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Deutschland im Halbfinale der Fußball-WMBowlingkugel schlägt Eleganz

Deutschland gewinnt gegen Frankreich im Elfmeterschießen. Es war das vorweggenomme Finale, in dem Frankreich das bessere Team war.

WM-Debütantin und Weltfußballerin, Schmerz und Freude: Claire Lavogez und Nadine Angerer nach dem entscheidenden Elfmeter Foto: dpa

Was bisher geschah: Da Frankreich sein Achtelfinale gegen Südkorea nicht nur souverän, sondern auch mit bezaubernder Technik gewonnen hat, sind Les Bleues vor dem Viertelfinale gegen Deutschland im Stade Olympique von Montréal leicht favorisiert. Französische Eleganz trifft auf deutsche Bowlingkugel. Der alles aus dem Weg hauende Kugelblitz hat allerdings bisher in jedem internationalen Turnier das schöne Spiel geschlagen.

Das Spiel: Flanke von Elodie Thomis auf Louisa Necib in der ersten Minute: Tor. Nein. Leider vorbei. Aber es hätte der Führungstreffer der Französinnen sein können. Die beginnen nicht nur rasant, sondern dominieren die gesamte erste Halbzeit, lassen die Deutschen kaum über die Mittellinie kommen. Sie sind schneller, wacher und streuen der deutschen Maschine derart viel Sand ins Getriebe, das die nur stottert und dringend Schmieröl braucht.

4 Ecken, 14 Torschüsse, zwei direkt aufs Tor. Allein die Reaktionsschnelligkeit von Torhüterin Nadine Angerer und Verteidigerin Annike Krahn kann mit der Schnelligkeit der Französinnen mithalten. Würden die ihre Chancen auch noch nutzen, hätten die Deutschen hier keinerlei Chance. Dafür sorgen auch die hellwachen Abwehrspielerinnen Wendie Renard und Laura Georges.

Die Deutschen wechseln munter ihre Flügelspielerinnen hin und her, weil sie nicht mehr wissen, wie sie dieses Spiel noch unter Kontrolle kriegen sollen. Sie sind unpräzise, fast jeder Ball, den sie erobern, geht ihnen gleich wieder verloren. In der 14. Minute gibt Simone Laudehr mal eine hübsche Flanke auf Célia Sasics Kopf, die den Ball aber übers Tor hebt. Zwingender ist der zweite Torschuss in der 38. Minute von Louisa Necib. Nadine Angerer hält, was ihr Titel als Weltfußballerin verspricht.

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Gerade wegen des aktuellen Fifa-Skandals wollen wir genau auf diese WM schauen. Vor Ort macht das taz-Redakteurin Doris Akrap, in Berlin kümmern sich Johannes Kopp (Sportredakteur), Martin Krauss (Pauschalist), Ronny Müller (Volontär), Richard Noebel (Layout), Sebastian Raviol (Praktikant), Andreas Rüttenauer (Chefredakteur) und Markus Völker (Sportredakteur) um die Fußball-WM.

In der zweiten Halbzeit kommt Joker Dzsenifer Maroszan für Anja Mittag. Zunächst wirkt das Spiel der Deutschen durch sie konzentrierter als vorher. Maroszan holt sogar einen Freistoß in der 57. Minute raus. Aber es reicht nicht. Louisa Necib kommt endlich zum Tor, schießt aus gut 20 Metern Distanz in der 64. Minute den überaus verdienten Führungstreffer. Die Deutschen reagieren zunächst grantig, holen sich zwei gelbe Karten. In der 84. Minute kann Sasic allerdings endlich vorm Tor niederknien. Sie verwandelt einen Elfmeter. Das Spiel der Deutschen wird zwar trotzdem nicht wirklich heiß. Aber heißer. Nach 92 Minuten: Abpfiff.

Schon vor dem Elfemter war zu merken, dass den Französinnen die Puste ausgeht. In der Verlängerung wird das immer deutlicher. Die Deutschen kriegen auf ein Mal Räume, die sie in den vorangegangenen 90 Minuten nicht hatten. In der 112. Minute kommen aber nicht etwa die Deutschen, sondern die Französinnen nochmal dem Sieg sehr nahe. Ein schöner Spielzug der Französinnen mit Torschuss, aber Nadine Angerer ist natürlich da, wo sie sein muss. Man musste ja schon einige Male die Hände vors Gesicht schlagen. Aber von all den Chancen, die die Französinnen in diesem Spiel vergeben haben, ist die in der 116. Minute die wohl eindeutigste, skurrilste und wahrscheinlich ärgerlichste. Gaetane Thiney schießt, einen Meter frei direkt vorm Tor stehend, dran vorbei.

Maroszans Distanzschuss von der Mittellinie hingegen ist hilflos. Anders als der von Kheira Hamraoui, die in der 119. Minute aus 20 Metern einen abgibt, der um Millimeter das Tor verfehlt. 120. Minut: Abpfiff. Die Mehrheit der 24.859 Zuschauer im Stadion tut in den folgenden Minuten alles, um die Deutschen zu irritieren. Buht jede deutsche Elfmeterschützin beim Gang zum Ball aus. Aber es nützt nichts. Alle treffen. Erst die letzte Französin scheitert an der deutschen Torhüterin.

Der entscheidende Moment: Die allerletzten Sekunden. Ausgerechnet die jüngste französische Spielerin, die WM-Debütantin Claire Lavogez, als letzte schießen zu lassen, war der entscheidende Fehler, der den Französinnen den verdienten Sieg kostet.

Die Pfeife des Spiels: Die Schiedsrichterin. Den Elfmeter für Deutschland hatte sie wegen dem ausgestreckten linken Arm der Französin Amel Majri gegeben. Der Arm aber war vorher schon ausgestreckt. Regelkonform ist es wohl. Eine Torchance hatte Leonie Maier allerdings mit dem an Majri abgeprallten Schuss nicht gehabt.

Die Spielerin des Spiels: Nadine Angerer für die Fifa. Simone Laudehr für mich. Zumindest im deutschen Spiel. Dort war sie die einzige, die nicht wie eine Bowlingkugel spielt und den Ball einfach nur irgendwohin drischt. Einige wunderschöne Flanken, einige durch kleine fliegende Trippelschritte eroberte Bälle. Laudehr kann es mit der Anmut des französischen Spiels durchaus aufnehmen.

Die besondere Szene: Nach einem Freistoß in der 6. Minute steht die kanadische Schiedsrichterin direkt vor der französischen Spielerin, die den Ball abnehmen will. Es hätte eine gefährliche Torchance werden können, hätte Carol Anne Chenard nicht mitgespielt. Die Fifa hat doch für alles Regeln, warum gibt es eigentlich keine für solche Momente? Die Ecke hätte man wiederholen müssen.

Schlussfolgerung: Es war das vorhergesagte vorweggenommene Finale. Und eines, in dem die Französinnen deutlich besser waren. Die Deutschen haben keinen Plan B für Situationen, in denen ihnen die Gegnerinnen ihr Spiel aufzwingen. Die Französinnen müssen weiter an ihrer Trefferquote arbeiten.

Und sonst: Der Gegner im Halbfinale am Dienstag in Montréal heißt USA. Sie gewannen das Viertelfinale gegen China mit 1:0.

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6 Kommentare

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  • Fußball ist eine Mannschaftsportart das ständige und übertriebene glorifizieren einzelner Spieler-innen, ist dümmlich.

    Auffällig häufig glorifiziert werden entweder aus Bayern stammende oder bei einem Bayerischen Verein spielende Sportler-innen. Das bezieht sich übrigens auf alle Sportarten.

    Das ZDF ist ein Lügensender:

    Das angebliche Handspiel der Französin wurde dem Zuschauer von einer Kamera gezeigt, die uns keine Bewertung zuließ. Es gibt kein Fußballspiel wo der Zuschauer diesbezüglich und mit Absicht nicht verdummt wird.

    Fazit: Beim Sport ist die Manipulation erkennbar, wie sieht es unter der Spitze des ZDF- Eisberges aus

    Sonstiges: In einer gerade zu lächerlichen weiße werden Bayerischer Sportler-innen bevorzugt Namentlich erwähnt bzw. zum Interview gebeten.

    Zu Frau Angerer:

    Bei hohen Bällen ist Sie eher unsicher.

    Elfmeter:

    Sie sprang 4 mal in die falsche und einmal in die Richtige Ecke. Was daran herausragend sein soll ist für mich ein Rätsel...ah nun fällt es mir ein Sie kommt aus Bayern.

  • ...mich hat das Spiel der deutschen Frauen an den 'guten', 'alten' Rumpelfußball der deutschen Männermannschaft erinnert. Hinten Beton anrühren, das Spiel des Gegners zerstören, ein geschenkter Elfmeter und die Hoffnung, dass die deutsche Mannschaft in der Verlängerung die bessere Kondition hat und dann, in der gefühlt 10minütigen Nachspielzeit, den Siegestreffer erzielt. "Bowlingkugel"?, ja, so sieht's aus.

  • Ein unverdienter Sieg. Die Pfeifin:) des Spiels: Lavogesz! Die Schwalbe in der 88.Minute, heftig fies. So kanns nicht einmal Andreas Möller.

  • Artikel gut, Kommentar ebenfalls, ja auch anmutiger Fussball benötigt eben Tore um zu gewinnen. Ja Annike Krahn darf locker als "Matchwinnerin" bezeichnet werden. Und auch mal wieder die Polemik bedient. Wer solche Spiele gewinnt, braucht sich nicht wundern, plötzlich im Finale zu stehen. Bin gespannt gegen die USA.

  • Eigentlich ein sehr guter Spielbericht. Allerdings braucht eine Bowlingkugel wohl deutlich mehr Drive, Kraft und Präzision.

    Und vor allem: Wenn Sie, Frau Akrap, von einem "vorweggenommenen Finale" sprechen (heute zum wiederholten Mal), dann sagen Sie damit, dass das deutsche Team jetzt ganz sicher den Titel holt - Wollten Sie das sagen? Kann ich mir nicht vorstellen.

    Vermutlich meinen Sie, dass diese Begegnung (das Treffen, nicht das Spiel) eines Finals würdig oder einfach ein würdiges Finale gewesen wäre.

    Das liegt außer an der Formsteigerung bzw. Systemverbesserung (?) der Französinnen in den letzten Jahren natürlich auch an der traditionellen Bevorzugung des Gastgebers (Kanada), die Sie ja die letzten Tage bereits erwähnt hatten.

    Im Allgemeinen danke für Ihre Berichte!

  • "Die Spielerin des Spiels: [..] Simone Laudehr für mich. ..."

     

    Aber wohl auch nur für Sie. Angerer hat den gewohnt guten Job gemacht, auf die FIFA-Benennung zum Match player wird sie ebenfalls wie gewohnt pfeifen.

     

    Man kann das Spiel ansonsten ziemlich einfach zusammenfassen: Frankreich gegen Annike Krahn. Das war *ihr* Spiel.

     

    Den seit Jahren üblichen Kritikquatsch wegen der Schwächen bei der Spieleröffnung kann man hier wie sonst auch einfach vergessen - das war noch nie ihre Rolle und Aufgabe. Ihr Job war die Abschottung gegen die frz. Offensive. Und sie hat diesen einen Job so gemacht wie es keiner anderen möglich gewesen wäre (wobei sich hier genau die letzten Jahre bei PSG so gut bezahlt gemacht haben wie wohl niemand erwarten durfte). Im Timing, beim Stellungsspiel und bei der kompromißlosen Härte war sie die einzig richtige Spielerin an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit.

     

    Alle anderen Feldspieler haben nun zum *dritten* Mal nach der 2. Hälfte gg. NOR und der ersten Hälfte gegen THAI eine unnötige, dafür aber doppelt miserable Performance gezeigt.

     

    Wenigstens wird der gesamte DFB bis runter zu den Einlaufkindern wissen, wem genau die Deutschen das Halbfinale verdanken. Danke, Annike Krahn.