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Deutsche Rüstungsexporte in die VAEPatronen ins Krisengebiet

Die Bundesregierung genehmigt Rüstungsexporte in die Vereinigten Arabischen Emirate. Das Land ist am Krieg im Jemen beteiligt.

Militärische Flugshow in den Vereinigten Arabischen Emiraten Foto: dpa

Berlin taz | Nach ihrer Intervention im Jemen füllen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihre Waffenlager auf. Deutsche Rüstungsunternehmen profitieren davon: Der Bundessicherheitsrat genehmigte in seiner letzten Sitzung erneut zwei Rüstungsexporte aus Deutschland an den Golfstaat. Das geht aus einem Schreiben des Wirtschaftsministeriums an den Bundestag hervor, das der taz vorliegt.

Demnach liefert die Firma Junghans Microtec aus Rottweil den Streitkräften der Emirate 203.448 Zünder für 40-mm-Infanteriepatronen. Die Firma Dynamit Nobel Defence aus Burbach in Nordrhein-Westfalen liefert Schutzplatten im Gesamtwert von 125,84 Millionen Euro, die an Militärfahrzeugen angebracht werden können und selbst panzerbrechende Munition abwehren sollen.

Waffenlieferungen an die Emirate sind wegen der Beteiligung des Landes am Jemen-Krieg besonders umstritten. An der Seite Saudi-Arabiens spielten die VAE bei der umstrittenen Militärintervention, die im Jahr 2015 startete, eine zentrale Rolle. Die Armee der Emirate entsandte Bodentruppen in den Jemen und soll für den Einsatz auch Söldner aus Lateinamerika angeheuert haben. Dennoch genehmigt die Bundesregierung immer wieder Rüstungsgeschäfte mit dem Golfstaat, zuletzt im März die Lieferung eines Gefechtsübungszentrums der Firma Rheinmetall.

Die grüne Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger kritisiert die neuesten Genehmigungen „Wieder einmal nickt diese Bundesregierung bedenkenlos die Lieferung von Rüstungsgütern an eine Kriegspartei in der Golfregion ab“, sagte die Bundestagsabgeordnete am Mittwoch. „Anstatt endlich sämtliche Rüstungsgeschäfte mit den am blutigen Krieg im Jemen beteiligten Staaten zu stoppen, missachten Union und SPD die deutschen Rüstungsexportrichtlinien schon wieder.“ Es sei unerträglich, dass die Bundesregierung beim Jemen-Krieg nicht nur wegschaue, sondern auch noch Waffen liefere.

Die Opposition im Bundestag kritisiert Rüstungslieferungen in Krisengebiete schon lange. Der ehemalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte deshalb im Jahr 2015 ein strengeres Rüstungsexportrecht ins Gespräch gebracht. Eine Kommission im Wirtschaftsministerium sollte Vorschläge erarbeiten und tagte dafür bis Anfang März diesen Jahres. Konkrete Ergebnisse wurden aber nicht bekannt, zu einer Reform in der laufenden Legislaturperiode kommt es offenbar nicht mehr.

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8 Kommentare

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  • Sigmar Gabriels Rechtsbrüche in Folge werden sich rächen. Das AWG wird kontinuierlich gebrochen und keiner klagt dagegen. Dieser Mann muss weggefegt werden !

  • Rheinmetall sollte statt Rüstungszeug wieder Kameras herstellen.

    Alle Rüstungsbetriebe, Chemiewerke, die Tötungswaffen bzw. chemische Vernichtungsstoffe herstellen, gehören

    außer Landes, sofort.

  • Auf keinem Kriegsschauplatz darf deutsches Kriegsgerät fehlen! Wo kommen wir denn da sonst hin? Sollen etwa andere das Milliiarden-Geschäft machen? Krisengebiete? So what?

    Der Tod ist immer noch ein Meister aus Deutschland!!!

    Ach so, ihr lieben Zweifler: Es geht um Arbeitsplätze! Also, Maul halten und weiter so...

  • "Schutzplatten im Gesamtwert von 125,84 Millionen Euro, die an Militärfahrzeugen angebracht werden können und selbst panzerbrechende Munition abwehren sollen."

     

    Dabei sehe ich in diesem Zusammenhang hungrige, ausgemergelte Menschen vor mir, die von gepanzerten Fahrzeugen "zurückgedrängt" werden. Sorry. Aber wofür brauchen die Saudis wohl solche Ausrüstung?

    • @Ute Krakowski:

      Keine Ahnung ob die Saudis so etwas brauchen, aber Sie haben bestimmt bemerkt, dass die Lieferung an die Vereinigten Arabischen Emirate ging?

      Eine solche Passivpanzerung wird benötigt um den Beschuss durch kleinkalibrige Waffen und RPGs standzuhalten - daher ist wohl eher ein miltärischer Einsatz vorgesehen.

  • Der Bau von Panzerfabriken von deutschen Unternehmern in der Türkei ist dieselbe Politik. Diese Waffen werden zeitnah in türkischen Kurdengebieten in Syrischen Kurdengebieten in irakischen Kurdengebieten im Jemen und um diese Regionen herum unschuldige Zivilisten töten.

  • Recherche ist mühsam, sollte sich aber nicht auf eine schlechte Übersetzung beschränken. Wenn schon reißerisch mit "Patronen ins Krisengebiet" getitelt wird, sollte man zumindest halbwegs verstehen, über was man berichtet. Der richtige, noch viel packendere Titel wäre nämlich "Granaten ins Krisengebiet". Auch wenn es martialisch klingt, es gibt keine "Infanteriepatronen", allerdings gibt 40 mm Granaten, die von Granatmaschinenwaffen verschossen werden.

    • Tobias Schulze , Autor des Artikels, Parlamentskorrespondent
      @Frank Stippel:

      Danke für den Hinweis. Ein Übersetzungsfehler war das aber nicht, das Wirtschaftsministerium selbst hat in seinem (deutschen) Schreiben wörtlich angegeben: "Zünder für 40mm Infanteriepatronen". Logisch wäre tatsächlich, dass es um Granatpatronen für Infanteriewaffen geht. Verifizieren konnte ich das gestern aber nicht mehr, weil die Information an sich bei uns erst am frühen Abend einging. Daher die Entscheidung, lieber die offizielle Angabe zu übernehmen (die nicht direkt falsch ist, aber weder geläufig noch präzise), anstatt einen Fehler zu riskieren. Nach den Osterfeiertagen mache ich mich aber nochmal schlau und liefere dann gegebenenfalls genauere Informationen nach.