Die G8 und der deutsche Atomausstieg: Merkels Isolation

Außer Deutschland ist bislang keine der großen Volkswirtschaften aus der Atomkraft ausgeschert. An mehr als an unverbindlichen Stresstests gibt es kein Interesse.

Allein unter Akw-Fans: Angela Merkel auf dem G8. Bild: reuters

BERLIN taz/dapd | Um Angela Merkel war es bereits beim G8-Gipfel 2008 im japanischen Toyako schlecht bestellt. Dabei sprach die deutsche Kanzlerin lediglich von der Atomkraft als "Brückentechnologie", an der vorerst ja festgehalten werde. Von Ausstieg war bei ihr überhaupt nicht die Rede. Dennoch wurde sie im Kreise der Bushs, Sarkozys und Fukudas als Nestbeschmutzerin betrachtet. In deren Augen ist Atomkraft nicht nur eine profitversprechende Industrie der entwickelten Länder, der in den Schwellen- und Entwicklungsländern noch lukrative Geschäfte winken. Sie erklärten Atomkraft auch als Beitrag zum Klimaschutz. Nur die Deutsche spielte nicht mit.

Unter dem Eindruck von Fukushima haben die Regierungschefs der G8-Staaten beim Gipfel im französischen Deauville verbal zwar angekündigt, Konsequenzen aus der Katastrophe ziehen zu wollen. Von einem Ausstieg ist bei den anderen sieben Staatschefs aber auch weiterhin nicht die Rede. Nur Merkel ist mit ihrem Atom-Moratorium wenige Tage nach dem Unglück ausgeschert. Und wieder ist sie ihren Amtskollegen ein Dorn im Auge.

In der deutschen Innenpolitik tobt zwischen den Parteien ein heftiger Streit über den Zeitpunkt des Ausstiegs. Beim G8-Gipfel muss sich Merkel bis aufs Messer verteidigen, dass Deutschland überhaupt einen Ausstieg in Erwägung zieht. Wohlweislich hat sie bei ihrer Regierungserklärung vor ihrem Abflug nach Frankreich am Donnerstagmorgen im Bundestag angekündigt, in Deauville über höhere Sicherheitsstandards zu diskutieren.

Merkel verkündet "periodische Sicherheitschecks" der G8

Es dürfe nicht nur in Deutschland um eine kritische Sicherheitsprüfung bestehender Atomkraftwerke gehen, sagte Merkel. "Wir brauchen eine Überprüfung der Sicherheitsstandards auch auf internationaler Ebene." Nötig sei daher eine "kritische Überprüfung der bestehenden und in Planung befindlichen Anlagen weltweit". Von einer weltweiten Ausstiegsdebatte keine Spur.

Immerhin konnte sie dann am Donnerstagabend vom Gipfel verkünden, dass sich die G8-Staaten zu AKW-Stresstests verpflichtet hätten. Die Kriterien "periodischer Sicherheitsüberprüfungen" sollten sich an den Regeln für die EU-Stresstests orientieren, führte die Kanzlerin aus. Die Federführung für die Organisation der Sicherheitschecks werde an eine internationale Atomenergiebehörde übertragen werden.

Dass das am Ende zur Abschaltung von Meilern aufgrund mangelnder Sicherheit führen könnte, wie es jetzt in Deutschland bevorsteht, ist kaum zu erwarten. Vor allem Frankreich und die USA wollten sich nicht auf allzu strenge Vorgaben einlassen. Auch die EU Stresstests sind rechtlich nicht verbindlich – und eine Überprüfung der Terrorrisiken, die größte Achillesferse vieler Meiler, findet nicht statt.

Nun stellt sich die Frage, warum die Atomfrage überhaupt ein Thema beim Gipfel ist. Kann nicht jede Nation für sich entscheiden, auf welchem Weg sie die Energiewende einleiten möchte?

Nicht aus Sicht der meisten anderen G8-Staaten. Sie befürchten, dass Deutschland mit einem Komplettausstieg so etwas wie eine Vorreiterrolle übernehmen könnte. "Wenn eine der stärksten Industrienationen zeigt, dass man industriell auch ohne Atom stark sein kann, wird das die Debatte in anderen Ländern beflügeln", glaubt etwa der Vizechef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit. Das allerdings widerstrebt vor allem den Atomnationen Frankreich und USA.

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