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Deutsche besiegen DäninnenBasler Gewusel

Ein durchwachsenes Spiel mit glücklichen Gewinnerinnen und faustdickem Rückschlag für Dänemark: Im zweiten Spiel offenbart das DFB-Team Schwächen.

Die Zeit läuft: Christian Wück und die vierte Offizielle Foto: dpa

Bern taz | Die Erkenntnis des Spiels ist vielleicht mit folgendem kurzen Satz von Bundestrainer Christian Wück am besten beschrieben: „Wir müssen trainieren.“ Eine gewisse Ratlosigkeit verbarg sich am Mittwochabend in Basel aber auch hinter diesen drei Worten. Denn es ist davon auszugehen, dass das deutsche Team schon in den letzten Wochen reichlich trainiert hat. Wie sollen die Mängel technischer und spielerischer Art, die Wück nach dem knappen 2:1-Erfolg gegen Dänemark erneut wie bereits nach der Partie gegen Polen feststellte, in den nächsten Übungseinheiten plötzlich auf wundersame Weise verschwinden?

Dominanter, aktiver und schneller Fußball, so hat Wück bei Amtsantritt seine Wunschvorstellung umrissen. Der Kontrast zu dem, was das DFB-Team im Basler Joggeli zeigte, hätte kaum größer sein können. Schnell ging nur allzu oft der Ball verloren, insbesondere in der ersten Hälfte trotz passabler Anfangsminuten. Die Dominanz war vor allem statischer Natur, weil es offenkundig an einer kollektiven Idee fehlt, wie man sich gegen tiefstehende Abwehrketten Räume erspielt. Einzelinitiativen von dribbelstarken Spielerinnen, die von Klara Bühl zuhauf und von Jule Brand eher selten gestartet wurden, endeten meist glücklos.

Die Grundaktivität und Einsatzbereitschaft des gesamten Teams half immerhin dabei, die zuvor genannten Mängel zu kompensieren. So zeigte der Bundestrainer sich glücklich, wie seine Elf mit Willenskraft den Rückstand umbog. „Es war für mich wichtig, dieses Gesicht der Mannschaft zu sehen, weil wir es aus technischer und spielerischer Sicht nicht hinbekommen haben.“

Wück sprach von den Tugenden, die deutsche Teams schon immer ausgezeichnet hätte. „Das ist der Kampf, die Mentalität, der Siegeswille.“ Profitiert das deutsche Team bei diesem Turnier also vornehmlich von seinen soziokulturellen Anlagen? Und was sagt das über die Arbeit im Trainerteam aus?

Kluft nach unten

Offensichtlich ist jedenfalls, dass bei dieser EM die große Kluft zwischen Anspruch und Ideal durch die positiven Ergebnisse überbrückt wird. Zwei Siege und der sichere Einzug ins Viertelfinale stehen zu Buche. Was will man mehr?

Aus der Binnenperspektive kann man das so sehen, aber Wück hat durchaus mitbekommen, wie die Konkurrenz bei der EM aufspielt. „Wenn Druck da ist, wenn Nervosität dazukommt, müssen wir es hinbekommen auf unser höchstes Level zu kommen.“ Es ginge um Passqualität und den ersten Kontakt. „Das ist der Unterschied zwischen den absoluten Spitzenteams, Frankreich und Spanien, und uns. Das werden wir angehen.“

Verbesserungspotenzial sehe er. Und das wird im deutschen Team zur guten Nachricht umetikettiert. Torhüterin Ann-Katrin Berger sagte, das Team wisse selbst, dass man es besser machen könne. „Ich freue mich immer, dass wir noch Luft nach oben haben.“ Zumindest im positiven Denken bewegt man sich auf Höchstniveau.

Das zähe Spiel in Fluss zu bringen, das muss man dem DFB-Team zugutehalten, wurde durch erratisch lange VAR-Überprüfungen und Verletzungsunterbrechungen erschwert. Herauszustellen ist zudem der erneut gute Auftritt von Carlotta Wamser, die die verletzte Giulia Gwinn gut ersetzte.

Etwas ungeschickt

Bei den deutschen Treffern halfen letztlich die Däninnen und die Schiedsrichterin nicht unwesentlich mit. Katrine Veje verschuldete etwas ungeschickt im Zweikampf mit Linda Dallmann den Elfmeter, den Sjoeke Nüsken – in Vertretung der Spezialistin Gwinn – sicher verwandelte (56. Minute). Und vor dem zweiten Treffer von Lea Schüller hätte die Unparteiische eigentlich die Partie abbrechen müssen. Slapstickartig wurde Emma Snerle von einer Mitspielerin derart hart der Ball an den Kopf gekickt, dass daraus nicht nur die Torgelegenheit der Deutschen entstand, sondern die Getroffene auch umgehend den Platz verlassen musste.

Für das deutsche Unvermögen in dieser Partie hatte Einwechselspielerin Giovanna Hoffmann, die zumindest zu einer besseren zweiten Hälfte beitragen konnte, folgende Erklärung: „Gegen einen tiefstehenden Gegner ist die Kontergefahr sehr groß. Dann spielt man den ein oder anderen Ball mit ein bisschen weniger Risiko. Das kann man sich aber nicht erlauben, wenn man die Abwehrketten brechen will.“

Großen Mut zum Risiko zeigte an diesem Abend lediglich Torhüterin Berger. Dreimal ließ sie wie ein Torero mit einer Finte eine anstürmende dänische Spielerin ins Leere laufen. Es ging gefühlt jedes Mal um Millimeter. Und das war Bundestrainer Wück wiederum gar nicht recht. „Ich werde mich mit ihr an einen Tisch setzen. Wir müssen da andere Lösungen finden, sonst werde ich nicht alt.“

Berger selbst zeigte sich in der Mixed Zone etwas verwundert über diese Kritik. Sie würde es wahrscheinlich wieder so machen, sagte sie und erklärte: „Ich liebe es, Fußball zu spielen, und das ist einfach meine Art und Weise.“ Irgendwie kann man Wück schon ein wenig verstehen. Diesen Satz hätte man an diesem Abend lieber von einer anderen Spielerin gehört.

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1 Kommentar

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  • Ich stimme dem Grundtenor des Beitrags zu: Fast alle Gegnerinnen der deutschen Mannschaft bringen mehr Pässe zur eigenen Mitspielerin. Meine Meinung dazu: Der legendäre Johan Cruyff wurde von einem deutschen Journalisten gefragt was denn sein einzigartiges Mittelfeldspiel ausmache. Und Johan Cruyff hat in seiner unnachahmlichen Art auf deutsch geantwortet: „Wenn du einen Pass spielst, dann muss er auch ankommen“. Johann Cruff hat das sogenannte „Ballfreilaufverhalten“ als Trainer in Spanien exzessiv üben lassen. In seiner Philosophie - kann man alles nachlesen wenn man sich dafür interessiert- trägt der Spieler der den Fehlpass spielt nur zu einem Drittel die Schuld. Das zweite und dritte Drittel der Schuld trifft die zwei Spieler/Spielerinnen die sich hätten lösen und anbieten müssen. So spielen die Frauen des FC Barcelona heute noch. Man muss sich nur einmal den 6:1-Horror gegen Wolfsburg unter diesem Aspekt noch einmal in Ruhe anschauen.



    Und die deutschen Spielerinnen? Spielen Fehlpässe mit Ansage. Von „Ballfreilaufverhalten“ noch nie etwas gehört; ich glaube Herr Wück weiß auch gar nicht wie man so etwas trainiert.