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Deutschlands Aus bei der Basketball-EMSchlotternde Knie in der Crunchtime

Vorrunde im eigenen Land und zwei NBA-Spieler in der Mannschaft: Warum hat es trotzdem nicht gereicht fürs deutsche Basketball-Nationalteam?

Bundestrainer Chris Fleming. Foto: ap

Berlin taz | Wenn enge Spiele verloren gehen, sind es immer Kleinigkeiten, die so ein Spiel entscheiden: eine kurze Unaufmerksamkeit in der Verteidigung, ein dummer Ballverlust oder ein Freiwurf, der in letzter Sekunde daneben geht. Der deutschen Basketball-Nationalmannschaft ist das in eben jener Reihenfolge gegen Serbien, Italien und Spanien passiert.

Drei knappe Partien, von denen die Auswahl mindestens eine hätte gewinnen müssen, um eine Chance aufs EM-Achtelfinale zu haben. Stattdessen blickte man am Donnerstagabend in der Berliner Arena am Ostbahnhof nach dem Vorrunden-Aus in traurige Gesichter. „Das ist die größte Enttäuschung in meiner Karriere“, sagte Heiko Schaffartzik nach der 76:77-Niederlage gegen Spanien. „Das ist verdammt bitter“, kommentierte Dirk Nowitzki nach seinem womöglich letzten Länderspiel, der mit 37 Jahren nicht mehr die Galavorstellungen abliefern konnte, wie noch vor einigen Jahren.

Die Führungsrolle hatte Nowitzki dem 16 Jahre jüngeren Dennis Schröder überlassen (siehe Text oben). Das klappte nicht immer. „Dennis spielt bei uns eine komplett andere Rolle, als in Atlanta bei den Hawks“, legte Bundestrainer Chris Fleming schützend die Hand über seinen mit Abstand besten Offensivspieler, der in der NBA in den entscheidenden Phasen zumeist nur auf der Bank sitzt. Dennis Schröder habe nun gesehen, wie man ein Spiel zum Schluss verwalten müsse. „Das ist das, was einen Point-Guard definiert“, sagte Chris Fleming. „Das waren ganz wichtige Erfahrungen für ihn.“

Das frühe EM-Aus am talentiertesten deutschen Basketballer seit Nowitzki festzumachen, wäre zu einfach. Letztlich scheiterte die Mannschaft an ihrer Unerfahrenheit und mangelnden Qualität bei den Bankspielern. „Es fehlte an der Athletik unter dem Korb“, klagte Nowitzki. Elias Harris (zwei Eingriffe am Finger), Maxi Kleber (Fußverletzung) und Daniel Theis (Schulter), die diese Rolle hätten ausfüllen können, hatten verletzungsbedingt abgesagt. Besonders die Absage von Theis wurmte den DBB. Der 23-jährige Flügelspieler hatte nach einer Schulteroperation für die EM gepasst, spielte in den vergangenen Tagen aber mehrere Vorbereitungsspiele für seinen Klub Bamberg.

Interessante junge Leute

Der Aderlass auf den großen Positionen setzte sich in der Sommervorbereitung fort. Maik Zirbes zog sich zwei Wochen vor Turnierstart einen Bänderriss zu. „Zirbes war unser absoluter Fels in der Brandung“, sagte Nowitzki über den bulligen Center. Coach Chris Fleming musste auch wegen kleinerer Verletzungen von Schröder, Maodo Lo oder Alex King immer wieder seine Rotation justieren und hat sie während des EM-Turniers nie wirklich gefunden. „Das Gute für den deutschen Basketball ist, dass wir eine Generation von jungen Spielern haben, die auch gemeinsam eine richtig gute Zukunft haben“, sagte Fleming.

„Wir haben super interessante junge Leute“, findet auch Dirk Nowitzki. Damit sich die Jungs weiterentwickeln „müssen sie tragende Rollen in ihren Vereinen kriegen, sie müssen Spielzeit kriegen“, forderte Nowitzki und legte damit den Finger in die Wunde. Außer Schaffartzik, Johannes Voigtmann und Anton Gavel, der nach dem Hickhack mit dem slowakischen Verband um seine Einbürgerung eine enttäuschende EM gespielt hat, kam kein EM-Nationalspieler über 20 Minuten Einsatzzeit in der Liga.

In den entscheidenden Momenten übernehmen in der Liga meistens die US-Amerikaner die Verantwortung. „Da blockieren wir uns in unserer Entwicklung selber“, bemängelte Nowitzki.

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