Die Frauenpolitik einer Ampel: Ein solides bisschen
Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe aller Ressorts wäre mit einer Ampel nicht machbar. Trotzdem erwartet Frauen mehr als bei einer Groko.
F ast 60 wunderbare Prozent Frauen unter den grünen Bundestagsabgeordneten, immerhin gute 40 Prozent bei der SPD – aber nicht mal ein Viertel aller Abgeordneten der FDP im Bundestag sind weiblich. Dieses Verhältnis ist ein stabiler Indikator dafür, wie die Frauenpolitik einer Ampel aussehen könnte.
Die grünen Frauen, darunter viele junge, würden die Themen von Frauen und Queers pushen. Die SPD wäre weitgehend bereit, mitzuziehen. Dafür dürfte schon die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen sorgen, die in den vergangenen vier desaströsen frauenpolitischen Jahren keine gute Figur abgab. Mit der FDP aber wären längst nicht alle Wunschprojekte machbar.
Der Paragraf 219a, der es Ärzt:innen verbietet, darüber zu informieren, ob und wie sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, und dessen Fortbestand nur einer schwachen SPD zu verdanken war, wäre zwar bald abgeräumt. Der Paragraf 218 aber, der Abbrüche kriminalisiert und den sowohl Grüne als auch SPD aus dem Strafgesetzbuch streichen wollen, würde mit der FDP wohl bleiben. „Ethisch wie politisch untragbar“ sei die Streichung, konstatierte die FDPlerin Katrin Helling-Plahr noch im März.
Auch Quoten sind der FDP ein Dorn im Auge. Und leider, leider ebenso das Ehegattensplitting: Dieses Relikt des Steuerrechts, das wie kein anderes strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zementiert, würde mit dieser Koalition wohl auch die nächste Legislatur überdauern.
Für die Gleichstellung von LGTBI dagegen gäbe eine Ampel grünes Licht. Auch der zentrale Bereich des Gewaltschutzes dürfte ausgebaut werden. Eine paritätische Besetzung der Ministerien muss so oder so selbstverständlich sein. Und dass die FDP das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bekommt, ist nahezu ausgeschlossen.
Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe aller Ressorts, wie die Grünen formulieren – das wäre mit einer Ampel nicht machbar. Was Frauen unterm Strich aber erwarten dürften: Ein solides bisschen. Und das, immerhin, wäre wesentlich mehr als mit der Groko.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland