Deutschland und der Klimawandel: Und nun zum Wetter

In der Kolumne „Zukunft“ blickt unser Autor monatlich ein Jahr voraus. Diesmal blicken wir auf den Kältesommer, Klimawandel und baden an Silvester.

Passanten waten über eine überschwemmte Straße in Berlin

Wenn Regenschirme nur noch bedingt helfen Foto: Marius Schwarz/imago

Wir schreiben das Jahr 2023. Erneut ist der Frühling zu feucht, der Sommer zu nass und beide zu kalt: erst der Kältemai 2021, dann der Eisjuni 2022 und nun der Schnatteraugust 2023. „Wir haben es ja gewusst: von wegen Klimawandel!“, frohlockt unisono das Böse aus Bild, Gauland und Väterchen Frost.

Doch natürlich ist auch das Klimawandel. Was 1816, im „Jahr ohne Sommer“, noch der indonesische Vulkan Tambora per Ausbruch bewerkstelligte, hat der Mensch vor allem in den jüngsten hundert Jahren selbst geschafft. Es müssen nicht immer nur Hitzewellen, Dürren und Waldbrände sein. Auch andere Extremwetterlagen sind oft Zeichen eines gestörten Gleichgewichts. Reißt zum Beispiel klimabedingt der für den raschen Wechsel von Hochs und Tiefs zuständige Jetstream ab, kann eben nicht nur zu warmes und zu trockenes, sondern auch zu nasses und zu kaltes Wetter ungewöhnlich lang an Ort und Stelle bleiben. Genau das ist es, was wir nun den dritten Sommer in Folge erleben.

Von wegen „nach uns die Sintflut“. Mit uns, über uns, gegen uns und vor allem auf uns. Platsch. Schnee. Hagel. Als der Klimawandel noch bestes Barbecue-Wetter nicht nur für Koalabären verhieß, haben wir Älteren bloß lässig abgewinkt. Der Generationenvertrag bedeutete uns weniger als der Hitler-Stalin-Pakt seinen vergleichsweise vertrauensvollen Paten. Das Leben war schön, jeder Tag war hitzefrei, und was kostete die Welt? Doch allenfalls die Zukunft unserer nervtötenden kleinen Nachfahren.

Aber jetzt, wo auch sie buchstäblich kalte Füße bekommt, leistet selbst die FDP Abbitte. Deren Vorsitzender Christian Lindner steigt öffentlichkeitswirksam aufs Fahrrad um, wenngleich für den Anfang erst mal eines mit Benzinantrieb und 90 PS.

Früher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon von der Gegen-wart genug. Wir blicken trotzdem einmal im Monat immer ein Jahr voraus.

Die Apocalypso und die Opifloskel

„Wir werden alle ertrinken, erfrieren und verschimmeln“, unkt bereits meine Hausnymphe Apocalypso, für die das Glas nach nur einem halben Schluck stets viertel leer (oder „viertel VOR leer“, wie man im Westen sagt) erscheint. „Gemach, mein liebes Unkchen“, beruhige ich sie dann. „Es gibt kein falsches Wetter, es gibt nur falsche Kleidung.“ Damit bin ich im Rattenrennen um die lahmste Opifloskel zwar ganz vorne mit dabei, doch das ist mir schon lang egal.

Außerdem kann es durchaus sein, dass sich das Wetter eines Tages doch noch mal zu einer vagen Änderung hin bequemt. Und ohnehin hat ja alles auch sein Gutes, wie den Badewinter 22/23, als Silvester am Teufelssee kaum Platz war, um das Handtuch auszubreiten – wie sagt mein Futurologe Zbigniew immer: Man muss die Jahreszeiten feiern, wie sie fallen.

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Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

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