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„Die Deutschen sind heut' noch so deppert“

■ ÖSV-Langlaufchef Walter Mayer über Österreichs WM-Erfolge – und den „blockierten“ Nachbarn

taz: Herr Mayer, sagen Sie, warum sind die Österreicher neuerdings so gut im Langlauf, die Deutschen nach wie vor nicht?

Walter Mayer: Leistungssport ist Grenzbereich. Das geht nur mit äußerstem Engagement und Fanatismus. Das haben bei uns alle. In Deutschland blockieren sie sich selbst. Ost und West arbeiten noch gegeneinander. Da entsteht keine verschworene Gemeinde, die dem Fanatismus im positiven Sinne huldigt. Wir sind ein familiärer Kreis.

Ist das alles?

Nein, wir haben das Budget verdreifacht, die Trainingsumfänge um ein Drittel erhöht. Ich hab' mir die Ski noch selber gewachselt. Jetzt hab ich vier Serviceleute. Außerdem bin ich als Coach beim Militär und die komplette Nationalmannschaft auch. Da habe ich die Burschen voll in der Hand.

Was heißt das?

Leistungssportler sind meist nicht leicht zu führen, ihr habt's eh auch bei euch den Mühlegg, euren Zauberer. Und da hab' ich natürlich eine Macht. Wenn der Sportler sagt: Ich will nicht auf den Kurs gehen, dann sag ich ihm: Freund, geht's dir nicht gut? Das ist dein Dienst!

Es geht also ziemlich zackig zu?

Überhaupt nicht, null komma null. Ich drück' manche Sachen nicht auf Teufel komm raus durch, sondern laß die Leute lieber auflaufen. Dann merken sie selbst, was sie falsch gemacht haben.

Haben Sie von Ihren Alpinen gelernt?

Na, da können die Alpinen von uns lernen. Wir schauen höchstens auf die Leichtathletik oder den Radsport. Dahin, wo höchste Leistung verlangt wird. Der Alpinsport geht in Richtung Action, Show und Mut; ein Talent braucht man natürlich auch. Aber um bei uns top zu sein, mußt du die Körperzellen erst mal in acht Jahren Training richtig durchlüften lassen.

Zum Beispiel auf der Grundlage von DDR-Trainingsplänen.

In der DDR waren Kenntnisse da, die bewiesen sind und die man nicht erst neu erfinden muß. Da wär man doch blöd, wenn man das, was es gibt, nicht auch nutzt.

Ihr Chef Toni Innauer ließ einmal verlauten, vordere Plätze im Langlauf seien ohne Doping kaum noch denk- und machbar.

Stimmt genau. Meine Läufer sind seit zwei Jahren explodiert. Das ist kein Zufall, genau vor zwei Jahren sind die Dopingkontrollen gekommen. Bei uns wird der Hämoglobinwert kontrolliert. Die Referenzwerte liegen bei 14 bis 18. Beim Leistungssport ist der Grenzwert auf 18,5 festgelegt worden. Bei einer sportmedizinischen Kontrolle haben wir einmal 18,6 gemessen beim Alois Stadlober.

Ihrem Medaillengewinner.

Ja, das war nach fünf Wochen Gletschertraining. Sonst ist es immer klar unter 18 bei uns gewesen. Das war vom Weltverband Fis eine Supersache, das einzuführen. Denn sonst hätten wir noch keine Siege. Günstig ist auch, daß sie den Hämoglobinwert und nicht den Hämatokritwert wie beim Radsport genommen haben. Hämatokrit gibt nur Aufschluß über die Bluteindickung. Das hat der Radverband absichtlich gemacht. Da läßt sich weniger nachweisen.

Merken Sie, wie das Image des Langlaufs in Österreich steigt?

Na brutal. Wir haben ja gar kein Image gehabt. Wir sind die Schlaferlpartie gewesen. Wir haben das auch geschickt gemacht. Wir decken anders als die Deutschen auch die Volksläufe ab.

Was tun die Deutschen, Herr Mayer?

Bei den Deutschen schmeißen sie die Läufer fast heraus, wenn sie da mal mitlaufen. Das ist für die Skifirmen sehr wichtig, wenn die wissen, unser Mann steht beim Engadin-Skimarathon mit unserem Material auf dem Stockerl. Ich bin selbst damals einen Monat gesperrt worden wegen Teilnahme an Volksläufen. Die Deutschen sind heut' noch so deppert. Interview: Markus Völker

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