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Die EU und GroßbritannienErleichtert und besorgt

Nach dem deutlichen Wahlsieg des britischen Premiers Johnson stellt sich die EU endgültig auf den Brexit ein. Doch der Druck ist enorm.

EU-Gipfel in Brüssel: Die Reaktionen auf die Wahlergebnisse in Großbritannien waren gemischt Foto: ap

Brüssel taz | Jubel kam nicht auf, als die Nachricht von Boris Johnsons Wahlsieg den EU-Gipfel in Brüssel erreichte. Auch die Erleichterung über das nun absehbare Ende der Hängepartie beim Brexit hielt nicht lange vor. Die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 EU-Staaten machen sich vielmehr Sorgen über die Folgen des britischen Austritts für Europa – und über das, was danach kommt.

Wenn der Brexit wie vereinbart am 31. Januar 2020 vollzogen wird, beginnt für die EU eine neue Ära. Sie verliert über Nacht eine der größten Industrienationen – was angesichts des Liebeswerbens von US-Präsident Donald Trump um Johnson schnell zum Problem werden kann. „Wir werden jetzt einen Wettbewerber vor der Haustür haben“, warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel.

Zudem steht die EU unter Zeitdruck. Denn die im Brexit-Vertrag vereinbarte Übergangsfrist, in der sich für beide Seiten nicht viel ändert, läuft Ende des kommenden Jahres aus. Bis dahin will Johnson ein Handelsabkommen mit Brüssel aushandeln. Wenn dies nicht rechtzeitig gelingt, droht Chaos. Für Brüssel ist das ein Schreckensszenario, manche sprechen schon wieder von einem „harten Brexit“.

Die EU-Staaten drücken daher aufs Tempo. „Unser größter Knackpunkt wird sein, dass wir diese Verhandlungen sehr schnell machen müssen“, sagte Merkel. „Wir werden so schnell wie möglich an die Arbeit gehen“, versprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Zeitrahmen sei „herausfordernd“. Man sei jedoch vorbereitet: „Wir sind bereit, in die nächste Phase zu wechseln“.

Enge Bande

Mit den Gesprächen, die bereits im Februar beginnen sollen, wurde Michel Barnier beauftragt. Der Franzose hatte für die EU auch schon den Brexit-Vertrag ausgehandelt. Barnier soll Großbritannien so nah wie möglich bei der EU halten, erklärte Merkel. Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron wünscht sich enge Bande. Schließlich seien Frankreich und Großbritannien durch die Geschichte und die Geografie eng verbunden.

Macron warnte die Briten aber auch davor, sich zu weit von den europäischen Regeln und Normen zu entfernen. Eine „illoyale Konkurrenz“, etwa durch Steuerdumping oder lasche Umweltgesetze, dürfe es nicht geben. Andernfalls werde man keinen Handelsvertrag mit London schließen. Indirekt drohte Macron damit auch den EU-Partnern: Wenn nicht alle Wünsche aus Paris erfüllt werden, könnte es Ärger geben.

Kanzlerin Merkel dagegen kann der neuen Lage auch Gutes abgewinnen. Sie zollte Johnson Respekt: „Chapeau, muss man sagen, dass ihm das gelungen ist.“ Und sie sagte, es sei vielleicht gar nicht so schlecht, dass der EU nun auch eine Konkurrenz vor der eigenen Haustür erwachse. Das könne die manchmal zur Trägheit neigenden Europäer beflügeln, „ich sehe da eher ein belebendes Element“.

Vor dem Brexit-Referendum 2016 hatte Merkel eng mit dem damaligen britischen Premier David Cameron zusammen-gearbeitet. Vor allem in der Wirtschaftspolitik waren sich Deutschland und Großbritannien nahe. Durch den Brexit rücken nun Deutschland und Frankreich wieder in die erste Reihe. Bei diesem EU-Gipfel sah es so aus, als könne Macron die Führung übernehmen.

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