Die Gesellschaftskritik: Der beleidigte Beleidiger
WAS SAGT UNS DAS? Donald Trump sollte die Finger von Twitter lassen – und seinem designierten Vize nacheifern
Eine Aufführung de preisgekrönten HipHop-Musicals „Hamilton“ fand am Freitag am New Yorker Broadway ein ungewöhnliches Ende. Im Publikum saß der künftige Vizepräsident der USA, Mike Pence.
Als erzkonservativer Abtreibungsgegner und Kämpfer gegen die Rechte von Minderheiten, ein überraschender Gast in einem Musical, dessen Ensemble so divers wie das ganze Land ist.
Der Besuch von Pence wurde begleitet von Buhrufen und Jubel. Nachdem der Vorhang gefallen war, sprach einer der Hauptdarsteller, Brandon Victor Dixon, den zukünftigen US-Vize von der Bühne aus direkt an:
„Sir, wir sind das vielfältige Amerika, das erschrocken und besorgt ist, dass Ihre neue Regierung weder uns schützt noch unseren Planeten, unsere Kinder oder unsere Eltern oder uns verteidigt und unsere unveräußerlichen Rechte aufrechterhält.“
Pence hatte den Saal da schon verlassen, doch vom Vorraum aus die Worte gehört. Das Theater nahm in den nächsten Tagen seinen Lauf. Donald Trump packte sein Lieblingsspielzeug Twitter aus. In drei Tweets forderte er eine Entschuldigung der Schauspieler_innen für die „Beleidigungen“ und das „schreckliche Verhalten“ gegenüber dem zukünftigen Vize. Trump muss es wissen, ist er doch selbst der König der Beleidigungen. Die Liste seiner Opfer ist lang: Hillary Clinton, Angela Merkel und die CNN-Moderatorin Megyn Kelly.
In einem Tweet forderte er, dass das Theater ein „safe place“ sein sollte. Mit der Aussage stimmen die Darsteller_innen sicher überein. Doch sie wünschen sich, dass die ganzen USA ein „safe place“ für Minderheiten sind.
Pence beschrieb seinen Besuch im Nachhinein als eine „Freude“ und fordert keine Entschuldigung. Nun sollte auch Trump sich um Karten für „Hamilton“ bemühen. Einen positiven Effekt hätte es in jedem Fall: wenige Stunden Ruhe vor seinen Tweets. Carolina Schwarz
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