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Deutschland im OECD-MigrationsberichtBeliebtheitsgrad: sehr mäßig

Immer weniger Zuwanderer kommen laut des Migrationsberichts der OECD nach Deutschland. Erstmals sind die meisten auch nicht mehr aus der Türkei.

Die ausgelassene Stimmung auf dem Berliner Karneval der Kulturen kann nicht darüber hinwegtäuschen: Ein angesagtes Migrationsziel ist Deutschland nicht gerade. Bild: imago/Gerhard Leber

BERLIN taz | Die Türkei ist 2009 erstmals nicht mehr unter den Top drei der Zuwanderungsländer nach Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt der Migrationsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der am Dienstag in Paris vorgestellt wurde. Demnach rangieren Polen, Rumänien und Bulgarien auf den Plätzen eins bis drei und verdrängen damit erstmals seit fast 50 Jahren den Bosporus-Staat von einer Spitzenposition.

Die Studie der OECD konzentriert sich auf Migrationsbewegungen innerhalb ihrer 34 Mitgliedstaaten. Untersucht werden Trends, Arbeitsmigration und Zuwanderung von Studenten sowie Einwanderungspolitik und das Unternehmertum von Migranten.

Laut Bericht kamen 2009 erneut weniger Menschen nach Deutschland. Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der Einwanderer von 228.300 um 13 Prozent auf 197.500 ab, darunter etwa 18.000 Hochqualifizierte. Damit liegt die Bundesrepublik zwar auf Rang acht der Beliebtheitsskala bei den Einwanderungsländern, bezogen auf die Gesamtbevölkerung belegt Deutschland aber nur den vorletzten Platz bei der Zuwanderung in den OECD-Staaten. Nur in Japan ist der Anteil an Einwanderern noch geringer.

Zugenommen hat die Zahl der ausländischen Studenten in Deutschland. "Internationale Studierende werden zunehmend als wichtige Ressource für den Arbeitsmarkt erkannt", sagt Thomas Liebig, Referent der Abteilung Internationale Migration bei der OECD. So kamen 2009 mit mehr als 60.000 Menschen mehr angehende Akademiker aus dem Ausland hierher als je zuvor. 27 Prozent von ihnen bleiben auch nach Abschluss ihres Studiums in der Bundesrepublik. Deutschland gehört damit zusammen mit den USA, Großbritannien, Frankreich und Australien zu den Top fünf unter den OECD-Staaten. Der Anteil an chinesischen Studierenden lag allerdings mit 15 Prozent 5 Prozentpunkte unter dem OECD-Schnitt.

Schweiz steht an der Spitze der Statistik

In den meisten OECD-Staaten gibt es mehr selbstständige Migranten als Einheimische. In Polen etwa hat fast jeder dritte Einwanderer ein eigenes Geschäft. Deutschland liegt mit knapp zehn Prozent weit dahinter zurück, wobei die Bundesrepublik insgesamt nicht zu den unternehmerfreudigsten Ländern zählt. Dennoch hat sich die Zahl der Unternehmensgründungen seit Ende der 1990er Jahre unter den Einwanderern verdoppelt. Mehr als 100.000 von ihnen sind seither den Weg in die Selbstständigkeit gegangen.

An der Spitze der Einwanderungsstatistik steht die Schweiz: Mit 114.800 Zuwanderern im Jahr 2009 ist ihr Anteil - bezogen auf die knapp acht Millionen Einwohner - fast sechsmal höher als in Deutschland. OECD-Referent Liebig nennt als Hauptgründe für das größere Interesse an der Schweiz die zahlreichen Freizügigkeitsabkommen mit anderen OECD-Staaten und das hohe Lohnniveau dort.

Dieses zieht auch nach wie vor viele Deutsche in die Alpenrepublik. Von den insgesamt 131.000 deutschen Auswanderern gingen 2009 allein 33.900 Menschen in die Schweiz. Auf Rang zwei der Beliebtheitsskala der Deutschen rangiert Österreich. In beiden Ländern sind sie die größte Einwanderungsgruppe und arbeiten dort vor allem im Bereich der Medizin und Forschung, im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Handwerk.

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10 Kommentare

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  • O
    Osman

    Deutschland hat sich aber auch wirklich sehr bemüht, dass es so wird wie es momentan ist. Und es werden deutlich weniger werden, schon allleine wegen dem steigenden Wohlstand in der Türkei.

     

    Wer weiß, villeicht trifft man sich ja eines Tages am Bosporus wieder. Für alte Freunde hat man doch immer ein Zimmerchen frei. ;)

  • O
    Osman

    Deutschland hat sich aber auch wirklich sehr bemüht, dass es so wird wie es momentan ist. Und es werden deutlich weniger werden, schon allleine wegen dem steigenden Wohlstand in der Türkei.

     

    Wer weiß, villeicht trifft man sich ja eines Tages am Bosporus wieder. Für alte Freunde hat man doch immer ein Zimmerchen frei. ;)

  • I
    Irene

    Das Migazin meldet heute "Deutlich mehr Zuzüge aus dem Ausland" für 2010. http://www.migazin.de/2011/07/13/wanderung-2010-mehr-zuzuege-aus-dem-ausland/

  • F
    franziska.qu

    Einwanderung und Einwanderungs"erfolg" nach Masse? Wie armselig. Dann könntet ihr, was vermutlich sowieso bereits heimlich geschieht, in alle Länder dieser Welt Millionen von deutschen Staatsbürgerschaften und Reisepässe zum verschenken schicken. Mit einem Informationsblatt mit ausführlichen Hinweisen auf das Sozialsystem und die mittels Hartz4 bezahlte Wohnung. Dann habt ihr eure tägliche Steigerung der Zuwanderung. Wo sind die Statistiken über die bereits eingewanderten Menschen und die Unterteilung, wieviele qualifiziert (= Ausbildungsberuf/Studium) sind und Arbeit haben, wieviele ohne jegliche Ausbildung sind aber Arbeit haben und wieviele ohne Ausbildung (und Interesse)ganz schlicht Hartz4 beziehen? Die Vorgehensweise der deutschen Regierungen scheint zu sein: hauptsächlich viele Menschen aus anderen Ländern ins Land, jeder der kommt ist automatisch als bei uns fehlende Fachkraft zu bezeichnen. Meine Meinung: ein Einwanderungsmoratorium sofort. Situationsanalyse. Beheben evtl vorhandener Defizite in den Bereichen Ausbildung, Sprache, Integration. Weiter ist zu schauen, wieso die Wirtschaft angeblich Ingenieure sucht, zig Tausende aber arbeitslos sind. Ferner, wieso im Lande angeblich PflegeFACHkräfte (= also 3jährige examinierte Altenpflegerin oder Krankenschwester)fehlen, viele davon jedoch in D nicht benötigt werden und ..wohin zum Arbeiten gehen? Das gleiche bei den Ärzten. Ironischer Weise sagt die Regierung, uns fehlen Ärzte (also holen), obwohl sie nicht fehlen (sagt der Ärzteverband) und die Kassen die Anzahl der Ärzte sowieso lieber senken würden. Usw. Wieso eigentlich wird vom politisch-wirtschaftlich-medialen Herrschaftskomplex nie reflektiert, aus welchen Gründen Hunderttausende von Deutschen (Fachkräfte, =also mit Berufsausbildung/Studium) Deutschland verlassen? Welche Hintergründe kann es für eine auf den ersten und zweiten und dritten Blick absolut sinnlose Politik geben?

  • KS
    Kay Sokolowsky

    Kaum steht in der taz was über den realen Chauvinismus und Rassismus in Deutschland und seine Auswirkungen, tauchen die üblichen Verdächtigen von "Politically Incorrect" hier auf. Wie immer zu feig, ihre Namen zu nennen, liefern sie freilich hervorragendes Anschauungsmaterial, warum immer weniger Menschen Lust haben, in dieses gedächtnislose, erzmenschenfeindliche Land einzuwandern bzw. länger zu bleiben, als unbedingt nötig.

    Aber warum immer wieder bei der taz? Wollen diese Trolle das Stammpublikum der taz bekehren? Oder gibt's da eine interne Anweisung von Stefan Herre an seine besonders gläubigen Esel? - Das könnte man ja auch mal erforschen; ist aber schon sehr eklig.

  • HN
    HANS NIX

    Wer hätte es anders erwartet? Deutsch wird weltweit nicht stark gesprochen oder gelehrt (Goethe-Institut ist auch ein Sparschwein der Regierung) und die Xenophobie/Fremdenfeindlichkeit der Deutschen ist legendär bis aktenkundig.

     

    Und die Löhne stagnieren und der Druck ist groß. Dazu kommen noch hochspekulierte Preise für Immobilien in München, Köln, Stuttgart, Frankfurt/M und Hamburg - bleibt nicht viel übrige für Deutschland. Und natürlich kommen Leute, wenn sie hier bereits ein Umfeld/Bekannte/Verwandte haben. Also kommen ähnliche Leute, wie die, die schon hier sind. Wenig verwunderlich.

     

    Schlimmer ist aber, dass immer noch qualifizierte Normaldeutsche ins Ausland gehen. Zwar scheint deren Zahl zu sinken, aber das Ausland ist ja nicht mehr so attraktiv.

  • L
    Leidkultur

    Meinetwegen muss gar keiner mehr kommen.

  • FF
    Fragen über Fragen

    Man müsste die "Migrationsstatistik" mal nach Nationen, Religion und Qualifizierungsgrad aufschlüsseln. Schweiz=Deutsche Ärtze und europäische Facharbeiter. Und in Deutschland? Desweiteren gibt es in der Schweiz Demokratie. Bei uns? Dann würde mich noch wundern warum es die "Migranten" in der Schweiz nicht stört wenn Minarette verboten werden und kriminelle Ausländer abgeschoben werden. Vielleicht weil die neuen "Migranten" in der Schweiz weder Moslems noch kriminell sind? Fragen über Fragen.

  • I
    Interpretator

    Also über 175.000 Nicht-Qualifizierte? Wo kommen die unter, wo finden die Jobs, sind es Import-Bräute und Bräutigame, Studenten? Viele Fragen, wenig Antworten. Je niedriger die Zuwanderung von Leuten, die keine Aussicht auf Arbeit haben und deshalb von vornherein von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen sind, desto besser für das Land. Es ist unfair gegenüber den Zuwanderern ebenso wie gegenüber der Gesellschaft, Leute ins Land zu lassen, die hier nur marginalisiert leben könnten. Wer kommt, der soll eine Perspektive haben auf Arbeit, Teilhabe und nach einer bestimmten Zeit auf die Staatsbürgerschaft. Aber bitte in der Reihenfolge und bei religiösem Fanatismus oder Gewaltvorfällen mit Rückkehroption. So wie es sich für ein Einwanderungsland gehört.

  • DJ
    Dirk Jäckel

    Unter 10% Hochqualifizierte? Da läuft gehörig was schief! Darum würden mich die Vergleichszahlen der Länder mit vernünftigerer Einwanderungspolitik interessieren (Schweiz z.B.).