen.

    Und Die Linke macht das im Osten ja auch so.

    ...

    Zeit für nen Neuanfang!

  • B
    Branko

    *schulterzuck*

    Ein Muster-Beispiel eines typischen Union-Politikers.

     

    Wulff, Guttenberg, Rüttgers, Baldauf, Sauerland, von Boetticher,... nur um die letzten paar Monate Union mal nicht jetzt schon ganz in Vergessenheit geraten zu lassen.

     

    Ich habe immer gern ein vollständiges Bild von der Gesamtsituation und lege eben nicht immer nur temporär den Fokus auf einen Ausschnitt, blende solange alles andere aus und hab dann nach drei Monaten eh alles wieder vergessen.

     

    Wir können gerne auch noch weiter zurückblicken:

    Schäuble, Kohl, Stoiber, Strauss, Schreiber, Kiesinger, Adenauer... wie umfangreich und detailliert soll das Bild von der Union denn sein?

     

     

    "Die anderen sind auch nicht besser."

    Wer hat eigentlich diese blöde Phrase in die Welt gesetzt?

    Die Union?

     

     

    Man müsste echt einfach mal eine Liste aufmachen, nur um mal rein objektiv die wahren Fakten getrennt von der mediengetrübten Volkswahrnehmnung zusammen darzustellen.

    Einfach mal sämtliche Politikerskandale, Korruptionen, Veruntreuungen, Bestechungen, Lügen etc. etc. seit 1949 für alle Parteien in Parlamenten in der BRD auflisten.

     

    Selbst, wenn es keine Wertung gäbe, also mal nen Dienstwagen privat benutzt gleich schlimm wie z.B. die Leuna- oder Flickaffäre, wäre die Union immer noch rein von der Anzahl der Fälle her einsamer Spitzenreiter.

     

     

    Aber das macht mir noch kein wirkliches Kopfzerbrechen.

     

    Bedenklich finde ich vielmehr die Tatsache, dass die immer wieder gewählt werden und vor allem Mehrheiten kriegen.

     

    Das ist in meinen Augen ein Indiz für eine gewisse gesellschaftliche Grundhaltung in Deutschland, die eine unfaire, rücksichtslos-egoistische Ellenbogengesellschaft mit Beschiss, Korruption, Bestechung, Betrug, Vorteilsnahme, Unterschlagung und Diebstahl(*) stillschweigend als gut heisst.

     

    (*) Diebstahl? - Pfui!! Also das ja nun wirklich nicht! Im Supermarkt 'ne Flasche Schnaps klauen - das ist Diebstahl.

    Steuern hinterziehen oder öffentliche Gelder veruntreuen, das ist ein sportliches Kavaliersdelikt, aber kein Diebstahl - oder wie jetzt?!

     

    Diese Gesellschaft wählt CDU/CSU!

  • A
    aurorua

    Der Fall Mappus/Notheis zeigt ausnahmsweise einmal auf wie unsere von der Wirtschaft mehr oder weniger diktatorisch gesteuerte Demokratie funktioniert.

    Auch wenn jetzt alle wieder behaupten das sei ja bloß ein Einzelfall.

     

    Ein kleiner Einblick:

     

    http://frontal21.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/Frontal-21/2942216/23400244/a07a54/Kungelei-um-Milliarden.html

  • T
    tazitus

    "..Das Politikverständnis von Stefan Mappus: Sich der Partei bemächtigen, dann kommen die Ämter in Legislative und Exekutive quasi automatisch..." und MP kann machen, was er will. Hat er wohl gedacht. Er war ja an der "Macht".

  • HJ
    Hessie James

    Kanther, Koch, Bouffier: Hessische Brüder im Geiste des Kampfbeissers Mappus.

  • R
    Rick.S

    Vorbildlich, wie TAZ immer wieder aus anderen Blickwinkeln berichten kann. Auch wenn es schwer Fällt für diesen Herrn Sympathie zu empfinden, er hat die CDU Strukturen sehr intelligent genutzt. Nun muss ich aber sagen, dass das einzige CDU aktive Mitglied was ich persönlich seit der Schule kenne ein unglaublicher Speichellecker ist. Wer weiß wie repräsentativ das ist.

  • F
    franz

    Sehr seltsamer Kommentar von Georg Löwisch.

    "... Er schwätzte nicht. Er führte ja Kriege. Und fiel. ..."

     

    Ist Korruption, Mauschelei, Staatsgeldveruntreuung,

    Staatsgelderverschwendung, irreversible

    Atomrisikozwangsexposition im Havariefall,

    regelmäßig erduldeter Stimmenkauf als Wahlmanipulation, Kontakte zur Organisierten

    Kriminalität lt.Jürgen Roth kriegführen oder

    dreister Parasitismus am Staat!!!!

     

    Nein satirisch ist das auch nicht, es ist

    eine posthume Lobprügelei an einen

    hoffentlich poltisch toten Tunichtgut.