Deutscher Strommix am Neujahrsmorgen: 100 Prozent Ökostrom
Es war ein kurzer, aber epochaler Moment am Neujahrsmorgen: Die Erneuerbaren deckten den Energiebedarf Deutschlands.
Es war vor allem ein symbolisches, aber auch ein für die Energiewende epochales Ereignis: Am frühen Morgen des Neujahrstages deckte Deutschland erstmals für mehrere Stunden seinen Strombedarf rechnerisch zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Das jedenfalls besagen Daten der Bundesnetzagentur. Einem Verbrauch von knapp 41 Gigawatt (GW = Millionen Kilowatt) stand morgens um 6 Uhr eine Erzeugung aus Windkraft von knapp 35 GW, und von anderen Erneuerbaren von weiteren 6 GW gegenüber.
Es gibt allerdings auch etwas andere Zahlen, nach denen es nicht ganz gereicht hat: Die Denkfabrik Agora Energiewende errechnete für die betreffende Stunde einen Ökostrom-Anteil von 95 Prozent. Solche Differenzen können sich ergeben, weil die Zahlen zur jeweils aktuellen Stromerzeugung und zum -verbrauch auf Hochrechnungen basieren.
Sicher jedenfalls ist: Die deutsche Stromwirtschaft hat in diesen Tagen, Wochen und Monaten Geschichte geschrieben. Der 3. Januar war mit einer Summe von 940 Millionen Kilowattstunden der windstromreichste Tag bisher. In den Abendstunden drückte Sturm Burglind die Rekordleistung von 42 Gigawatt ins Netz. Schon 2017 hatte die Windkraft neue Spitzenwerte erzielt mit alleine fast 15 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) Windstrom im Dezember.
Das führte auch dazu, dass Deutschland in der Jahresbilanz mehr Strom ins Ausland lieferte als je zuvor: Nach ersten Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen waren es per Saldo 54 Terawattstunden. Dieser Wert ergibt sich aus einem Export von 82 und einem Import von 28 Terawattstunden. Durch den Export erzielte Deutschland Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro und bezahlte 0,9 Milliarden für den Import.
Nachfrage aus dem Ausland ist hoch
Seit Jahren liegen die Preise für importieren und exportierten Strom etwa auf gleichem Niveau. 2017 wurde die Kilowattstunde im Mittel für 3,55 Cent ans Ausland verkauft, der Importstrom kostete durchschnittlich 3,81 Cent, wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg errechnete. Hauptexportländer waren die Schweiz, Österreich und die Niederlande.
Die Nachfrage aus der Schweiz resultierte vor allem aus den Ausfällen der dortigen Uralt-AKW. Selbst Frankreich könnte bereits in wenigen Jahren zum Nettoimporteur deutschen Stroms werden, denn auch Frankreich kämpft mit sinkender Stromerzeugung aufgrund alternder Atomreaktoren.
Seit Jahren schon bezieht Deutschland immer weniger Strom von seinem westlichen Nachbarn, der Importsaldo ging seit 2013 von 13 auf nur noch 4 Terawattstunden zurück. In Deutschland wurde unterdessen deutlich, dass der hiesige Stromexport langsam an Grenzen stößt und ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren sich nun vermehrt in reduzierter Kohleverstromung niederschlagen wird.
Bereits 2017 sank die Stromerzeugung aus Kohle auf den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Das lag an der Steinkohle, die rund 16 Prozent weniger Strom erzeugte als im Vorjahr. Obwohl die Braunkohle noch stagnierte, dürfte der CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde im deutschen Strommix, der 2016 bei 527 Gramm pro Kilowattstunde lag, 2017 auf rund 500 Gramm gesunken sein – den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten.
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