Die ARD und ihre Produzenten: „Ihr könnt das? Dann liefert jetzt mal“
Die ARD will Zugeständnisse an ihre TV-Produzenten machen und schreibt das in ein Papier. Am Ende soll ein besseres Programm stehen.
Die ARD-Vorsitzende Karola Wille spricht von einem „Novum“. Es sei eine „etwas ungewöhnliche Zusammensetzung“, dass Produzenten und Sender erstmals zu einem gemeinsamen Pressegespräch eingeladen hätten. Die Erwartungen der Anwesenden in Raum 1 der Berliner Pressekonferenz seien demnach entsprechend groß – „zu Recht“, sagt Wille.
Tatsächlich könnte das Papier, das die ARD zur künftigen Ausgestaltung der Beauftragung von TV-Auftragsproduktionen am Donnerstag vorlegte, einen Paradigmenwechsel in der deutschen Fernsehlandschaft einläuten.
Alexander Thies, Vorsitzender des Gesamtvorstands der Produzentenallianz, dem größten Lobbyverband deutscher Film- und Fernsehproduzenten, ist sichtlich stolz auf das, was er dort mitpräsentieren darf. Lange und zäh hatten sich die Verhandlungen darüber hingezogen: Zwei Jahre lang rangen Produzenten mit der ARD. Es sind längst überfällige Anpassungen, die nun in dem 50-seitigen Dokument nachzulesen sind.
Entscheidende Zugeständnisse sollen die Position der TV-Produzenten stärken und den neuen Markt- und Rahmenbedingungen der Branche Rechnung tragen: Der Punkt „Kalkulationsrealismus“ soll essenziellen zusätzlichen Ausgaben Rechnung tragen, die bisher im Budget versteckt werden mussten. Neben den bislang üblichen vollfinanzierten Auftragsproduktionen durch den Sender, die Produzenten zu reinen Dienstleistern degradieren, sollen sie zudem durch die Möglichkeit der Mitfinanzierung Verwertungsrechte erhalten. Das ist in Zeiten von Video-on-Demand und einem international äußerst vitalen Serienmarkt wichtig für die unternehmerische Kraft der Produktionsfirmen.
Ausgerechnet die föderale ARD
Ein „Leistungsmodell“ soll außerdem Nominierungen und Auszeichnungen bei Wettbewerben mit Prämien belohnen. Auftragsvergaben sollen transparenter gestaltet werden. Dabei soll die Erstattung der Entwicklungskosten im Auftrag des Senders, unabhängig von der Verwirklichung der Stoffidee, das Risiko für Produzenten senken und ihre Innovationsfreude schüren.
„Das ist die umfangreichste Verbesserung in der Geschichte der Fernsehauftragsproduktion in Deutschland, die wir bei einem Sender erreicht haben“, sagt Christoph E. Palmer, Geschäftsführer der Produzentenallianz. Er zeigt sich sichtlich zufrieden mit der Einigung, obwohl seine Seite sich nicht in allen Punkten durchsetzen konnte.
Dass ausgerechnet die schwerfällige föderale ARD diesen Schritt auf die Produzenten zugeht, während das ZDF und noch weniger die Privaten bislang noch keine Anstalten gemacht hätten, sich auf konkrete Gespräche einzulassen, rechnet Thies der ARD hoch an. Durch das Engagement von Wille und Christine Strobl, der Geschäftsführerin der ARD-Filmeinkaufsgesellschaft Degeto, habe es die Möglichkeit gegeben, die Grundlage für die „Erschaffung des bestmöglichen Programms“ zu legen.
Strobl betonte, dass es den ARD-Verantwortlichen weniger um faire Vertragsbedingungen gehe, sondern um eine „Belebung des Markts“ und einer neuen Innovationskraft: „Alle Produzenten und Autoren sagen immer: Wir können das, ihr müsst uns nur die Möglichkeit geben. Jetzt sagen wir: Wir nehmen euch beim Wort, und jetzt liefert mal.“
Inwieweit die ambitionierte Selbstverpflichtung der ARD überhaupt zum Tragen kommt, ist momentan allerdings noch offen. 50 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr würden solche Maßnahmen verursachen. Diese wurden von der ARD zwar bereits bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) angemeldet, die offizielle Einschätzung der Behörde steht jedoch noch aus. Auf die Gebührenzahler, so beteuern die Beteiligten, sollen die Zusatzkosten nicht zurückfallen.
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