■ Die Anderen: Die Währungsunion hat, so "Le Monde", Mißtrauen zwischen Bonn und Paris geschürt / "France-Soir" und "Liberation" schreiben zu den deutsch-französischen Beziehungen / "Svenska Dagbladet" kommentiert das Streikende in Dänemark
Die Währungsunion hat, so „Le Monde“, Mißtrauen zwischen Bonn und Paris geschürt: Der Gipfel in Avignon hat in einem Klima der Ernüchterung begonnen. Der politisch geschwächte Bundeskanzler Kohl, dem im September eine schwierige Wahl bevorsteht, ist von dem von Chirac in Brüssel durchgefochtenen Kompromiß über den Präsidenten der Europäischen Zentralbank ernstlich erschüttert worden. Sicher, der Euro steht auf den Schienen. Die Franzosen – die mit dem Euro die deutsche Wiedervereinigung austreiben wollten – können dafür Helmut Kohl dankbar sein. Der Kanzler hatte versprochen, er werde die deutsche Wiedervereinigung und die Vereinigung Europas gleichzeitig betreiben, und er hat Wort gehalten. Aber der Aufbruch zur Währungsunion hat eine Bresche des Mißtrauens in die deutsch- französischen Beziehungen geschlagen. Für die nächste Etappe, die Konsolidierung der politischen Union, wird viel Wachsamkeit erforderlich sein.
Die Pariser Boulevardzeitung „France-Soir“ schreibt zum deutsch-französischen Gipfeltreffen in Avignon: Es ist jetzt Sache Chiracs, die Dankesschuld zu zahlen, die Frankreich bei Helmut Kohl hat, denn seit 16 Jahren hat der Bundeskanzler im mühsamen Kampf um den Aufbau Europas stets auf unserer Seite gestanden. Dieser Kanzler ist der letzte, der nach Westen schaut. Sein Nachfolger wird mehr für ein nach Osten gerichtetes Europa plädieren, womit sich das Gravitätszentrum der Union verschieben und der Einfluß Frankreichs und der südlichen Staaten schrumpfen könnte. Das würde nach dem Fußtritt in Brüssel ein bißchen Nachhelfen in Avignon verdienen.
Die französische Zeitung „Libération“ schreibt zu den deutsch-französischen Beziehungen: Das schlechte Verhältnis zwischen Kohl und Chirac darf nicht überschätzt werden, unterstreichen Experten der französisch-deutschen Beziehungen. „Chirac müßte noch viel mehr Dummheiten anstellen, wenn er es ebenso schlimm treiben wollte wie François Mitterrand bei seiner Reise nach Ost-Berlin 1989“, merkt Professor Joseph Rovan ironisch an und erinnert an den Irrtum des früheren Präsidenten zum Zeitpunkt der Auflösung des ostdeutschen Regimes.
Die schwedische „Svenska Dagbladet“ kommentiert das Streikende in Dänemark: Der Inhalt des Streikstopps ist nicht nützlich. Nach der verwegenen Forderung der Gewerkschaft nach der sechsten Urlaubswoche ist die Regierung den Arbeitnehmern weit entgegengekommen. So weit, daß man die Kosten nicht ganz den Arbeitgebern anlasten konnte. Man senkte also deren Abgaben. Dies soll nun durch „zusätzliche staatliche Einnahmen“ kompensiert werden. Der Steuerzahler wird also wie immer die Zeche zahlen.
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