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Deutscher Guantanamo-HäftlingEin Jahr in die Psychatrie

Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Karl Peter Bruch, will den Guantanamo-Häftling für ein Jahr in die Geschlossene einweisen. Für den Aufbau seiner Psyche.

Die beiden Männer seien keine Schläfer, sondern intensiv überprüft, so Bruch. Bild: reuters

MAINZ dpa/taz | Der Ex-Gefangene aus dem umstrittenen US-Lager Guantánamo, den Rheinland-Pfalz aufnehmen wird, wird voraussichtlich zunächst für längere Zeit in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht. "Dort soll er psychisch erstmal aufgebaut werden", sagte Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) in Mainz. Damit werde auch die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet.

Zugleich bekräftigte der Minister jedoch: "Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Gefahr. Nach unseren Erkenntnissen holen wir keinen Schläfer ins Land." Die beiden Männer - den anderen nimmt Hamburg auf - seien intensiv überprüft worden.

"Wir kennen ihre familiären Verhältnisse, wir wissen, dass sie nichts mit Terrorismus zu tun haben." Bruch geht davon aus, dass der Mann mindestens ein Jahr lang in der geschlossenen Einrichtung leben wird. Anschließend soll er unter anderem einen Sprachkurse belegen. "Bisher wollen beide Männer in Deutschland bleiben." Und die Kosten? "Sie werden nicht allein an Rheinland-Pfalz hängen bleiben, der Bund wird sich beteiligen", versicherte Bruch.

Ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums relativierte am Sonntag die Aussagen des Ministers gegenüber der taz. Es werde angenommen, dass der ehemalige Häftling, der nach Rheinland-Pfalz kommt, so stark psychisch und physisch geschädigt ist, dass die Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung am Anfang notwendig sein wird, so der Sprecher. Zu der Aussage des Ministers, die Öffentlichkeit sei dann vor ihm sicher, sagte er: "Das ist die logische Konsequenz. Wenn er kommt, wird das eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit sein. Es ist klar, dass er, bis er integriert ist, nicht frei herumschwirrt", sagt der Sprecher. Er werde aber nicht zwangseingewiesen werden, sondern man werde versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass er Hilfe benötigt.

Die Modalitäten zur Aufnahme der Männer sollen in einer Arbeitsgruppe mit dem Bundesinnenministerium und Hamburg geklärt werden. Ein erstes Expertentreffen ist dazu laut Bruch an diesem Montag geplant. Der Minister verteidigte erneut die Entscheidung zur Aufnahme. "Wenn wir erst das Guantánamo-Lager kritisieren, müssen wir uns dann auch dem stellen, was nach einer Auflösung mit den Häftlingen passiert." Bruch sagte weiter: "Kritiker dieser Entscheidung kann ich nicht verstehen - wir reden hier nicht über hundert, sondern über zwei Männer, die von mehreren Diensten überprüft wurden."

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25 Kommentare

 / 
  • B
    B.Palme

    Man kann aus einem Bock keinen Gärtner machen. Da soll ein überzeugter mensch gegen seine Überzeugungen zwangsbehandelt werden. Es ist doch die alte Leier, ab in die Psychiatrie, und weg damit.

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Ob es ein Angebot ist, das er wirklich ablehnen kann und das zu wissen bekäme?

    Wenn wir so etwas aus China oder dem ehemaligen Ostblock hören, werden schon einmal die Sanktionslisten durchstöbert.

    Nicht ganz zu unrecht, das Leiden des "Delinquienten" vor Augen.

    Vom Regen in die regelrechte Chemietraufe im eigene Gehirn. So wird er in einem armen Tropf verwandelt.

    Er wird da nichts entgegenzusetzen haben.

  • L
    linsenspaeller
  • PW
    Peter W.

    >>>18.07.2010 14:13 Uhr:

    von Loki:

     

    Es ist doch beschämend, dass Deutschland nur zwei dieser armen, oft jahrelang zu Unrecht gefolterten Menschen aufnimmt.

  • L
    lösung

    Wenn man nicht genau weiß, wo Leute hinsollen, sperrt man sie erstmal in die Psychiatrie. Gott, wie einfallslos

  • N
    noevil

    Ich hoffe, nicht die einzige Person zu sein, die sich für weder terroritisch unterwandert noch psychisch derart mit Vorverurteilungen und Xenophobien zugemüllt hält, wie ich es hier verstehe.

     

    Mir stellt sich zwar die Frage, wie in einer psychiatrischen Klinik die psychische Festigung eines durch ein demokratisches System schwer geschädigten und -wie ich lese- nachweisbar unschuldigen Menschen vonstatten gehen soll.

     

    Doch angesichts der hier zu lesenden geballten Vorurteile würde ich zunächst einmal eine Antwort auf diese Frage suchen und dann, wie die Integration dieses bedauernswerten Menschen 1. begleitet werden und 2. gelingen kann.

     

    Ich denke, dass es in hohem Maße auf das offene Verhalten einer Umgebung ankommt, die erst dadurch Integration ermöglicht, dass sie diese Menschen unterstützt und nicht unter Hinweis auf irgendwelche "zuständigen Behörden" in ihre Kreise zurückzieht.

     

    Leben und leben lassen muss man wagen.

  • S
    susan

    ich schließe mich in allen punkten @christiane an.

    was für ein menschenbild mag diesem seltsamen einfall des innenministers zu grunde liegen? skandalös!

  • P
    Peter

    Vom Terrorcamp ins Foltercamp und jetzt in die Psychatrie...

     

    Schlimme Sache die letzen beiden, hätten se sich bloß mal nicht zum Terroristen ausbilden lassen.

  • C
    Christiane

    Da lernt der ehemalige Guantanamo-Insasse gleich mal die nächste Lektion über die westliche Demokratie. Nachdem er jahrelang unschuldig unter menschenunwürdigen Bedingungen im Gefängnis saß, soll er jetzt nahtlos in die geschlossene - quasi den nächsten demokratischen Knast. Diesmal noch mit zusätzlichem Drogenzwang. Soll er daraus den Wert unserer westlichen Demokratie lernen, die wir inquisitorisch auf der Welt verbreiten? Oder will man den Mann jetzt noch zusätzlich so matschig im Kopf machen, daß er keinen klaren Gedanken mehr fassen kann (oder keine öffentlichen Aussagen über die in Amerika erlittene Demokratie) - natürlich nur um das Volk und die Demokratie zu schützen? Unfassbar! Es scheint fast, als ob Herr Bruch Nachhilfe in puncto Freiheit, Verfassung, Grundrecht und Menschlichkeit braucht. Ein kurzer Aufenthalt in Guantanamo würde ihm da vielleicht auf die Sprünge helfen...

  • B
    BerlinMarcus

    Die Beiden sind natürlich keine Gefahr... habe ja nur eine Ausbildung im TerrorCamp gemacht um es zu unterwandern und dann der CIA Info zu geben...!

  • AW
    Alois Werner

    Vielen Dank für die Nichtveröffentlichung meiner vorherigen Kommentare auf diesen Artikel.Bekommt ihr Sponsorengelder von der Psychiatrie oder der Pharmaindustrie?

  • AW
    Alois Werner

    Seit wann wird in einer deutschen Psychiatrie die Psyche aufgebaut? Der Mann muss damit rechnen gnadenlos zwangsbehandelt zu werden mit potentiell hirnverändernden sogenannten Medikamenten und dadurch zusätzlich traumatisiert zu werden. Er wird sich möglicherweise noch zurücksehen nach Guantanamo.

  • V
    vic

    "Dort soll er psychisch erstmal aufgebaut werden"

    Was für ein menschenverachtender Zyniker.

    Als ob ein Jahr Psychiatrie einem gesunden Menschen jemals gut getan hätte.

    Manchmal weiß man echt nicht, kommt das jetzt von NPD, CDU oder FDP?

  • T
    ThomasG.

    Immer Lustig, diese Rheinländer.

  • KK
    Klaus Keller

    fehlende Rechtsgrundlage darf man vermuten.

     

    Hat der Herr Innenminister auch erklärt wie er dies bewerkstelligen will?

    Oder begibt sich der Mann freiwillig in eine Klinik, was verständlich wäre(man darf mindestens eine posttraumatische Belastungsreaktion vermuten), wozu dann aber die geschlossenen Abteilung?

    Oder ist die Psychiatrie in diesem Bundesland so grottenschlecht rückständig das alle ersteinmal durch geschlossene Abteilungen geschleußt werden bevor sie auf die " offene Station " dürfen?

     

    Wie wärs mit fakultativ geschlossenen Stationen die grundsätzlich offen geführt werden die nur dann zu sind wenns unbedingt sein muß(zB starke Suizidgefahr des Pat, Gefahr der Fremdgefährdung oder der Desorientierung die sich anders nicht beherrschen läßt), mit entsprechender Rechtsgrundlage d.h. richterliche Unterbringung nach ärztlicher Stellungnamhme, bzw ärztlichem Antrag auf Unterbringung für jeden einzelnen!

     

    Oder untersstellt der Herr Minister bei allen aus Guantanamo eine religiös-wahnhafte Störung(zb Schizophrenie)und will sie gleich in einer Klinik für forensische Psychiatrie prophylaktisch unterbringen, und wenn ja welcher Richter spielt da mit??

     

    Hat der Herr Minister selbst einen Wahn der behandelt werden muß? Ich glaube schon wenn ich das lese, klingt nach Größenwahn in Vebindung mit paranoiden Symptomen und Kontrollzwang.

     

    Was mir noch unklar ist warum die Leute nicht in ihre Heimat dürfen

     

    klaus keller hanau

  • PP
    Peter Pett

    So weit sind wir schon: Der Mann hat laut Artikel nichts mit Terrorismus zu tun. Er war jahrelang, ohne rechtsstaatliches Verfahren, in Guantanamo interniert. In Deutschland soll er jetzt in die Irrenanstalt. Und regt sich bei irgendwem darüber Unmut? Natürlich nicht. Nicht in unserer lupenreinen Demokratie. ....ich muß kotzen!

  • AW
    Alois Werner

    Seit wann wird denn in einer Psychiatrie in Deutschland eine Psyche aufgebaut. Das ist ja purer Zynismus. Außer Zerstörung durch Medikament und gewaltsamer Zwangsbehandlung gibt es in einer Geschlossenen nichts in einer deutschen Psychiatrie.

    Da kommt der Gefangene aus Guantanamo vom Regen in die Traufe.

  • AW
    Alois Werner

    Sicher weis der Mann aus Guantanamo nicht was ihn erwartet. 1 Jahr in der geschlossenen Psychiatrie, da kann es gut sein, dass er sich nach Guantanamo zurück sehnt. Menschenrechtsverletztungen erwarten ihn hier von gnadenloser Härte, das ist der Alltag von vielen Menschen in der Psychiatrie in der BRD.

  • D
    Daniel

    Vermutlich sitzen in der Regierung mehr Psychopathen als es in Guatanamo jemals waren!

     

    Ein Jahr in die geschlossene Anstalt, damit der Mensch sein Leben sicher nicht mehr auf die Reihe kriegt.

    Wenn er ungefährlich ist, warum soll er dann weggeschlossen werden?

  • J
    Jussuf

    Die Aufnahme und Bemühungen um eine Resozialisation der ehemaligen Häftlinge ehrt das Gemeinwesen.

     

    Andererseits bedeutet geschlossene Einrichtung mit psychiatrischer Behandlung eine ganz klare Verletzung der Rechte des neuen Bürgers - es steht zumindest nichts darüber im Bericht, dass eine Notwendigkeit dazu begründet respektive der Wunsch Wille der Anordnung war.

     

    Ist es soweit mit uns gekommen, dass ein seelisch potenziell entkernter Mensch nur noch in der geschlossenen Anstalt vermeintliche Obhut finden kann?

     

    Wie kann ein neuer Bürger "aufgebaut" werden, wenn er hinter verschlossenen Türen und Fenstern einer Behandlung zugeführt wird, die ihn somit per se wieder entmündigt?

     

    Ist doch Unsinn.

  • H
    human

    Der Innenminister hat sie wohl nicht mehr alle. Was soll der Mann den in einer geschlossenen Psychiatrie!?! Zudem: er versteht doch kein Wort. Er bräuchte wahrscheinlich, WENN er denn traumatisiert ist, zunächst Ruhe.

     

    Ich bin der Meinung, der Innenminister sollte mal ein Jahr mit nur 359,-€ im Monat im ärmsten Stadtteil seiner Landeshauptstadt verbringen. Zur Resozialisierung.

  • L
    Loki

    Es ist doch beschämend, dass Deutschland nur zwei dieser armen, oft jahrelang zu Unrecht gefolterten Menschen aufnimmt. Und sich dann auch noch Sorgen um die Kosten (für zwei Menschen!) macht, während im Bund Spargesetze beschlossen werden, die immer weitere Umverteilung von unten nach oben bedeuten.

    Deutschland kann einen schon manchmal anwiedern mit seinem vorgespielten Gutmenschengetue, und der tatsächlichen Engstirnigkeit.

    Warum ist man denn nicht so ehrlich in D zu sagen, "Hey, mir geht es gut hier. Und ich möchte auf jeden Fall meinen Wohlstand und meine Privilegien behalten. Wie es dabei den anderen innerhalb der Gesellschaft und im Ausland geht ist zweitrangig."

    Das wäre doch ehrlich.

  • P
    Peter

    Also wenn Gefahr von ihm ausgeht hätte man ihn in Guantanamo lassen sollen, und wenn keine Gefahr von ihm ausgeht hätte Amerika ihn aufnehmen können.

     

    Amerika hat die Angewohnheit Probleme immer anderen Ländern unterzujubeln.

  • F
    flo

    "Wir kennen ihre familiären Verhältnisse, wir wissen, dass sie nichts mit Terrorismus zu tun haben."

     

    Hauptsache, sie werden erstmal ein knappes Jahrzehnt interniert und gefoltert. Dient ja nur der allgemeinen Sicherheit.

  • V
    vantast

    Erst in die Psychiatrie, dann Deutsch lernen. Ist irgendwie stimmig. Ich denke auch oft, im Irrenhaus zu sein.