Deutsche Waffen: Mehr Rüstung für Israel
In den ersten fünf Wochen seit Amtsbeginn von Schwarz-Rot wurden weiter Rüstungsgüter nach Israel exportiert – in Millionen-Höhe.

Auch die neue Bundesregierung hat Rüstungsexporte nach Israel genehmigt: in den ersten fünf Wochen seit Regierungswechsel im Wert von knapp 4 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Desiree Becker hervor.
Verglichen mit den Genehmigungen der Ampel ist das wenig. Allein für das erste Quartal 2025 erlaubte sie Rüstungsexporte nach Israel im Wert von 28 Millionen Euro.
Und doch dürften diese 4 Millionen Euro für Kritik sorgen. In den vergangenen Monaten häuften sich die Stimmen, die das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen verurteilen. Israel hat weite Teile des Küstenstreifens zerstört, zehntausende Menschen getötet und riskiert mit der Blockade von ausreichend Hilfsgütern gerade eine Hungersnot. Zudem liegt gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Kriegsverbrechen vor.
Noch vor wenigen Wochen schien ein Ende der deutschen Waffenlieferungen an Israel denkbar. Mehrere Abgeordnete, darunter auch SPD-Mitglieder, forderten einen Stopp. Sie mahnten, Deutschland würde sich an Verbrechen, die Israel in Gaza begeht, durch Waffenlieferungen mitschuldig machen.
Ende Mai kritisierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Israel erstmals öffentlich. Er sagte, Israels Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza könne nicht mehr mit einem Kampf gegen die Hamas gerechtfertigt werden. Und er sprach von einer Verletzung des humanitären Völkerrechts.
Außenminister Johann Wadephul (ebenfalls CDU) sagte kurz darauf in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, Waffenlieferungen an Israel würden geprüft werden. Wenige Tage später ruderte er bei einem Besuch des israelischen Außenministers in Berlin jedoch zurück. Waffenexporte nach Israel würden weitergehen, die Aussage in der Süddeutschen Zeitung sei falsch verstanden worden.
Nun also die Bestätigung. Zwischen dem 7. Mai und dem 10. Juni erlaubte die Bundesregierung deutschen Waffenherstellern Exporte nach Israel im Wert von 3,986 Millionen Euro. Dabei handelt es sich, laut der Antwort des Wirtschaftsministeriums, nicht um Kriegswaffen wie Panzer oder Kriegsschiffe, sondern um „sonstige Rüstungsgüter“. In diese Kategorie fallen unter anderem Pistolen, Funk- und Radartechnik oder Explosivstoffe für den militärischen Einsatz. Desiree Becker nennt die Lieferungen „sicherheitspolitisch unverantwortlich und humanitär skandalös“.
Vor wenigen Tagen hat Israel neben dem Krieg in Gaza begonnen, den Iran massiv mit Raketen anzugreifen. Israel tötete bei Luftangriffen seitdem mehrere ranghohe Militärs, WissenschaftlerInnen und Teile der Zivilbevölkerung. Israel wirft dem Iran vor, den Bau einer Atombombe anzustreben, und sieht sich von der Islamischen Republik in seiner Existenz bedroht. Der Iran schießt seither zurück. Völkerrechtler sehen in Israels Vorgehen einen klaren Völkerrechtsbruch.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat das Vorgehen nicht verurteilt. Im Gegenteil: Vor wenigen Tagen lobte er Israel sogar für den Angriff. „Ich kann nur sagen: größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen“, sagte er. Und weiter: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht – für uns alle.“ Denn das Mullah-Regime habe durch seine Unterstützung der Hisbollah, der Hamas und mit Lieferungen von Drohnen nach Russland „Tod und Zerstörung“ über die Welt gebracht.
Mit diesen Aussagen löste Merz heftige Kritik aus. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Adis Ahmetović sagte, die Wortwahl des Kanzlers habe in der SPD für erhebliche Irritationen gesorgt. Seine Tonalität sei „wenig zielführend“ gewesen. Sören Pellmann, Fraktionsvorsitzender der Linken, nannte die Aussage einen Skandal. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Deborah Düring, befand sie als „zynisch und unwürdig“ vor allem in Hinblick auf die zivilen Opfer der Angriffe im Iran.
In Teheran wurde daraufhin der deutsche Botschafter Markus Potzel einbestellt. „Nach den schändlichen Äußerungen des deutschen Kanzlers zur Unterstützung der Aggression Tel Avivs gegen unser Land ist der Botschafter dieses Landes zum Außenministerium einbestellt worden“, hieß es im iranischen Staatsfernsehen.
Das dürfte Außenminister Johann Wadephuls Versuch, eine diplomatische Lösung zwischen Israel und dem Iran zu erwirken, nicht einfacher machen. Er plant am Freitag zusammen mit den Außenministern von Frankreich und Großbritannien seinen iranischen Amtskollegen Abbas Araghtschi in Genf zu treffen.
Aus Merz’ Aussagen lässt sich schließen, dass auch die Angriffe auf den Iran für ihn kein Grund sind, Rüstungsexporte an Israel zu beenden.
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