Die Arbeitsmoral des Peter Altmaier: Endlich Vollbeschäftigung
Peter Altmaier gibt es jetzt doppelt: Der eine führt das Kanzleramt, der andere schreibt das CDU-Programm für den Wahlkampf. Wie will er das schaffen?
F ranz Josef Strauß, Gott hab ihn selig, fehlt eben doch. Sein später Nachfolger Andreas Scheuer hat uns in dieser Woche mal wieder schmerzhaft daran erinnert. „Für ein top Zukunftsprogramm brauchen wir alle mit an Bord“, jubelte der CSU-Generalsekretär, nachdem ihn die Nachricht erreicht hatte, dass Kanzleramtschef Peter Altmaier demnächst in nebenberuflicher Tätigkeit das Wahlprogramm der CDU verfassen wird. Was für ein Quark: So viel Nachsicht mit der Schwesterpartei hätte es unter Strauß nicht gegeben.
Für die Lex Altmaier gibt es in der CDU ja quasi einen Präzedenzfall. Er heißt Heiner Geißler. Ähnlich wie Altmaier heute war der Schwabe schon ab 1982 in einer Doppelrolle unterwegs, als CDU-Generalsekretär und Bundesfamilienminister erledigte er zwei Vollzeitjobs auf einmal. Nie zuvor und nie danach schickte die Partei einen Generalsekretär ins Kabinett, und das mit gutem Grund.
Zunächst hatte sich nur die Opposition an Geißlers Doppelbelastung gestört. Im Bundestag fragte die SPD die Regierung ein halbes Jahr nach Amtsantritt, „an wieviel Arbeitstagen Bundesminister Dr. Geißler, (Monatsgehalt einschließlich Diäten über 20 000 DM) neben seinem Fulltime-Job als Generalsekretär der CDU ganztägig in seinem Bundesministerium gearbeitet“ habe. Eine Antwort bekamen die Sozialdemokraten nicht, dafür stieg nun die Presse auf das Thema ein.
Der Minister sehe sein Regierungsamt „nur als ‚Teilzeitjob‘ an“, schrieb der Spiegel. So habe Geißler einmal den chinesischen Gesundheitsminister in Bonn empfangen, diesen samt Delegation aber schon nach einer halben Stunde wieder stehen lassen, weil der CDU-Parteitag ihn Köln nicht ohne ihn starten konnte. Ministerialbeamte fühlten sich derweil zu „Hilfsarbeitern der CDU-Zentrale degradiert“, weil sie Post bearbeiten sollten, die ausdrücklich an den Generalsekretär Geißler adressiert war. Das Ergebnis: Unterm Strich habe das Ministerium innerhalb der Bundesregierung „gewiß nicht die erste Geige“ gespielt. Eher die Triangel.
Schlechter Eindruck bei den Wählern
Am Ende reichte es dann eben auch Franz Josef Strauß. Der CSU-Patriarch kam mit Geißler ohnehin nicht gut zurecht, dessen Ämterhäufung war für ihn eine willkommene Gelegenheit zur Attacke. Ein Posten müsse unter der Doppelbelastung auf jeden Fall leiden, wahrscheinlich sogar beide, klagte der Bayer. Vor allem hinterlasse es aber bei den Wählern einen schlechten Eindruck, wenn ein Spitzenpolitiker vom Staat bezahlte werde, gleichzeitig aber in zentraler Position für seine Partei arbeite, ohne dass diese Geld für ihn ausgebe.
Im Grunde ist damit auch für den Fall Altmaier alles gesagt. Generalsekretär soll der Kanzleramtschef zwar nicht werden. Seine Rolle im Wahlkampf klingt aber nach einer Vollzeit-Beschäftigung: Sogar ein eigenes Büro in der Parteizentrale wird er für seine neue Aufgabe beziehen. Schreibt er dort nur nach Feierabend am Wahlprogramm oder nimmt er für die Zeit bis zur Bundestagswahl im Kanzleramt seinen Resturlaub, ist das nicht zu beanstanden. Andernfalls ist Altmaiers neuer Job ein Problem.
Als Kanzleramtschef ist er Manager der Regierungsarbeit, Aufseher der Geheimdienste und noch dazu Koordinator der Flüchtlingspolitik. Das sind drei verantwortungsvolle Aufgaben, die für einen vierten Job im Konrad-Adenauer-Haus eigentlich keine Zeit lassen. Umgekehrt muss die CDU durch ihr neues Personalmodell mit dem Verdacht leben, Geld und Ressourcen der Bundesregierung für die eigene Wahlkampfplanung umzuwidmen. Das macht nicht nur beim Wähler einen schlechten Eindruck, sonder ist auch durch das Grundgesetz nicht vorgesehen.
Bleibt eigentlich nur eine Möglichkeit: Die Bundeskanzlerin untersagt ihrem Minister seine neue Nebentätigkeit. Das wiederum wird nicht passieren, da Angela Merkel neben ihrer Funktion im Kanzleramt ja ebenfalls ein Büro im Konrad-Adenauer-Haus unterhält, womit wir auch schon beim nächsten Interessenkonflikt ankommen. In anderen Ländern ist es ausgeschlossen, dass Regierungschefs gleichzeitig ihre Partei führen. In Deutschland nicht. Seltsamerweise hat das aber schon Franz Josef Strauß nicht gestört.
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