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Deutschlands neue SicherheitsstrategieRatlos statt vorbereitet

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Bundesregierung rüstet sich für den Ernstfall, militärisch und beim Zivilschutz. Als Bür­ge­r:in weiß man am Ende aber nicht, was das soll.

Der Regierungsbunker in NRW mit Schutzanzügen Foto: Ralf Rottmann/imago

W er etwas älter ist und die Zeiten des Kalten Kriegs miterlebt hat, weiß, was Zivilverteidigung bedeutet. Jedenfalls in der Theorie. So wurden DDR-Schüler:innen damit traktiert, dass sie sich im Falle eines Atomschlags auf der Straße in den Rinnstein legen sollten. Damit würden sie ihr Leben retten. Jugendliche im Westen haben dagegen Filme gezeigt bekommen, in denen sich Kinder jenseits der Mauer unter der Schulbank verkrochen. Tenor: Schaut mal, wie doof die im Osten sind.

Ja, das war saudoof. Das wussten auch die jungen Menschen in der DDR. Lernen mussten sie es trotzdem, das war Staatsdoktrin. Jetzt steht der Krieg wieder vor der Tür, zumindest theoretisch, diesmal sind die Deutschen geeint betroffen – auch beim Zivilschutz. Daher rüstet die Bundesregierung nicht nur militärisch auf, sondern auch mit Ratschlägen fürs Volk, was im Kriegsfall zu tun sei. Klingt hilfreich, schließlich müssen die Menschen vorbereitet sein.

Aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dabei eine gehörige Portion Panikmache mitschwingt. Oder wie sind Hinweise zu Bunkern zu verstehen, die im „Sachstands­bericht zur Entwicklung eines modernen Schutzraumkonzepts“ auftauchen? So soll man, kommt es zu einem Anschlag, nicht nach einem zentralen Bunker suchen, sondern in einen nahen Keller fliehen: in den eines Hauses, eines Einkaufscenters, in die U-Bahn, in eine Tiefgarage. Das klingt tatsächlich sinnvoll.

Gleichzeitig mildert der Bericht, über den die Innenministerkonferenz im Juni beraten will, seine eigenen Ratschläge wieder ab. Denn, so vermuten die Expert:innen, es seien „keine flächendeckenden Bombardements zu erwarten“. Anders als im Zweiten Weltkrieg würden also keine ganzen Städte großflächig zerstört.

Um dann aber doch wieder zu betonen, dass eigene Kellerräume schon jetzt mal umgerüstet und Kellerfenster abgedichtet werden sollten. Am Ende bleiben die Menschen eher ratlos und ängstlich zurück, als dass sie wissen, was sie jetzt schon tun können. Und tatsächlich tun sollten.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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1 Kommentar

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  • "Aber man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dabei eine gehörige Portion Panikmache mitschwingt."

    Soso, Panikmache.

    Es ist genau andersherum: in Deutschland haben die meisten Menschen den Ernst der Lage absolut nicht verstanden. Sie glauben immer noch, dass der Krieg nie zurückkommen könnte.

    In Skandinavien und im Baltikum gibt es sehr viel detaillierte Zivilschutzkonzepte. In Helsinki z.B. sind die U-Bahnen als Schutzräume konzipiert. In Oslo sieht man im Straßenbild immer wieder Schilder, die den Weg zum nächsten Schutzraum weisen. Im Baltikum besuchen viele Menschen Zivilverteidigungskurse, eingeschlossen Übungen mit Schusswaffen, damit sie sich im Ernstfall auch direkt gegen die Russen (wen sonst?) verteidigen können. Viele Menschen dort haben detaillierte Pläne, was sie im Falle eines russischen Angriffs tun werden und die Notfalltaschen sind gepackt.

    Alles Panikmache? Es ist doch genau diese deutsche Überheblichkeit, die uns in die Abhängigkeit von Russland und in diesen absurden Optimismus geführt hat. Alle anderen sind hysterisch, nur wir Deutschen sind abgeklärt und beurteilen die Lage realistisch.