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Deutscher Aktionär klagt gegen VWErst der Anfang

Der erste Privatanleger aus Deutschland verklagt VW auf Schadenersatz. Er fordert 20.000 Euro. In den USA bereiten Kanzleien bereits Sammelklagen vor.

So ist das bei VW: jede Menge Autos und jede Menge Abgase. Foto: dpa

Wolfsburg/TÜBINGEN dpa/afp | Nach Bekanntwerden der Manipulationsaffäre bei Volkswagen hat der erste Anleger in Deutschland Klage eingereicht. Der Aktionär habe erst kürzlich VW-Aktien gekauft und durch die Affäre Geld verloren, sagte Marc Schiefer von der Kanzlei Tilp am Freitag in Kirchentellinsfurt bei Tübingen. Die Kanzlei rechnet damit, dass weitere Klagen folgen werden. „Die Telefone laufen heiß“, sagte Schiefer.

Der Privatanleger aus Baden-Württemberg hat Schadenersatzklage beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Die Klage sei aber noch nicht an den Konzern zugestellt worden, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Der Anleger hatte im April und Juli VW-Vorzugsaktien gekauft und möchte, dass diese Transaktion nun rückabgewickelt wird, teilte die Anwaltskanzlei mit.

Er mache einen sogenannten Kursdifferenzschaden von rund 60 Euro pro Aktie geltend. Insgesamt habe er rund 20.000 Euro verloren, die er nun zurückfordert. Nach dem Bekanntwerden der Manipulationen bei Abgasmessungen von Dieselfahrzeugen hatte das VW-Papier an der Börse massiv an Wert verloren.

Die Anwälte des Klägers argumentieren, dass sich VW wegen einer Reihe von unterlassenen sowie unvollständigen Kapitalmarktinformationen gegenüber seinen Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht habe. Volkswagen wollte den Fall nicht kommentieren. Der Vorgang sei ihm nicht bekannt, sagte ein Sprecher.

Die Kanzlei beantragte nach eigenen Angaben zudem ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Solche Verfahren bündeln die Klagen von Anlegern. In den USA bereiten Kanzleien bereits Sammelklagen enttäuschter VW-Kunden vor, dem Konzern drohen zudem Milliardenstrafen seitens der Behörden.

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4 Kommentare

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  • Betrug ohne Betrogene! Das gibt es nur in Deutschland. Ein jahrelang durchgeführter Betrug aus Deutschland, im Ausland wegen der strengen Vorschriften aufgedeckt, findet in Deutschland keine Betrogenen.

    Keine Staatsanwaltschaft ermittelt aus eigenem Antrieb, obwohl es ein Straftatbestand ist. Kein Ministerium kalkuliert den Schaden, obwohl der Staat um zig-tausend (Kfz)Steuern betrogen wurde. Keine Umweltorganisation ruft "SCHADENERSATZ". Es gibt in Deutschland keine Betrogenen. Der Blick richtet sich auf "das arme Unternehmen", dass wohlmöglich in Konkurs geht wegen der Milliardenstrafen.

    Und nun kommt das unfassbare. Wenn tatsächlich eine einzelne Person den für sich selbst entstandenen Schaden geltend machen will, wird Machenschaft und Hastenichtgehört analysiert. Ich fahre keinen VW, weil diese Autos viel zu teuer sind. Spätestens bei der Rückrufaktion würde ich mir den Schaden bezahlen lassen. Warum soll ich mein Auto in die Werkstatt bringen? Weil der Hersteller mich und andere gezielt und planvoll bereits vor Jahren betrogen hat? Ein VW könnte bei mir auf Kosten von VW abgeholt werden und für die Ausfallzeit erwarte ich ein Ersatzfahrzeug.

    Der Betrug geht doch sicherlich bis zu VW Eigentümer Herrn Hahn hoch. Oder ist schon vergessen, mit welcher kriminellen Energie er in den 90er Jahren den Einkaufschef Lopez von Opel inlusive der Aktenberge über Einkaufskonditionen "abgeworben" hat?

  • Ich denke, hier geht's nicht wirklich um die Klage mit dem Ziel von Schadenersatz, sondern um das Ziel "interessierter Kreise", VW zu schädigen. Ich habe jedenfalls gestern VW-Aktien gekauft.

  • Generelle Frage. Warum hat sich VW so negativ entwickelt?

     

    Einer der Erfolgsrezepte der VW war am Anfang nicht nur der niedrige Preis für einen „VOLKS“wagen, sodass nahezu jeder ein eigenes Auto haben könnte. Die eigenen Mitarbeiter haben im Vergleich zu den anderen Unternehmen deutlich mehr Geld bekommen (ähnlich Opel). Dadurch konnten Spitzenleistungen erbracht werden.

     

    In den letzten Jahren oder gar Jahrzenten haben sich aber einige „Besonderheiten“ herausgebildet. Der Anteil von Neuangestellten, die Verwandte oder Freunde von bereits bei VW arbeitenden Menschen waren, stieg enorm an. Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die man mitbrachte, waren dagegen unterdurchschnittlich. Unter solchen Umständen kann erstens keine Spitzenleistung erbracht werden und gibt es zweitens kaum Anreize, Spitzenleistungen zu erbringen.

     

    Es gab oft kleinere Skandale, wie bspw. Eine wo „Party“, bei der die Manager von VW jemand in die Geschäftsräume einluden, was bei einem Unternehmen nicht hingehört.

    Dann gab es einen Skandal mit „ungewöhnlichen“ Bestechungsvorwürfen.

    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/vw-skandal-erst-sex-dann-maulkorb-1.890525

     

    Der Grund für Misserfolge bei VW liegt in der Einstellungspolitik. Die Art der Skandale deutet darauf hin.

  • Die Klage ist ja offensichtlich nichts anderes als eine clevere Werbung um Mandate. Bei einem derart komplexen Sachverhalt in ein paar Tagen eine schlüssige und substantiierte Klage raushauen zu wollen, ist unmöglich und somit dreist.

     

    Wenn übrigens der temporäre Kursverlust der Aktie einen liquidierbaren Schaden eines Aktionärs darstellt, dann muss ein Kursgewinn auch einen steuerbaren Vermögenszufluß darstellen.